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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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sie dran.
    »Hallo?« Schweres Atmen, als wenn sie zum Telefon gerannt wäre.
    »Hi, ist dort … Harriet?«
    »Ja, kann ich Ihnen helfen?« Sie war jetzt gelassen, gewappnet und versuchte, seine Stimme einzuordnen.
    »Hier … hier ist Danny, wir haben uns bei …«
    Es gab eine lange Pause, dann sagte Harriet: »Was willst du?«
    Daniel beugte sich am Küchentisch vor und griff nach Minnies Foto. Er sprach ruhig, nicht gewohnt, um Hilfe zu bitten. Im Zimmer war es warm, und die Adern auf seinen Händen, die das gerahmte Foto hielten, traten hervor.
    »Es tut mir leid, dass … als ich dich auf der Trauerfeier gesehen habe. Ich war … wie dem auch sei, ich wollte mit dir über Minnie reden. Ich habe inzwischen viel über sie nachgedacht und merke, dass es so vieles von ihr gibt, wovon ich nichts weiß … was sie mir nie erzählt hat. Ich habe mich gefragt, ob du …«
    »Wie ich dir schon auf der Trauerfeier sagte, Danny, dieses plötzliche Interesse ist lange überfällig. Sie war todunglücklich, als du nicht mit ihr geredet oder sie besucht hast. Todunglücklich , verstehst du? Und jetzt, wo sie tot ist, möchtest du mehr über diesen wunderbaren Menschen herausfinden, der sie war? Ich trauere um eine Schwester, die ich von ganzem Herzen geliebt habe, aber du hast dich von Minnie schon vor langer Zeit verabschiedet. Und jetzt lass mich in Frieden , um Gottes willen.«
    »Es tut mir leid«, flüsterte Daniel, aber Harriet hatte bereits aufgelegt.

16
    Daniel guckte sich gerade die Comichefte bei Brampton News an der Front Street an, als er merkte, dass er beobachtet wurde. Er drehte sich schnell um und sah, dass ihn eine Frau in einem braunen Arbeitskittel anstarrte. Als er ihrem Blick begegnete, lächelte sie ihn an und ging zurück zur Kasse. Daniel fühlte heiße Röte in seine Wangen steigen. Er kannte die Frau, es war Florence MacGregor, die alle nur Flo-Mac nannten. Sie kaufte bei Minnie Eier und manchmal ein Huhn und stritt sich jedes Mal um den Preis. Sie hatte pechschwarzes Haar, und Minnie hatte ihm erzählt, dass sie es färbte; manche Leute ertragen es einfach nicht, älter zu werden, auch wenn nichts im Leben sicherer ist als der Tod , hatte sie zu Danny gesagt.
    Daniel wusste, dass Flo-Mac erwartete, er würde das Comicheft stehlen, und war bereit, es zu tun, um sie nicht zu enttäuschen, aber gerade als er es zusammenrollte, um es in seine Hose gleiten zu lassen, dachte er an seine Karriere als Anwalt und wie das aussehen würde. Er entrollte das Heft und zählte das Kleingeld in seiner Hosentasche. Es reichte.
    Als er auf die Kasse zuging, hörte er Flo ihrer Gehilfin etwas zuflüstern. Daniel verstand nicht jedes Wort, aber er hörte Flynn, Waisen, Schande.
    Daniel legte das Comicheft auf den Tresen.
    »Vierzehn Pence«, sagte Flo.
    Daniel warf das Heft nach ihr. »Steck’s dir in den Arsch«, sagte er und ging aus dem Laden.
    In der Schule spielte er zur Mittagszeit Fußball und schoss zwei Tore. Am Nachmittag gab es eine Matheprüfung, und Daniel war wie üblich als Erster fertig, aber diesmal hatte er wirklich alle Antworten eingetragen. Er wartete nach der Stunde und ließ Miss Pringle vor seinen Augen seinen Mathebogen benoten. Er hatte alle Antworten richtig, und Miss Pringle gab ihm einen goldenen Stern, den er zu Minnie nach Hause mitnehmen sollte.
    Daniel trug den Prüfungsbogen und den goldenen Stern stolz vor sich her, als er nach Hause ging. Es war still im Ort. Nur Billy Harper saß auf einer Schaukel, und Daniel winkte ihm, und der massige Mann winkte zurück, während er träge vor und zurück schaukelte. Daniel erinnerte sich an den vorigen Sommer, als er hier verdroschen worden war. Er fühlte sich jetzt anders, älter. Er faltete den Prüfungsbogen zusammen und steckte ihn in seine Tasche, dann rannte er los und blieb nur ab und zu stehen, um Gänseblümchen die Köpfe wegzukicken.
    Als Daniel nach Hause kam, wechselte Minnie gerade die Streu im Ziegenstall aus. Er ging von hinten auf sie zu und stupste sie gegen ihre ausladende Hüfte.
    »Ich hab mich schon gefragt, wo du bleibst. Hast du getrödelt wie üblich?«
    »Nein, ich bin dageblieben, um mir meine Matheprüfung abzuholen, hier!« Daniel hielt Minnie den Bogen hin.
    Einige Sekunden warf sie einen finsteren Blick auf das Papier, dann, als sie erkannte, was los war, packte und umarmte sie ihn und drückte ihn so fest, dass er keine Luft mehr bekam und sich seine Zehen vom Boden hoben.
    »Junge, das ist ja wunderbar«,

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