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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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sagte sie. »Das müssen wir feiern. Ein goldener Stern heißt, dass es auf jeden Fall Crumble mit Vanillesoße geben muss.«
    Daniel sah zu, wie sie nach dem Rhabarber griff, der ungehindert neben dem Hühnerauslauf wuchs. Die Stiele waren drei Finger dick und die Blätter groß wie Regenschirme. Sie ging mit drei Rhabarberstangen ins Haus und fragte ihn, ob er eine sofort haben wolle. Während sie den Crumble zubereitete und Öl für die Chips heiß machte, saß er in der Küche und tunkte eine Rhabarberstange in eine Schüssel Zucker. Die süß überzogene Säure erinnerte ihn an Glück, und genau in diesem Moment war er glücklich, mit dem goldenen Stern, dem Geruch der im Öl siedenden Chips und der Säure des Rhabarbers auf der Zunge.
    Er aß gerade den Crumble, da schnitt sie das Thema an. Sie schob ihre Schüssel von sich weg, als er ein mit Vanillesoße überzogenes Stück Rhabarber in den Mund steckte.
    »Du erinnerst dich, dass ich dir erzählt habe, dass es für Sozialarbeiterinnen oft schwierig ist, für ältere Kinder wie dich Adoptiveltern zu finden?«
    Daniel hörte auf zu essen. Sein Arm krümmte sich in Richtung Tisch, und sein Löffel balancierte auf dem Rand seines Tellers. Er hatte Essen im Mund, konnte aber nicht schlucken.
    »Nun, es scheint, dass Tricia ein Paar gefunden hat, das interessiert wäre.«
    Minnie forschte in seinem Gesicht nach irgendeiner Reaktion; Daniel fühlte, dass ihr Blick seinen suchte. Er war vollkommen reglos, dachte nach.
    »Es ist eine Familie mit älteren Kindern, achtzehn, zweiundzwanzig, die demnächst das Haus verlassen. Sie haben insgesamt vier eigene Kinder und nur noch eines bei sich. Das bedeutet, du würdest diese Familienatmosphäre haben, aber viel Aufmerksamkeit bekommen. Besser als hier, wo nur ich und die Tiere rumhängen. Was meinst du?«
    Daniel zuckte mit einer Schulter und starrte auf sein Essen. Er gab sich alle Mühe zu schlucken.
    »Sie wohnen in Carlisle und haben ein großes Haus. Du würdest sicher ein riesengroßes Zimmer bekommen …«
    »Na und?«
    Minnie seufzte. Sie streckte eine Hand nach ihm aus, aber er zog seinen Arm so hastig weg, dass er seinen Löffel vom Tisch fegte. Vanillesoßenkleckse landeten an der Wand und auf dem Fußboden.
    »Sie möchten ja nur, dass du zu einem Besuch auf Probe kommst«, sagte sie. »Sie haben dieses Wochenende vorgeschlagen, nur damit ihr euch gegenseitig kennenlernt.«
    Daniel sprang vom Tisch auf und rannte nach oben. Blitz schlief, und Daniel trat ihm kurz auf den Schwanz, als er aus der Küche flüchtete. Er war sich nicht sicher, ob es das Jaulen des Hundes oder Minnies Rufe hinter ihm waren, er solle zurückkommen, was seine Wut entfachte. Sie peitschte durch seinen Körper, und sobald er in seinem Zimmer war, zertrümmerte er es: riss die Schubladen heraus und schmiss den Nachttisch um, wodurch noch eine Lampe in Scherben ging. Diesmal trat er obendrein ein-, zwei-, dreimal auf den Lampenschirm ein.
    Er saß zusammengerollt zwischen Kleiderschrank und Bett, als Minnie hereinkam. Er wappnete sich gegen die tröstenden Hände, die er auf seinem Rücken und seinem Haar erwartete, und rollte sich noch fester zusammen. Es erinnerte ihn an Male, wo er angegriffen worden war. Zwei Freunde seiner Mutter hatten ihn bewusstlos geschlagen. Er erinnerte sich, genau so dagesessen zu haben, zwischen Möbel eingeklemmt, Bauch und Kopf schützend, während er seine Schultern und den Rücken die volle Wucht abkriegen ließ, bis sie ihn schreiend an seinen Haaren herauszerrten.
    Jetzt widersetzte er sich ihrem Trost auf die gleiche Weise; er machte sich steif dagegen, sodass jeder Muskel in seinem Körper bereit war zurückzuprallen, sollte sie in seine Nähe kommen. Sein Gesicht hatte er gegen die Knie gepresst, sodass er seinen eigenen Atem hören und riechen konnte, der von einer Säure durchsetzt war, die entweder von der Neuigkeit oder vom Rhabarber stammte.
    Aber Minnie rührte ihn nicht an. Er hörte die Sprungfedern des Betts protestieren, als sie sich darauf setzte. Er hörte sie ausatmen, dann war Stille.
    Er wartete ein paar Minuten, während er die kreisrunden Muster beobachtete, die in seinen Augen pulsierten, wenn er seine Knie gegen sie drückte. Er fühlte den Schmerz des Drucks in seinen Augen, hörte aber nicht damit auf. Seine Rückenmuskeln überanstrengten sich von der Krümmung um seine Schenkel. Langsam hob er den Kopf. Sie saß mit dem Rücken zu ihm. Er sah, dass sie an dem goldenen Ring an

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