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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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hat.«
    Irene nickte und legte den Bericht beiseite. »Danke. Wir können darüber nachdenken.« Sie zögerte, dann sah sie Daniel ernst an.
    »Du siehst müde aus, Danny«, sagte sie.
    »Du siehst großartig aus«, gab er zurück und blickte ihr in die Augen, bevor er sein Glas leerte. Sie überging das Kompliment.
    »Hast du nicht letztes Jahr auf dieser Party Carls Praktikantin verführt?«, fragte sie. Daniel fühlte zu seiner Überraschung, wie seine Wangen rot wurden.
    »Was ist das hier, ein Verhör der eigenen Partei?«
    Irene lachte, zog die Augenbrauen in die Höhe und hob einen Finger. »Wo waren Sie letztes Jahr an diesem Tag im September?«
    Daniel streckte ihr beide Hände mit den Handflächen nach oben entgegen und ließ sein Haar über seine Augen fallen.
    »Ich hörte, ihr habt euch getrennt. Sie hat letzten Monat zu einer anderen Clique gewechselt.«
    »Ja, ich hab davon gehört«, sagte er und blickte zur Tür.
    Es entstand eine Pause. Daniel hatte Durst und ihm war heiß.
    »Und was ist mit dir?«, fragte Daniel.
    »Habe ich einen Praktikanten verführt?«
    Er lachte. »Bist du nicht mit so einem Amtsrichter gegangen?«
    »Gott, das ist Ewigkeiten her, rechne mal mit.« Sie kam mit der Flasche zu ihm und goss ihm Champagner ein. Er roch ihren Duft. Sie blickte ihm in die Augen. »Du siehst wirklich müde aus.«
    Daniel fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und seufzte. »Ich weiß, hab in letzter Zeit nicht viel Schlaf gekriegt.«
    »Nicht dieser Fall, hoffe ich. Die verdammten Medien.«
    »Nein, na ja, zum Teil, aber … eine persönliche Angelegenheit.« Daniel sah sie an und presste die Lippen zusammen.
    Irene zog ihre Brauen in die Höhe. »Eine Dame?«
    »Nein, na ja, eigentlich ja … Meine … Mutter ist gestorben.«
    »O Gott, Danny, das tut mir leid.«
    Wieder kam Gelächter vor der Tür auf. Mit Erstaunen fühlte er wieder eine Röte auf seinen Wangen. Er wusste nicht, warum er Irene die Wahrheit erzählt hatte. Er blickte weg. Meine Mutter, meine Mutter – vor nur zwei Monaten hatte er sie verleugnet. Minnie war für immer weg, aber jetzt konnte er wieder zugeben, dass sie seine Mutter war.
    Irene setzte sich hinter ihren Schreibtisch. Sie zog ihre Schuhe aus und ließ ihre Füße kreisen, während sie Daniel ansah.
    »Dieser Fall wird eine klotzige Angelegenheit, das weißt du, Danny.«
    »Ich weiß – ›der Engelmörder‹. Hört sich nett an.« Er hob eine Augenbraue.
    »Ich weiß nicht, ob es der Stich vom letzten Jahr ist, aber irgendwas an diesem Fall macht mir Angst.«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    »Wir dürfen dem nicht nachgeben«, sagte sie, stand plötzlich auf und zog sich die Schuhe wieder an. »So schlecht die Presse schon jetzt ist, beim Prozess kann sie nur schlechter werden.«
    Beide griffen gleichzeitig nach dem Bericht, und Daniels Hand streifte unwillkürlich ihre Taille. »’schuldigung – das ist dein Exemplar. Du kannst es behalten.«
    Sie nickte und legte es in eine Schublade. Daniel drehte den Messingtürknauf herum und fühlte ihn beruhigend kühl in seiner Hand. Als er die Tür öffnete, drangen ein Schwall von Stimmen und Hitze von draußen herein. Sie drängten sich in diesen stillen Raum.
    »Danke für den Drink«, sagte er.
    »Danke für das Update.«
    Er trat zurück, um sie vorbeizulassen, aber sie wartete auf ihn, und sie prallten wieder gegeneinander. »Entschuldigung«, sagte er noch einmal. Ihr Haar roch nach Kokosnuss.
    Im Korridor trennte sie sich von ihm. »Du entschuldigst mich, ja? Muss mich jetzt ums Publikum kümmern. Die Pflicht ruft!«
    Daniel beobachtete sie, als sie die Treppe hinunterging, Hände schüttelte und mit ihren ebenmäßigen, weißen Zähnen lächelte.
    Er schlenderte zwischen den Gästen herum, während er bedächtig noch ein Glas Champagner trank. Er kannte fast jeden, zumindest vom Sehen. Manche riefen seinen Namen und klopften ihm auf die Schulter, als er vorbeiging; andere winkten ihm von der anderen Seite des Raums zu. Daniel merkte, dass er keine Lust hatte, mit einem von ihnen zu reden.
    Er fragte sich, ob es am Champagner lag, den er zu schnell getrunken hatte: In seinem Kopf spürte er eine Enge. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um zwei Prozessanwälte vorbeizulassen, dann schob er sich durch die Menge auf einen der großen Räume im Erdgeschoss zu. Das Fenster war offen, und er fühlte die kühle Nachtluft hereinstreichen.
    Als er auf das Fenster zuging, wurde er in eine Gruppe von Anwälten

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