Der Schuß im Nachtklub
und hielt mit der anderen Hand das
ebenso imaginäre Instrument umklammert.
»Genauso habe ich es mir
vorgestellt«, sagte ich. »Nein, Sheriff, wenn Sie Saxophon spielen wollen...«
Ich hob beide Hände vor den Mund und bewegte sie auf und nieder. »Und ich werde
das Schlagzeug betreuen«, fuhr ich fort. Ich begann, auf die imaginäre Trommel
zu schlagen.
Lavers tat einen tiefen Atemzug und
spielte versuchsweise einen kleinen Lauf auf seinem Saxophon.
»Ausgezeichnet, Sheriff«, rief
ich bewundernd. »Laut und deutlich — fast ein zweiter Beiderbecke!«
»Treiben Sie es nicht zu weit,
Wheeler!« erwiderte er heiser.
»Nein, Sir«, entgegnete ich höflich.
»Also... in der Nacht, in der es geschah, spielten sie gerade die Rampart Street Parade. Also, glaube ich, ist
es das beste , wir fangen jetzt mal damit an. Eins,
zwei, drei!«
Ich summte die Melodie, während
sich das stumme Trio an die Arbeit machte. Nach einigen Augenblicken hielt ich
inne.
»Was denn jetzt?« fragte Lavers .
»Sie sind aus dem Takt«, sagte
ich. »Müssen noch mal von vorn anfangen. — Und Sie da drüben«, rief ich Hammond
zu, »hören Sie mit dem Gekichere auf!«
Lavers sah Hammond nachdenklich an.
»Wheeler fliegt ja ohnehin ins
Loch«, erklärte er. »Da kann er es sich meinetwegen leisten, sich über mich
lustig zu machen. Aber Sie...«
»Ich habe überhaupt nicht
gekichert!« sagte Hammond ärgerlich. »Ich hatte nur eine Reizung im Hals.«
»Sehen Sie sich ja vor, daß es
sich nicht zu einer Degradierung auswächst«, erwiderte Lavers böse.
»Sind wir soweit?« fragte ich.
»Eins, zwei, drei!«
So machten wir drei uns also
wieder an unsere tonlose Musik, und es war eigentlich ganz lustig. Als wir so
halb durch die Nummer durch waren, unterbrach ich mein Summen einen Augenblick.
»Johnny Landis steht genau
hinter uns«, erklärte ich. »Hinter dem Podium — das Publikum sitzt da vor uns.
Wesley — Sie haben wohl nichts
dagegen, daß ich Sie Wes nenne, Sheriff, Sie sind für den Augenblick Wes
Stewart.«
»Machen Sie schon weiter!«
brummte Lavers , während die vier Finger seiner
rechten Hand einen großartigen Mißklang griffen.
»Also«, sagte ich und ließ die
Erregung in meiner Stimme mitschwingen. »Der Augenblick kommt jetzt. Wes!
Johnny Landis steht jetzt direkt hinter uns. Holen Sie jetzt Ihre Pistole
heraus und schießen Sie ihn nieder!«
Lavers sah mich ausdruckslos an.
»Aber lassen Sie auch nicht
eine Note aus, Wes, bitte!« sagte ich voller Sanftmut. »Denn das Publikum wird
es merken.«
Lavers ’ Finger erstarrten mitten in
der Luft.
»Was...«
»Genauso war es in jener
Nacht«, sagte ich. »Ich war da draußen im Publikum, und sah ihnen zu, wie sie
spielten. Wes Stewart hatte im Augenblick des Schusses gerade zu einer Folge von
Variationen angesetzt. Er hat nicht einen Takt verpaßt, und ich glaube, daß er
den Schuß überhaupt nicht gehört hat. Er hätte unmöglich sein Saxophon
weiterspielen und gleichzeitig eine Pistole hervorholen und Johnny Landis
erschießen können!«
Lavers blinzelte mich ein paarmal an,
dann faßte er sich.
»Ich dachte, Sie wollten uns
zeigen, wie nun Landis ermordet wurde«, knurrte er, »und nicht, daß es für
Stewart unmöglich war, ihn zu erschießen.«
»Sofort«, sagte ich, »das kommt
jetzt.«
Ich ließ meine Stimme zu einem
drängenden Raunen absinken. »Bitte, seien Sie nun beide ganz leise und
beobachten Sie das Badezimmerfenster...«
»Das Fenster?« sagte Lavers verständnislos. »Was in aller Welt hat denn ein
Fenster...?«
»Sie müssen absolut still sein«,
sagte ich kühl, »oder ich kann Ihnen nicht zeigen, wie es gemacht wurde.«
»Na schön!« Er knirschte mit
den Zähnen. »Also los!«
»Konzentrieren Sie sich auf das
Fenster«, flüsterte ich.
Die beiden wandten ihre Köpfe
und blickten aufmerksam auf das Fenster. Ich trat leise drei Schritte zurück,
schlug die Badezimmertür zu und verschloß sie hastig.
Dann eilte ich zum
Plattenspieler. Die Platten, die Wes auf den automatischen Wender aufgelegt
hatte, spielten noch immer und ich drehte den Lautsprecher so stark auf, daß
der Lärm, mit dem Lavers und Hammond gegen die
Badezimmertür donnerten, übertönt wurde.
Ich stürzte ins Schlafzimmer,
holte mir meine Brieftasche, die Wagenschlüssel und die Pistole aus der
Schublade und eilte zur Wohnungstür.
Ich riß sie auf und brüllte:
»Los, der Lieutenant braucht Sie beide — aber schnell! In der Küche!«
Die beiden
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