Der Schuß im Nachtklub
Wochen war er wieder der alte — mit seiner Arroganz und seiner Grausamkeit.«
»Das kann ich mir denken«,
sagte ich.
»Natürlich machte er
Entziehungskuren«, erklärte sie ungeduldig. »Aber sobald er wieder zu Hause
war, konnte er die Finger von dem Zeug nicht lassen. Dann, als er feststellte,
daß auch Johnny rauschgiftsüchtig war, warf er ihn aus dem Haus.«
»Aber Johnny hat doch das Zeug nicht genommen«, wandte ich ein. »Er hat doch nur Marihuana geraucht.«
»Kommt das nicht alles auf das
gleiche heraus?« sagte sie gereizt. »Diese Schublade habe ich erst gefunden, nachdem
Johnny nicht mehr im Haus war.«
Sie blickte nachdenklich drein.
»Ich wollte, ich hätte sie früher gefunden. Ich hätte es Johnny erzählt. Das
wär’ ein Spaß geworden!«
»Ein Spaß?«
»Ja, ich habe nämlich den
letzten großen Streit, den sie miteinander hatten, als Vater ihn dann aus dem
Haus warf, mit angehört.«
»Wo warst du da — im gleichen
Zimmer?«
»Ich lauschte«, erklärte sie
leichthin. »Vater wäre rasend geworden, hätte er gewußt, daß ich irgendwo in
der Nähe war. Es war schrecklich aufregend. Johnny erzählte ihm, er wüßte alles
über seine Geliebte und so weiter, und ich glaubte, Vater würde einen
Herzschlag bekommen, so tobte er.«
»Geliebte?«
»Ja, das hat Johnny gesagt. Er
sagte, er wüßte alles über Vaters Freundin, und der Bürgermeister und die übrigen
Stadtväter würden sich ins Fäustchen lachen, wenn sie erführen, daß Daniel
Landis sich eine Geliebte hielt!«
»Stimmt das denn?«
Sie biß sich wieder auf die
Unterlippe. »Tatsächlich bin ich nicht ganz sicher. Johnny hat es behauptet,
aber Johnny behauptete alles mögliche , wenn er in
Rage war.« Sie machte eine Handbewegung auf das Geheimfach hin. »Jedenfalls
weißt du jetzt Bescheid.«
»Wenn dein Vater uns jetzt
überrascht, brauche ich ihn also nur auf seinen Schreibtisch hinweisen?« sagte
ich.
»Genau das, mein Süßer!«
Sie schob ihren Arm unter den
meinen und führte mich in ihr Zimmer zurück. Als wir vor die Tür kamen, blieb
ich stehen, und sie zog mich ungeduldig am Arm.
»Komm jetzt, Al! Du brauchst
dir doch jetzt keine Sorgen mehr zu machen.«
»Ich mache mir keine Sorgen um
deinen Vater, Liebling«, erklärte ich. »Aber ich habe eine Reihe von Dingen zu
erledigen, die ich nicht länger aufschieben kann. Ich muß jetzt gehen, so leid
es mir tut. Ich rufe dich an.«
Sie machte ein beleidigtes
Gesicht. »Du hast es versprochen!«
»Es tut mir leid«, erwiderte
ich. »Wirklich — ich würde gerne bleiben. Aber ich kann es nicht.«
»Du hast es versprochen«,
wiederholte sie gepreßt. »Du hast gesagt, wenn ich die Schublade zeige, würdest
du bleiben!«
»Wir werden später noch viel Zeit
haben«, sagte ich.
»Du hast mich belogen, du hast
dein Versprechen gebrochen!«
Sie begann, mit ihren Fäusten
heftig gegen meine Brust zu trommeln. »Du hast es versprochen! Du Lügner! Du
Betrüger!«
Die Tür war offen. Ich packte
sie an den Handgelenken und stieß sie zurück. Sie taumelte rückwärts durch das
Zimmer, bis sie mit den Kniekehlen gegen das Bett kam und hintenüber fiel.
»Auf bald, Süße«, sagte ich.
»Warte du nur, Al Wheeler!«
sagte sie mit knirschender Stimme. »Dir werde ich es noch heimzahlen! Das wirst
du noch sehen!«
Ich ging die Treppe hinunter
und zur Tür hinaus, die ich leise hinter mir schloß. Ich stieg in den Healey
und drückte auf den Anlasser. Als ich an das Ende der Auffahrt gelangte, warf
ich einen Blick zurück.
Die sieben Schwäne schwammen
noch immer feierlich auf dem Teich. Einen Augenblick lang plusterte ein jäher
Windstoß ihr Gefieder.
ZWÖLFTES KAPITEL
E s tut mir schrecklich leid, Lieutenant«,
sagte Wesley Stewart besorgt. »Ich hoffe, alles ist noch in bester Ordnung.«
»Alles ist bestens, Wes«,
antwortete ich. »Wenn Sie gerade nichts zu tun haben, schenken Sie doch bitte
ein, während ich ein Telefongespräch erledige.«
»Gern«, antwortete er eifrig.
Ich hob den Hörer ab und wählte
Midnight O’Haras Privatnummer. Es klingelte viermal, und dann meldete sie sich
mit klarer Stimme. Ich senkte meine Stimme zu einem leisen Raunen. »Sie
Glückskind!« sagte ich. »Sie bekommen heute abend eine Wiederholungsvorstellung und ganz umsonst!«
»Wer spricht denn da?« fragte
sie in scharfem Ton.
»Ganz uninteressant«, erwiderte
ich. »Ich sage Ihnen nur, Sie sind ein Glückspilz. Sie bekommen
Weitere Kostenlose Bücher