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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gelassen. Aber wir können alles in den Farben, die du dir wünscht, neu streichen lassen.« Er war ein freundlicher Riese Anfang Vierzig und hatte ein breites, etwas schwammiges Gesicht, das Laura an John Wayne erinnert hätte, wenn John Wayne ein bißchen lustiger ausgesehen hätte. »Vielleicht möchte ein Mädchen in deinem Alter sein Zimmer in Rosa.«
    »Nein, nein, es gefällt mir so sehr gut!« wehrte Laura ab. Ohne ihren gelinden Schock über den Reichtum, der sie plötzlich umgab, schon überwunden zu haben, trat sie ans Fenster und genoß die prachtvolle Aussicht auf Newport Harbor mit den vielen Yachten auf dem in der Sonne glitzernden Wasser.
    Nina Dockweiler trat neben Laura und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Mit ihrer puppenhaft zarten Figur, ihrem dunklen Teint, dem schwarzen Haar und den veilchenblauen Augen war sie äußerst attraktiv. »Laura, in deiner Akte hat gestanden, daß du gern liest, aber wir haben nicht gewußt, welche Bücher dir am liebsten sind, deshalb fahren wir jetzt gleich los und kaufen alle, die dir gefallen.«
    Bei Waldenbooks suchte sich Laura fünf Taschenbücher aus. Die Dockweilers drängten sie, mehr zu nehmen, aber sie hatte ein schlechtes Gewissen, wenn sie das Geld der Dockweilers ausgab. Carl und Nina suchten die Regale ab, nahmen Bücher heraus, lasen Laura die Klappentexte vor und legten sie auf den Stapel, wenn sie auch nur das geringste Interesse dafür erkennen ließ. Als sie endlich den Laden verließen, hatten sie über 100 Bücher, einen ganzen Berg Bücher eingekauft!
    Ihr erstes gemeinsames Abendessen fand in einer Pizzeria statt, in der Nina Dockweiler ein verblüffendes Talent für Zauberkunststücke bewies, indem sie einen Peperoniring hinter Lauras Ohr hervorholte und verschwinden ließ.
    »Toll!« sagte Laura. »Wo hast du das gelernt?«
    »Ich bin früher Innenarchitektin gewesen, aber ich habe meinen Beruf vor acht Jahren aus Gesundheitsgründen aufgeben müssen. Er war mir zu streßreich. Weil ich es aber nicht gewohnt war, wie ein Kloß zu Hause rumzusitzen, habe ich alles getan, wovon ich vorher als Geschäftsfrau mit sehr knapper Freizeit nur hatte träumen können. Zum Beispiel Zauberkunststücke einzuüben.«
    »Aus Gesundheitsgründen?« fragte Laura.
    Sie hatte gelernt, daß Sicherheit eine nur scheinbar feste Eisfläche war, die jederzeit einbrechen konnte – und jetzt war es offenbar wieder einmal soweit.
    Ihre Angst mußte sichtbar gewesen sein, denn Carl Dockweiler sagte: »Mach dir keine Sorgen. Nina hat einen angeborenen Herzfehler, aber wenn sie Streß meidet, kann sie damit so lange leben wie du oder ich.«
    »Kann er nicht operiert werden?« fragte Laura und legte die Pizzaschnitte weg, in die sie eben hatte beißen wollen. Sie hatte plötzlich keinen Appetit mehr.
    »Die Herzchirurgie macht große Fortschritte«, erklärte Nina ihr. »Vielleicht in ein paar Jahren. Aber das braucht dir keine Sorgen zu machen, mein Schatz. Ich passe gut auf mich auf – vor allem jetzt, wo ich eine Tochter habe, die ich verhätscheln kann!«
    »Wir haben uns eigene Kinder gewünscht«, sagte Carl, »nur hat’s leider nie geklappt. Als wir uns dann zur Adoption entschlossen, trat Ninas Herzfehler auf, so daß wir nicht als Adoptiveltern in Frage kamen.«
    »Aber wir erfüllen die Voraussetzungen für Pflegeeltern«, ergänzte Nina, »und wenn’s dir bei uns gefällt, kannst du bei uns leben, als ob wir dich adoptiert hätten.«
    In ihrem großen Schlafzimmer mit Blick auf das jetzt unheimlich dunkle Meer sagte Laura sich an diesem Abend, sie dürfe die Dockweilers nicht zu sehr liebgewinnen, weil Ninas Herzfehler eine sichere, fundierte Zukunft ausschließe.
    Am nächsten Tag, einem Sonntag, fuhren die beiden mit ihr einkaufen und hätten ein Vermögen für Kleidung ausgegeben, wenn Laura sie nicht schließlich gebeten hätte, nicht noch mehr zu kaufen. Mit dem Kofferraum ihres Mercedes voller Tragtüten fuhren sie ins Kino, um sich eine Komödie mit Peter Sellers anzusehen, und danach zum Abendessen in ein Hamburger-Restaurant, das für seine gigantischen Milchmixgetränke bekannt war.
    »Ihr könnt von Glück sagen, daß ihr vom Jugendamt statt eines anderen Kindes mich geschickt bekommen habt«, stellte Laura fest, während sie Ketchup über ihre Pommes frites verteilte.
    Carl zog die Augenbrauen hoch. »Oh?«
    »Nun, ihr seid nett, zu nett – und weit verwundbarer, als ihr ahnt. Jedes Kind würde eure Verwundbarkeit erkennen, und viele

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