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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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als du glaubst. Du bist imstande, das Leben anderer aufs Papier zu bannen, und selbst wenn diese Menschen eines Tages sterben, ist das Papier noch da – ist ihr Leben noch da. Du kannst Gefühle zu Papier bringen, und jeder, der deine Bücher liest, kann diese Gefühle nachempfinden. Du rührst unsere Herzen an; du erinnerst uns daran, was es bedeutet, in einer aufs Verdrängen und Vergessen fixierten Welt menschlich zu sein. Deine Begabung ist ein Lebenszweck, wie ihn nur wenige besitzen. Deshalb … nun, ich weiß, wie sehr du dir eine Familie gewünscht hast … drei oder vier Kinder, hast du gesagt … deshalb weiß ich, wie traurig du jetzt sein mußt. Aber du hast Danny und Christopher und deine erstaunliche Begabung – das ist schon sehr viel!«
    Lauras Stimme schwankte. »Manchmal … habe ich solche Angst.«
    »Angst wovor, Baby?«
    »Ich wollte eine große Familie, weil … weil es dann unwahrscheinlicher ist, daß sie mir alle weggenommen werden.«
    »Dir wird niemand weggenommen.«
    »Wenn ich nur Danny und den kleinen Chris habe … nur diese beiden … da könnte irgendwas passieren.«
    »Es passiert aber nichts.«
    »Dann wäre ich allein.«
    »Es passiert aber nichts«, wiederholte Thelma.
    »Irgendwas passiert immer. So ist das Leben.«
    Thelma rutschte von der Bettkante weiter zur Bettmitte, streckte sich neben ihrer Freundin aus und legte den Kopf an Lauras Schulter. »Als du gesagt hast, es sei eine schwere Geburt gewesen … als ich gemerkt habe, wie blaß du bist … hab’ ich Angst bekommen. Klar, ich habe Freunde in Los Angeles, aber die sind alle vom Bau. Du bist der einzige reale Mensch, der mir nahesteht, selbst wenn wir uns nicht allzu häufig sehen, und die Vorstellung, daß du beinahe …«
    »Ich bin aber nicht.«
    »Hätte aber sein können.« Thelma lachte humorlos. »Der Teufel soll’s holen, Shane: Wir Waisen können eben nie aus unserer Haut heraus, stimmt’s?«
    Laura drückte sie an sich und streichelte ihr Haar.
    Kurz nachdem Chris seinen ersten Geburtstag gefeiert hatte, lieferte Laura »Die goldene Klinge« ab. Der Roman erschien zehn Monate später, und am zweiten Geburtstag des Jungen stand das Buch auf Platz 1 der Bestsellerliste der »New York Times« – für Laura eine Premiere.
    Danny verwaltete Lauras Einkommen mit soviel Geschick, Vorsicht und Scharfsinn, daß sie trotz fast erdrückend hoher Einkommensteuern damit rechnen konnten, binnen weniger Jahre nicht nur reich – reich waren sie nach den meisten Begriffen längst –, sondern schwerreich zu sein. Laura wußte nicht recht, was sie davon halten sollte. Sie hatte nie erwartet, eines Tages reich zu werden. Beim Gedanken an ihre beneidenswerten Vermögensverhältnisse hätte sie vielleicht freudig erregt oder – angesichts des Elends auf der Welt – entsetzt sein müssen, aber das viele Geld berührte sie kaum. Die materielle Sicherheit war willkommen, sie schuf Zuversicht. Aber Danny und Laura dachten nicht daran, aus ihrem hübschen Haus auszuziehen, obwohl sie sich einen Landsitz hätten leisten können. Das Geld war da, basta, und Laura dachte nicht weiter darüber nach. Das Leben bestand nicht aus Geldverdienen; ihr Leben bestand aus Danny und Chris und natürlich auch ihren Büchern.
    Mit einem Kleinkind im Haus konnte und wollte Laura nicht mehr sechzig Stunden pro Woche vor ihrem PC sitzen. Chris lernte sprechen und laufen und ließ nichts von der Launenhaftigkeit und Aufsässigkeit erkennen, die Elternratgeber als normales Verhalten Zwei- bis Dreijähriger beschrieben. Er war ein lieber, aufgeweckter, wißbegieriger Junge, und Laura verbrachte möglichst viel Zeit mit ihm, ohne befürchten zu müssen, ihn dadurch zu verziehen.
    »Die erstaunlichen Appelby-Zwillinge«, Lauras viertes Buch, erschien erst im Oktober 1984 – zwei Jahre nach »Die goldene Klinge«. Das Leserecho war keineswegs geringer, wie es manchmal der Fall ist, wenn ein Autor nicht jedes Jahr ein neues Buch schreibt. Die Vorbestellungen lagen höher als bei ihren bisherigen Titeln.
    Am 10. Oktober saßen Laura, Danny und Chris auf den Sofas im Wohnzimmer, sahen auf Video alte Road-Runner-Cartoons an – »Brumm, brumm!« sagte Christopher jedesmal, wenn Road Runner blitzartig davonschoß – und aßen Popcorn, als Thelma in Tränen aufgelöst aus Chicago anrief. Laura nahm den Hörer in der Küche ab, aber auf dem Fernsehschirm nebenan versuchte der belagerte Kojote seinen Verfolger in die Luft zu sprengen und jagte sich dabei

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