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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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schien die Morphologie des Meeresbodens eine andere geworden zu sein. Dort unten klaffte ein Graben, den es vor wenigen Tagen noch nicht gegeben hatte. Stone konnte nicht leugnen, dass ihm beim Gedanken an die Tiefe ebenso mulmig wurde wie der Besatzung und dem technischen Team. Aber er verdrängte die Angst. Er dachte nur an seine Tauchfahrt und wie er den Schleier am Ende lüften würde.
    Clifford Stone. Unerschrocken. Ein Mann der Tat!
    Auf dem Achterdeck der Thorvaldson wartete das Tauchboot darauf, ihn nach unten zu bringen, in neunhundert Meter Tiefe. Natürlich hätte er zuerst den Roboter auf Erkundung schicken sollen. Jean-Jacques Alban und jeder an Bord hatte ihm dringend dazu geraten. Victor verfügte über ausgezeichnete Kameras, einen hoch sensiblen Greifarm und alle Instrumente, die für eine schnelle Datenauswertung vonnöten waren. Aber es machte mehr Eindruck, wenn er selber ging. Man würde im Konzern begreifen, dass ein Clifford Stone kein Freund halber Sachen war. Außerdem teilte er Albans Ansicht nicht. Auf der Sonne hatte er sich mit Gerhard Bohrmann über Reisen in bemannten Tauchbooten unterhalten. Bohrmann war mit der legendären Alvin vor Oregon runtergegangen. Seine Augen hatten etwas Verträumtes bekommen, als er davon erzählt hatte. Er hatte gesagt:
    »Ich habe tausende von Videoaufzeichnungen gesehen. Aufzeichnungen von Robotern, allesamt sehr beeindruckend. Aber selber da drin zu sitzen, selber unten zu sein, diese Dreidimensionalität – ich hätte nie gedacht, dass es so sein würde. Es ist unvergleichlich.«
    Und dass keine Maschine Sinnesorgane und Intuition des Menschen je vollständig würde ersetzen können, hatte er auch gesagt.
    Stone lächelte grimmig.
    Diesmal war er am Zug. Er hatte klug gehandelt. Das Tauchboot war über seine ausgezeichneten Kontakte schnell zu beschaffen gewesen. Es war ein DR 1002, ein Deep Rover der amerikanischen Deep Ocean Engineering, und gehörte zu den kleinen und leichten Booten einer völlig neuen Generation. Auf wuchtigen Kufen, denen zwei mehrgelenkige Greifarme entwuchsen, ruhte eine vollkommen transparente Kugel. Im Innern waren zwei bequem aussehende Sitze mit seitlich angeordneten Bedienungselementen untergebracht. Stone war sehr zufrieden mit seiner Wahl, als er neben das Deep Rover trat. Es war an die Trossen des Auslegers gekoppelt und aufgebockt, sodass man durch die Bodenluke ins Innere kriechen konnte. Der Pilot, ein vierschrötiger pensionierter Marineflieger, den alle Eddie nannten, hockte bereits im Innenraum und checkte die Instrumente. Wie üblich, bevor ein Tauchboot zu Wasser gelassen wurde, wimmelte es auf dem Achterdeck von Matrosen, Technikern und Wissenschaftlern. Stone sah sich suchend um, erblickte Alban und pfiff ihn heran.
    »Wo ist der Fotograf?«, rief er ungeduldig. »Und der Kerl mit der Kamera?«
    »Keine Ahnung«, sagte Alban im Näherkommen. »Den Kameramann habe ich vorhin irgendwo rumschleichen sehen.«
    »Dann soll er gefälligst herschleichen«, blaffte Stone. »Wir gehen nicht runter, ohne das hier dokumentiert zu haben.«
    Alban runzelte die Stirn und sah hinaus aufs Meer. Der Tag war dunstig, mit schlechter Sicht.
    »Es stinkt«, sagte er.
    Stone zuckte die Achseln. »Das liegt am Methan.«
    »Es wird schlimmer.«
    Tatsächlich lag ein schwefeliger Geruch über dem Meer. Es musste eine Menge Gas dort unten freigesetzt worden sein, dass es oben derart übel roch. Sie alle hatten gesehen, was am Hang los war, sie hatten die Würmer gesehen und die aufsteigenden Blasen. Niemand konnte oder wollte sich eine Vorstellung davon machen, was am Ende dieser Entwicklung stand, aber es war eindeutig kein gutes Zeichen, wenn das ganze Meer roch, als hätte jemand eine Wagenladung Stinkbomben platzen lassen.
    »Das kriegt sich alles wieder ein«, sagte Stone.
    Alban sah ihn an. »Hören Sie, Stone, ich würde das an Ihrer Stelle bleiben lassen.«
    »Was?«
    »Den Tauchgang.«
    »Ach Blödsinn!« Stone sah sich zornig um. »Wo ist jetzt dieser verdammte Fotograf?«
    »Es ist zu riskant.«
    »Quatsch.«
    »Außerdem fällt das Barometer. Es fällt ins Bodenlose. Wir bekommen Sturm.«
    »Sturm ist unerheblich für Tauchboote, muss ich Ihnen das erst erklären? Wir gehen runter und basta.«
    »Stone, Sie Idiot! Warum machen Sie das?«
    »Weil wir so einen besseren und schnelleren Überblick gewinnen«, belehrte ihn Stone. »Herrgott, Jean, seien Sie nicht so eine verdammte Memme. Nichts kriegt die Kiste da klein, schon

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