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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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schon, du genießt einen ausgezeichneten Ruf. Aber Skaugen geht es um mehr. Er wird sich verantworten müssen, und jeder, der für Statoil arbeitet oder sonst wie mit dem Konzern verknüpft ist, muss als parteiisch gelten. Er wollte jemanden, der keine Karten in der Sache hat, und du bist nun mal Herr über jegliches Gewürm und denkbar uninteressiert am Bau irgendwelcher Fabriken.«
    »Skaugen hat also das Projekt auf Eis gelegt?«
    »Bis zur Klärung der Situation durch Geomar.«
    »Donnerwetter!«
    »Er mag dich übrigens.«
    »Ich ihn auch.«
    »Ja, Statoil kann sich glücklich schätzen, Leute wie ihn in der Spitze zu haben.« Sie stand in seiner Diele und ließ die Arme hängen. Für jemanden, der normalerweise ständig in Bewegung und voller Zielstrebigkeit war, wirkte sie seltsam unentschlossen. Ihre Augen suchten den Raum ab. »Wo ist eigentlich dein Gepäck?«
    »Wieso?«
    »Wolltest du nicht zum See?«
    »Das Gepäck ist im Wagen. Du hattest Glück, ich stand im Begriff, das Haus zu verlassen.« Er musterte sie. »Kann ich noch was für dich tun, bevor ich mich der Einsamkeit ergebe? Und ich werde fahren! Keine weiteren Aufschübe.«
    »Ich wollte dich nicht aufhalten. Ich wollte dir erzählen, was Skaugen entschieden hat, und ...«
    »Das ist nett von dir.«
    »Und dich fragen, ob dein Angebot noch gilt.«
    »Welches?«, fragte er, obschon ihm klar war, was sie meinte.
    »Du hast vorgeschlagen, dass ich mitfahre.«
    Johanson lehnte sich gegen die Wand neben der Garderobe. Plötzlich sah er einen gewaltigen Berg Probleme auf sich zukommen.
    »Ich habe auch gefragt, was Kare dazu sagt.«
    Sie schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Ich muss niemanden um Erlaubnis fragen, wenn du das meinst.«
    »Nein, das meine ich nicht. Ich möchte nur nicht zu Missverständnissen beitragen.«
    »Du trägst zu gar nichts bei«, sagte sie trotzig. »Wenn ich mit zum See will, ist das einzig meine Entscheidung.«
    »Du weichst mir aus.«
    Wasser tropfte aus ihren Haaren und lief ihr übers Gesicht.
    »Warum hast du es dann überhaupt vorgeschlagen?«, fragte sie.
    Ja, warum, dachte Johanson.
    Weil ich es gerne hätte. Nur möglichst so, dass es nichts kaputtmacht. Er fühlte sich Kare Sverdrup gegenüber nicht im Mindesten verpflichtet. Aber Lunds plötzliche Bereitschaft, mit ihm zum See zu fahren, irritierte ihn. Vor Wochen noch hätte er sich keine Gedanken darüber gemacht. Sporadische Unternehmungen, Verabredungen zum Essen, all das war Teil ihres selbstironisch inszenierten Dauerflirts, ohne dass jemals etwas folgte. Das hier gehörte nicht zum Flirt.
    Mit einem Mal wusste er, was ihn störte. Im selben Moment wurde ihm auch klar, was Lund in den letzten Tagen so sehr beschäftigt haben musste.
    »Wenn ihr beide Ärger habt«, sagte er, »lass mich aus dem Spiel. Einverstanden? Du kannst mitkommen, aber ich bin nicht da, um Kare unter Druck zu setzen.«
    »Du interpretierst ein bisschen viel rein in die Sache.« Lund zuckte die Achseln. »Also gut. Vielleicht hast du Recht. Lassen wir's.«
    »Ja.«
    »Besser so. Ich muss einfach ein bisschen nachdenken.«
    »Mach das.«
    Sie standen weiterhin unentschlossen in der Diele herum.
    »Also dann«, sagte Johanson. Er beugte sich vor, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und schob sie sanft nach draußen auf die Straße. Dann schloss er die Haustüre hinter ihnen ab. Allmählich wurde es dämmrig. Es nieselte beständig. Er würde den größten Teil der Strecke im Dunkeln zurücklegen, aber es war ihm beinahe recht so. Er würde Sibelius' Finlandia-Symphonie hören. Sibelius und die Dunkelheit. Das war gut.
    »Montag bist du wieder da?«, fragte Lund, während sie mit ihm zum Wagen ging.
    »Ich schätze, schon Sonntag Nachmittag.«
    »Wir können ja telefonieren.«
    »Sicher. Was hast du so vor?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Arbeit hätte ich genug.«
    Er verkniff sich eine weitere Frage nach Kare Sverdrup. Im selben Moment sagte Lund: »Kare ist übers Wochenende verreist. Zu seinen Eltern.«
    Johanson öffnete die Fahrertür und verharrte.
    »Du musst ja nicht immer nur arbeiten«, sagte er.
    Sie lächelte.
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Außerdem ... könntest du gar nicht mitfahren. Du hast nichts dabei für ein Wochenende am See.«
    »Was braucht man denn?«
    »Gutes Schuhwerk vor allen Dingen. Und was Warmes zum Anziehen.«
    Lund sah an sich herunter. Sie trug Schnürstiefel mit dicken Sohlen.
    »Was braucht man noch?«, fragte sie.
    »Na ja. Wie gesagt, einen

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