Der schwarze Atem Gottes
habe schon so viel von Euch gehört …«
Nun schaute Hilarius aus dem Fenster. Martin folgte seinem Blick. Das Zimmer, in dem sie sich befanden, war hochgelegen, und man konnte weithin über die Stadt mit ihren vielen Türmen sehen. Das bleigraue Tuch deckte sie zu und schien sich in ihren Spitzen zu verfangen. Zwischen den Häusern webte dichtes Zwielicht; es war, als liege die Stadt unter einer Glocke. Martin spürte, wie ihm dieser Gedanke die Luft abschnürte. Hilarius schien es ähnlich zu ergehen.
»Martin von Eberberg!«, sagte der Pater schließlich. »Du weißt, welcher Verbrechen du angeklagt bist?«
»Ich weiß es, aber ich bin unschuldig«, sagte Martin mit fester Stimme.
»Das sagst du, obwohl du nach dem Sabbat aufgegriffen wurdest?«
Martin hatte den Eindruck, dass Hilarius ihm die Gelegenheit geben wollte, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. »Das stimmt: nach dem Sabbat und nicht dabei.«
»Das macht keinen Unterschied!«, brauste der Pater auf.
Martin zuckte zusammen. »Aber Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich, Euer treuer Diener und Geselle, gemeinsame Sache mit der schändlichen Hexensekte mache!«, empörte sich Martin.
Hilarius sah ihn endlich an. In seinen Augen lag eine tiefe Trauer. »Nein, das hätte ich nie geglaubt.« Er schluckte und verzerrte das Gesicht. Dann fuhr er sich mit den Händen über den dicken Bauch.
Oh, wie gut wusste Martin, was sich unter der Kutte befand! Welche Abnormität! Wenn sie ans Tageslicht käme, wäre es auch um den wackeren Hexenschnüffler geschehen, denn einen besseren Beweis für seinen Umgang mit dem Teufel konnte es doch gar nicht geben! Er war versucht, das Geheimnis des Paters sofort zu verraten! Doch nein! Vielleicht täuschte er sich; vielleicht wollte Hilarius ihn wirklich retten. Natürlich wollte er das; er stellte es nur unendlich behutsam und geschickt an. Martin biss sich auf die Lippe.
Der Pater redete weiter: »Aber ich habe deine Aussagen gelesen. Es gibt keinen Zweifel, dass du bei einem Sabbat anwesend warst.«
»Nein, das war ich nicht!« Ob er mit dieser Lüge durchkam? Oder machte er es dem Pater damit nur noch schwerer? Martin wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
»Was hattest du dann mitten in der Nacht auf jener Lichtung westlich von Prag zu suchen? Und was ist mit Maria? War sie nicht bei dir?«
»Lasst Maria aus dem Spiel!«
»Natürlich war sie bei dir, denn sie ist ja ebenfalls verhaftet worden. Ich frage dich zum letzten Mal: Was habt ihr dort gemacht?«
Martin konnte dem bohrenden Blick des Paters nicht standhalten. »Ja, wir waren da«, sagte er kleinlaut.
»Du gibst also zu, dass du vorhin gelogen hast. Sicherlich wirst du verstehen, dass ich dir jetzt gar nichts mehr glauben kann. Martin, Martin, du enttäuschst mich tief! Ich hatte mich auf dich verlassen und muss nun erkennen, dass du ein Mitglied dieser schrecklichen Sekte bist – du und Maria.«
»Das stimmt nicht!«
Der Pater schlug mit der Faust auf den Tisch. »Lüg mich nicht schon wieder an! Ich weiß nicht, ob Maria bereits die Wahrheit gestanden hat, aber ich bin sicher, dass sie sie gestehen wird. Wie lange gehörst du schon dieser Sekte an?«
»Das ist alles nicht wahr! Das ist doch nur der teuflische Plan des Grafen, sehr Ihr das denn nicht? Er hat mich und Maria in die Fänge dieses Succubus gejagt …«
»Ein Succubus? Also auch noch Teufelsbuhlschaft? Martin, wie konntest du nur so tief sinken?«
Martin trat von einem Fuß auf den anderen. Der Pater hatte recht: Er hatte mit einem Teufel Buhlschaft getrieben. Dies allein reichte bereits aus, um ihn zum Tode zu verurteilen.
»Warum bist du schwach geworden?«, wollte Hilarius wissen. »Berichte mir in allen Einzelheiten, was geschehen ist.«
Martin erzählte von jener Hütte im Wald, die ihm dank der Gaukelkünste des Dämons als Palast erschienen war, und er erzählte davon, wie er und Maria den Verführungen des unirdischen Wesens erlegen waren.
»Von dir hätte ich einen stärkeren Glauben erwartet«, seufzte Hilarius. »Du weißt, was du jetzt zugegeben hast. Diese Buhlschaft wird dich das Leben kosten – und Maria auch.«
»Sie wird es nicht verraten.«
»Vielleicht nicht, aber nun hast du sie besagt, und das wiegt beinahe noch schwerer als ihr eigenes Geständnis.«
»Wie sollte das weltliche Gericht es erfahren?«
»Durch mich natürlich«, antwortete
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