Der schwarze Atem Gottes
anregende Unterhaltung mit ihm.«
Unmöglich! Das war doch ein abgekartetes Spiel! »Ich habe ihn genau gesehen!«
»Das ist durchaus möglich«, sagte Hilarius zu dem Richter gewandt. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Dämon die Gestalt eines besonders gottesfürchtigen Menschen annimmt und in dieser Gestalt den Sabbat besucht, nur um dem Unbescholtenen seinen guten Leumund zu rauben und ihn in einen üblen Ruf zu bringen. Ich nehme an, dass es sich in diesem Fall genauso verhält.«
»Raffiniert«, freute sich der Richter. »Auf eine solche Möglichkeit wäre ich von selbst niemals gekommen.«
»Oh, die maßgeblichen Autoritäten sind in dieser Hinsicht einer Meinung. Manchmal ist es eben gut, ein Buch zu lesen«, sagte Hilarius und lächelte den Richter an.
Der Richter schaute etwas irritiert drein. Er war sich wohl nicht sicher, ob die letzte Bemerkung gegen ihn persönlich gerichtet war.
Warum sollte der Graf geschont werden, fragte sich Martin. Er begriff gar nichts mehr.
»Ich möchte noch einmal auf das angebliche Ende der Welt zurückkommen«, sagte Hilarius und zog sich die schwarze Kutte über seinem unförmigen Bauch – Kopf – zurecht.
»Das ist doch unwesentlich«, fuhr der Richter dazwischen. »Hier geht es nur um die Schuld dieses Angeklagten und seiner Komplizen.«
»Wenn Ihr meint«, sagte Hilarius leichthin. »Ich sehe, Ihr könnt jetzt auf meine Gegenwart bei diesem ungeheuer wichtigen Prozess verzichten. Ich wünschte Euch einen schönen Tag.«
Er wollte aufstehen, doch der Richter zupfte heftig an der Mönchskutte und bettelte:
»So habe ich das doch nicht gemeint! Ich bitte Euch, lieber und ehrwürdiger heiligmäßiger Pater Hilarius, bleibt bei mir und helft mir, diese Natter ihrer gerechten Strafe zuzuführen!«
Hilarius setzte sich wieder. »Wie es Euer Wunsch ist«, sagte er ergeben. »Dann aber lasst mich bitte die Fragen stellen, die ich für wichtig halte.«
»Es sei«, willigte der Karpfen im Talar ein.
»Also, Bruder Martin, kannst du uns noch etwas über die angeblich bevorstehende Apokalypse sagen?«
Martin dachte fieberhaft nach. Was sollte er jetzt tun? Auf dem Sabbat hatte er ja nichts weiter erfahren, aber er kannte den Namen eines Kabbalisten, der angeblich die Pforte zur Hölle – oder zu den Sefiroth, wie der Priester gesagt hatte – errichtet hatte oder sogar diese Pforte selbst war. Sollte er Hilarius diesen Namen nennen?
»Ich warte auf eine Antwort«, sagte Hilarius fordernd und sah Martin mit zusammengekniffenen Augen an.
Aber der Priester war offensichtlich verrückt gewesen! Also hatten weder der Name noch die irrwitzige Geschichte von der Errichtung des Tores irgendeinen Wert.
»Du weißt etwas, das sehe ich dir an.« Langsam wurde Hilarius ungeduldig.
War es denn nicht vollkommen egal, ob die Angaben des erbarmungswürdigen Priesters – Friede seiner Asche! – stimmten oder nicht? Hatte Martin mit diesem Namen nicht ein Pfand in der Hand, das ihn aus seiner schrecklichen Lage befreien konnte?
»Also? Ich warte nicht mehr lange.« Hilarius hatte den Kopf in die Hände gestützt und sah wieder aus dem Fenster. Der Himmel war noch dunkler geworden – beinahe schwarz. Als schwebe ein Pesthauch über der Goldenen Stadt. Ganz fern konnte man die Königsburg, den Hradschin, erkennen: gezacktes Grau vor glattem Grau.
»Ich weiß wirklich etwas, aber ich habe es nicht auf dem Sabbat erfahren«, gestand Martin schließlich. Sein Mund war völlig trocken.
Hilarius schaute ihn wieder an. »Was weißt du?«
»Ich will es nur Euch persönlich sagen.«
Der Richter brauste auf: »Das kommt gar nicht infrage! Das hier ist ein offizielles Verhör, und ich bin der offizielle Gesandte des Erzbischofs. Was du zu sagen hast, Höllengeschmeiß, sagst du gefälligst uns allen!«
»Nein.« Martin war von seinem eigenen Mut überrascht.
»Manchmal muss man krumme Wege gehen, wenn man sieht, dass die geraden nicht zum Ziel führen«, sagte Hilarius sanft zu dem Richter. Er fragte Martin: »Es ist dir bewusst, dass wir deine Kenntnisse aus dir herausfoltern können?«
»Ihr könnt es nicht. Ich werde auch unter der Folter nichts sagen. Ich will mit Euch allein sprechen, heiligmäßiger Pater. Mit Euch allein oder gar nicht.«
»Welche Informationen kannst du mir denn anbieten?«
»Einen Namen, den ich von einem Mitgefangenen gehört habe,
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