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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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habt. Ich habe euch schon erwartet, Hilarius und Martin, Brüder des Benediktinerordens.«
     
    Einen Augenblick lang glaubte Hilarius, es handle sich um den abscheulichen Grafen, doch dieser Mann hier war anders. Er war … menschlicher. In seiner reichen Kleidung aus Pelz und Seide wirkte er wie ein Junker, doch sein Gesicht war das eines Bauern. Es hatte grobe Züge, tiefe Furchen, war fleischig und rot. »Woher weißt du, wer wir sind?«, fragte Hilarius. Es hatte befehlend und harsch klingen sollen, aber er brachte es nur krächzend hervor.
     
    »Ich habe meine Spione«, sagte der Mann lächelnd. »Laurenz Hollmann hat Spione in dieser und jener Welt«, fügte er großspurig hinzu und schlug sich gegen die Brust.
     
    »Du solltest erwägen, deine Schandtaten zu beichten, denn das Spiel ist aus«, knurrte Hilarius, der langsam seinen Mut wiederfand. Er hatte sich den Zauberer anders vorgestellt, weniger derb und angeberisch – gefährlicher.
     
    »Oh, ihr macht mir Angst«, kicherte Hollmann und schauspielerte Entsetzen. Er rollte mit den Augen, zitterte wie Espenlaub und stieß immer wieder aus: »Oh, oh, oh, oh …« Dann aber straffte er sich wieder und sagte mit gebieterischer Stimme: »Nein, Euer Spiel ist aus. Ihr habt Euch selbst in meine Obhut begeben, und dafür danke ich Euch sehr. Ich wusste, dass ich mich auf Rupert verlassen kann.«
     
    »Rupert?«, fragte Hilarius verständnislos.
     
    »Der freundliche, leicht verwachsene Zeitgenosse, der Euch hergeführt hat, ehrwürdiger Hilarius. Er ist mir schon seit Langem zu tiefem Dank verpflichtet – wie die ganze Stadt, die mir gehört, mir allein.«
     
    »Weiche, Satan!«, zischte Hilarius ihn an und wünschte sich, Martin würde irgendetwas unternehmen. Doch sein junger Mitbruder stand nur zitternd in der Ecke und sah aus, als werde er jeden Augenblick vor Furcht ohnmächtig.
     
    »Du hast nichts in der Hand gegen mich – nichts als dein Wort und die schwache Unterstützung deines noch schwächeren Gottes«, gab Hollmann zurück. »Und doch ist es schön, dass ihr hier seid. Ich habe selten Besuch und noch seltener von gebildeten Menschen. Kommt, ich will euch mein unterirdisches Reich zeigen. Es ist so groß, dass es sogar bis hinter die Grenzen der Stadtmauer reicht – und auch bis hinter andere, seltsamere Grenzen.« Er verließ die Bibliothek durch eine schmale Tür in einer der Regalwände. Hilarius und Martin folgten ihm wie unter Zwang.
     
    Es roch seltsam hier, nicht so feucht wie oben, sondern schwer und süßlich, beinahe betörend; doch dieser Duft schien jeden Willen aus Hilarius herauszuziehen, und Martin ging es offenbar ähnlich; er folgte dem alten Mönch wie ein Schlafwandler.
     
    Es gab viele Kammern in diesem unterirdischen Gehäuse, und einmal kamen sie an einem Gelass vorbei, das voller aufgeschichteter menschlicher Knochen war. Als Hollmann sah, wie Martin bleich wurde, sagte er: »Leider sind es nicht meine Opfer. Wir befinden uns nun unter dem Friedhof, und das hier war einmal das Ossuarium. Heute haben die Einwohner es vergessen. Mich deucht, es ist ein angemessener Ort für meine Experimente, nicht wahr? Doch nun will ich euch das Herz meiner unterirdischen Welt zeigen.«
     
    Sie betraten einen Raum, der wie das Labor eines Alchimisten aussah. Hilarius hatte bereits früher einmal ein solches Labor gesehen: all die Phiolen, Brenner, Flaschen, Öfen, Ingredienzien der verschiedensten Farben und Formen … Doch hier sah er daneben auch Zeichen dämonischer Riten: Beschwörungskreise, Schädel, tote Fledermäuse und Schlangen und vieles, das er im ungewissen Schein der Kerze, die noch immer die einzige Lichtquelle war, nicht deutlich erkennen konnte.
     
    »Dieses Zimmer ist größer als die ganze Welt draußen«, sagte Hollmann und stellte sich vor einen der Öfen. »Hier ist das Tor zu den anderen Welten, von denen kleine Geister wie ihr nicht die geringste Ahnung habt.«
     
    Hilarius schlang die Arme um seinen Körper. Es war entsetzlich kalt hier unten, und auch sein Bauch schmerzte immer schlimmer; so musste sich eine gebärende Frau fühlen. Unwillkürlich krümmte er sich zusammen. Er stellte sich neben Martin, doch die Gegenwart des jungen, unerfahrenen Mönchs schenkte ihm keine Beruhigung. »Welche Welten meinst du, Zauberer?«, fragte er.
     
    »Ihr werdet es erfahren«, raunte Hollmann. Er griff hinter sich und steckte die Hand in ein Glasgefäß, das auf einem Vorsprung des Ofens stand. Dann kam er einige

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