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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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angrinste.
     
    Das Bild des gehörnten Teufels.
     
    Und es hielt eine Schale in der rechten Hand, auf dem wie ein Kunstwerk drei Zahlen übereinander aufgetürmt waren. Es war jedes Mal die »6«. 666. Hilarius hätte beinahe die Kerze fallen gelassen. »666« war das Zeichen des Tiers aus der Apokalypse. Er bemerkte kaum, wie er zitterte. Die Kerze warf zuckende Schatten an die schwarz und weiß gesprenkelten Wände. Hilarius wollte nur noch fliehen. Die Zeichen verdichteten sich. Er wusste, dass er nicht fliehen konnte, dass es keinen Ort auf der ganzen Welt gab, zu dem er fliehen konnte. Er atmete tief durch, zwang sich, ruhiger zu werden, und verließ das schreckliche Zimmer wieder.
     
    Danach durchsuchten sie den ersten Stock. Auch hier fanden sie keine Spur des Zauberers – aber genügend Spuren seines Zaubers.
     
    In einem der beiden Zimmer des oberen Stockwerks war ein schwarzer Hahn an die Wand genagelt worden; er war bereits stark verwest und stank abscheulich. Um ihn herum war an die Wand in roter Farbe – vermutlich in Blut – ein magischer Kreis mit hebräischen Charakteren darin gemalt. Hebräisch! Judenzauber! Er spuckte angeekelt auf die Schriftzeichen. Martin würgte, als er dieses Schlachtopfer sah. Er schaute den alten Mönch mit großen, entsetzten Augen an. Das hier war die Sphäre der Hölle. Nie zuvor hatte Hilarius die Anwesenheit des Bösen so deutlich gespürt. Er bekam Bauchschmerzen.
     
    Im zweiten Zimmer des Obergeschosses standen viele schwarz gefärbte Kerzen auf dem Boden, zwischen denen ein aufgeschlagenes Buch lag. »Heb es auf!«, herrschte Hilarius seinen jungen Mitbruder an. Er selbst wagte es nicht, den Band in die Hand zu nehmen. Er hatte sofort gesehen, dass es sich um ein Zauberbuch handelte, um ein Buch mit Beschwörungsformeln, deren er bereits so viele dem reinigenden Feuer übergeben hatte. Martin gehorchte, nahm das Buch vom Boden auf und hielt es Hilarius entgegen. Hilarius las mit zusammengekniffenen Augen im ungewissen Schein der flackernden Kerze:
     
    »Audi, Sathanael! Ego indugnus minister Dei, conjuro, posco, vinco et voco te, o spiritus Sathanael! non mea potestate sed per vim, virtutem et potentiam Dei + Patris et per totam redemtionem et salvificationem Dei + Filii … – Blättere weiter.« Martin gehorchte. Hilarius sah, dass er die Blätter nur am äußersten Rand anfasste, als wolle er so wenig Berührung wie möglich mit ihnen haben. »Halt! – … per vim vocati nominis: Primeumaton + et auxilium universi exercitus coelestis et per fortitudinem et vim sacrosanctorum nominum Chet + Agla + Jad + Rabonni + Aglos + Septro ut aperietur portam inferni per vim Antichristi … – Damit die Pforte der Hölle durch die Macht des Antichrist eröffnet werde …«, murmelte Hilarius. Martin sah ihn mit großen Augen an. Er räusperte sich, schaute abwechselnd auf das aufgeschlagene Buch in seiner Hand und auf Hilarius, und dann sagte er: »Meint Ihr nicht auch, ehrwürdiger Meister, dass es besser wäre, wenn wir von hier verschwinden? Der Zauberer ist offensichtlich nicht da; wir können also gar nichts tun.«
     
    »Oh doch, das können wir«, sagte Hilarius mir brüchiger Stimme. Er bückte sich und entzündete drei der schwarzen Kerzen. »Lege dieses abscheuliche Buch in die Flammen!« Martin zögerte. »Na los!« Dann kniete Martin sich so weit wie möglich von den Kerzen entfernt nieder und hielt das Buch mit ausgestreckten Armen in die kleinen, zauderlichen Flammen.
     
    Das Buch fing sofort Feuer. Erschrocken ließ Martin es los. Er wich zurück und sprang auf die Beine.
     
    Eine Stichflamme schoss aus dem Band hervor.
     
    Bildete es sich Hilarius nur ein, oder sah er in der Flammensäule, die fast bis zur Decke reichte, wirklich sich windende Gestalten, die im Höllenfeuer brannten, und ihre Bewacher, die schrecklichen Dämonen mit ihren in Bosheit verzerrten, halbmenschlichen Gesichtern und ihrem unendlichen Hass?
     
    Das Buch brannte lichterloh; es verzehrte sich geradezu in den Flammen. Nach zwei oder drei Minuten erlosch die Feuersäule, und auch die drei schwarzen Kerzen gingen aus. Von dem Buch war nicht einmal mehr Asche übrig.
     
    Hilarius seufzte auf. »Jetzt sollten wir gehen. Mehr können wir wirklich nicht tun. Ich habe kein Weihwasser, um diesen teuflischen Ort zu reinigen.« Martin nickte dankbar.
     
    Als sie wieder unten waren und gerade die Haustür öffnen wollten, hörten sie es.
     
    Zuerst schien es ein unendlich tiefes

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