Der schwarze Ballon
mit sich bringt, ist, daß ich nicht zu einer bestimmten Zeit zur Arbeit muß. Ich bin ein Nachtmensch. Gewöhnlich macht Alex das Büro auf und nimmt Anrufe entgegen, bis ich irgendwann aufkreuze. Ich fragte mich, ob er heute morgen wohl da sein würde. Ich fühlte mich ein bißchen einsam. Die Uhr neben Skips Bett zeigte 11. Ich fragte: »Müßtest du nicht schon auf der Arbeit sein?«
Er sagte: »Ich hab’ mir freigenommen.«
»Und was hast du als Grund angegeben?«
»Ich hab’ gesagt, ich läge mit dir im Bett und müßte noch eine Weile mit dir schmusen. Und daß ich zu Belles Beerdigung gehen müßte. Zieh’ dich an. Wir haben noch drei Stunden.« Er zeigte auf die Anzeige im Mirror.
Die Erwähnung von Belles Namen gab mir einen Stich. Irgendwie konnte ich immer noch nicht glauben, daß sie tot war. Ich sagte: »Muß die Leiche nicht erst von der Polizei untersucht werden?«
»Sie sind fertig. In der Zeitung steht, daß sie keinen Alkohol und keine Drogen in ihrem Blut hatte. Tod durch Erwürgen. Blah, blah, blah. Du weißt das ja schon alles.« Er blätterte um. »In ihrem Testament steht, daß sie jüdisch bestattet werden will. Das bedeutet, Beerdigung am Tag drauf.« Belle Beatrice aus Greenwich war Jüdin. Sie war konvertiert; das ist sehr New-York-gemäß.
Ich sagte: »Testament?«
Er las aus der Zeitung vor. »Das Testament der Verstorbenen wird morgen früh vor den betroffenen Parteien bei Barrister, Gladman & Blonder verlesen.« Er legte die Zeitung nieder. »Bist du auch damit gemeint?« Skip biß in den Apfel und schaute mich an. Er sagte: »Mein Gott, du siehst vielleicht aus.«
Ich überlegte, was Belle an Vermögen hinterlassen haben mochte. Sie war Millionen wert. Es fängt schon damit an, daß ihre Eltern steinreich sind. Sie hatte Schmuck ohne Ende und das Fünf-Millionen-Haus am Central Park. Das Strandhaus in Southampton. Die Anteile an der Zeitschrift und die Einkünfte daraus. Ich hechtete zum Telefon neben dem Bett, nahm den Hörer ab und hackte die Nummer rein. Skip wußte, was ich machte. Er setzte sich neben mich aufs Bett und lehnte sich zu mir rüber. Ich hielt den Hörer ganz dicht an mein Ohr, damit er nicht mithören konnte. Mein Anrufbeantworter meldete sich: »Hier ist Wanda. Hinterlassen Sie bitte Ihren Namen...« Piepton. Eingehängt. Eingehängt. »Wanda, hier ist Santina. Nimm den Hörer ab. Ich hoffe, du und Alex habt miteinander geredet. Vielleicht bist du gerade mit ihm zusammen?« Das war’s.
Ich rief im Büro an, aber Alex ging nicht dran. Der Anrufbeantworter meldete sich: »Sie haben die Nummer der Detektei Do It Right gewählt. Ist Ihr Partner auf Abwegen? Nimmt Ihr Kind Drogen? Müssen Sie’s wissen, um Ihren Seelenfrieden wiederzugewinnen? Dann hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer. Wir rufen zurück. Vielen Dank für Ihren Anruf.«
Piepton. »Hallo, Ms. Mallory. Alan Gladman hier von Barrister, Gladman & Blonder. Ich bin der Anwalt von Belle Beatrice. Ich habe Ihre Nummer in Belles Adreßbuch gefunden. Ich nehme an, Sie werden heute um zwei Uhr bei der Beerdigung im Sleepy Homes Funeral Parlor dabeisein. Bitte richten Sie es ein, daß Sie morgen Punkt neun Uhr bei der Verlesung des Testaments in unserer Kanzlei auf der 57. Straße West zugegen sind. Ich hoffe, es geht Ihnen gut, und Sie haben den Schock einigermaßen verkraftet. Auf Wiederhören.«
Ich sagte: »Mein Gott, ich werd’ vielleicht reich.«
»Diese Beerdigung könnte das gesellschaftliche Ereignis der Saison werden«, sagte Skip.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, sofort raus zu müssen. »Ich muß nach Hause und mich anziehen«, sagte ich. An ein Testament hatte ich überhaupt keinen Gedanken verschwendet. Normalerweise ist dies das erste, woran man denkt, wenn jemand umgebracht wird. Nach der Trauer, versteht sich. Ich fragte mich, ob Belle es mir übelnehmen würde, daß ich an ihr Geld dachte, aber ich wußte, sie würde das gleiche tun. Wenn Belle mir irgendwas beigebracht hatte, dann war es, daß man zuerst an sich dachte. Ich würde sie vermissen.
»Nein, nein. Laß mich dich zum Brunch ausführen«, sagte Skip. Danach können wir zu Agnès B. gehen. Ich kauf dir ein Outfit.« Verlockender Gedanke, aber ich blieb standhaft.
»Geht nicht. Ich muß meine Katze füttern.« Otis hatte seit Dienstagmorgen kein Naßfütter mehr gekriegt. Oder war geknuddelt worden.
»Laß mich mitkommen.«
»Nein, echt. Das ist was Privates.« Ich wollte von ihm weg. Zwischen uns
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