Der schwarze Ballon
Shinola. Shinola ist ein hippes, smartes, ironisches und sehr witziges New Yorker Magazin. Aber sie bringen auch Krimis. Nur so, um es ein bißchen aufzuwürzen.«
Ich sagte: »Ich dachte mir, es wär das Richtige für dich.«
Er sagte: »Nein, warte. Erzähl’ mir später davon. Erzähl’ mir erst mal, was du in den letzten sechs Monaten so gemacht hast.« Er war irgendwie nervös.
»Meinen Schnüfflerjob. Sonst nicht viel.«
»Was geschrieben?«
»Nein, aber das heißt nicht, daß ich es nicht mehr kann.«
»Das hab’ ich nicht gemeint. Ich dachte... ach, vergiß
es.«
»Was hast du gedacht?«
Er zögerte. Mein Herz klopfte. »Das ist schwierig zu sagen. Dich zu sehen, macht es noch schwieriger. Ich hatte vorgehabt, dich heute anzurufen Ich weiß, du wirst es nicht glauben, aber ich hatte es tatsächlich vor.«
Ich sagte: »Ich glaub’s dir. Die kosmischen Sphären drehen sich manchmal wundersam.«
Er sagte: »Laß mich das noch loswerden, bevor ich abhaue. Oh, Gott, das ist vielleicht komisch. Ich hab’ das jetzt schon seit Monaten vor, und jetzt muß ich’s sagen.« Er nahm einen Schluck. »Ich arbeite zur Zeit an einer Story. Und du kommst mir irgendwie ständig beim Schreiben in die Quere. Ich weiß nicht, ob das für dich wichtig ist, aber nach den ganzen Dekonstruktivisten, die ich auf dem College gelesen hab’, bedeutet mir das eine Menge. Ich wünschte, ich hätte eine Wanda-Taste an meinem Computer, damit du lesen könntest, was ich geschrieben hab’ und mir sagen könntest, wie du das findest.« Was für ein Schock. Ich fand’s toll. Skip nippte an seinem Guinness.
Er sagte: »Okay. Ich muß das jetzt irgendwie loswerden, sonst schaff’ ich’s nie. Weißt du, ich schlaf’ in letzter Zeit schlecht. Schlaflosigkeit. Und dann bleib’ ich auf und schreib’. Und dann denk’ ich an dich. Auf eine Art, und auf eine andere Art. Auf zwei Arten. Das Schreiben ist die zweite. Die erste ist ziemlich hemmungslos. Hoffentlich bist du jetzt nicht beleidigt.« Aber nicht die Spur. Je hemmungsloser, desto besser. Ich schüttelte den Kopf. Skip fuhr mit dem Finger über den Rand seines Glases.
Er sagte: »Das ist gut. Weißt du, das Wochenende, das wir letzten Herbst miteinander verbracht haben, hat mir viel bedeutet. Ich hab’ einfach irgendwie das Gefühl, daß es Schicksal ist, daß du mich heute angerufen hast. Ich glaube, das hat was zu bedeuten. Was meinst du? Nein, antworte noch nicht. Mein Gott, ich hab’ dich ja überhaupt noch nicht zu Wort kommen lassen.«
Ich sagte: »Red’ weiter.« Ich war skeptisch, aber es konnte nicht schaden, ihn zu Ende reden zu lassen.
Er sagte: »Ich weiß, wir haben sechs Monate kein Wort mehr miteinander geredet, aber das war bloß, weil ich dachte, du wolltest nichts mehr von mir wissen. Du warst immer so cool am Telefon.«
Ich erwiderte: »Weil ich keine Lust hatte, mir noch mal von dir wehtun zu lassen.«
Er sagte: »Du warst verletzt? Das wußte ich nicht. Du warst immer so kalt, daß ich dachte, du würdest mich hassen.«
Na klar, und ob ich ihn haßte. Aber ein männliches Ego konnte das nicht verstehen. Er fuhr fort: »Ich hab schon drei Glas intus. Ich will, daß du das weißt. Ich hätte das alles auch gesagt, wenn ich nichts getrunken hätte. Ich will, daß du das auch weißt. Aber ich bin betrunken genug, um dir zu sagen, daß du so schön aussiehst, daß es wehtut. Ich will heute nacht mit dir schlafen. Stell’ dir vor, wie schön das sein wird, wenn wir zusammen aufwachen und zusammen frühstücken.«
Ich murmelte: »Laß uns hier abhauen.« Ein Bild erschien mir: seine Hände, die sich auf meine Schenkel legen.
Er sah geschockt aus. Er sagte: »Meinst du das wirklich? Wo willst du hin?«
»Zu dir.« Er wohnt um die Ecke.
Wir gingen raus und gaben der Kellnerin einen Zwanziger.
Sie lächelte Skip an. Wie lange war es nun schon her bei mir? Vier Monate? Fünf? Ich konnte mich nicht erinnern. Der letzte Lover, den ich gehabt hatte, war ein Exfreund aus Collegezeiten. Er kam für ein Wochenende rein (sozusagen). Es war unerwartet, amüsant und nicht weiter erzählenswert.
Wenn Skip in dieser Nacht allzu »Peace, Love & Flowers« schien, dann entschuldigte ich ihn. Er hatte gerade jede Menge Seele vor mir ausgebreitet, echt oder nicht. Ich konnte ihn darauf festnageln, falls er gelogen hatte. Und niemand, nicht einmal der Typ, den ich sechs Monate vorher am liebsten am Marterpfahl gesehen hätte, könnte über seine Schreiberei und
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