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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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flachlegen läßt.«
    Ich hob wieder die Hand, aber er hielt mich am Handgelenk fest. Er blickte mir in die Augen und sagte: »Ich hab’ den Versuch aufgegeben, herauszukriegen, was du von Männern willst. Ich glaube, meistens willst du überhaupt nichts. Aber wenn du dann wieder voll auf so einen Mistkerl wie Skip abfährst, bin ich überzeugt, daß du Masochistin bist. Was ist eigentlich so geil an ihm?«
    Es hatte vielleicht was mit multiplem Orgasmus zu tun, dachte ich. Ich sagte: »Wenn das nicht die Sumpfratte ist, die den Kessel schleimig nennt.«
    »Sagen wir einfach, ich bin wählerischer als du.« Er ließ mein Handgelenk los, und ich richtete mich auf meinem Hocker auf.
    »Ich kann sehen, wie stolz du auf diese Freundin bist, die noch nie einer zu Gesicht gekriegt hat.«
    »Was für eine Freundin?« fragte er.
    »Die, mit der du deine ganzen Nächte verbringst.«
    »Ich verbringe alle meine Nächte in der Dunkelkammer bei Chelsea Developers.«
    Ich sagte: »Ist auch egal.« Dunkelkammer — ein schöner Euphemismus.
    Er schaute weg und sagte: »Es tut mir leid. Ich halte mich in Zukunft aus deinem Privatleben raus.«
    Ich sagte: »Gleichfalls.« Ich saugte meine Cola Light durch den Strohhalm und schaute zu, wie sie zurückgurgelte und dann nach oben sprudelte. Ich fragte: »Tut deine Backe weh?«
    »Ja.«
    »Gut.« Wir blieben bis halb zehn bei Stephanopoulos. Wir aßen zu Abend. Alex bestellte sich eine Putenkeule auf Toast ohne Mayo. Ich aß ein Thunfischvollkornsandwich mit Krautsalat.

    Das zwischen Alex und mir ist nicht die vollkommene Freundschaft. In diesem Geschäft gibt es keine perfekten Beziehungen. Es hat was damit zu tun, daß man weiß, daß man niemandem trauen kann. Die Geschichte unseres ersten gemeinsamen Falles könnte vielleicht helfen, es zu erklären. Als ich damals bei Binkerton anfing, gehörte der Laden einem alten Mann namens Benzi Lewis. In seiner Sturm-und-Drang-Zeit hatte er beim Morddezernat der New York City Police gearbeitet. Er war außerdem Alex’ Onkel. Alex arbeitete zu der Zeit nicht bei Binkerton; er machte Modefotos für Frauenzeitschriften. Benzi war so nett, mich als Mädchen für alles einzustellen, gleich nachdem ich beim Midnight aufgehört hatte. Er war ein liebenswerter Mann mit einem struppigen weißen Bart — so gar nicht der Typ von Mann, den man hinter einem Kriminalpolizisten vermuten würde, der in seinen dreißig Dienstjahren zwei Dutzend Männer umgelegt hatte. Eher der Typ, den man sich mit einem Papagei auf der Schulter vorstellen könnte.
    Ich tippte, erledigte Anrufe, besorgte Benzis Lunch und machte Hintergrundrecherchen in der Bibliothek. Benzi sagte immer, ich wäre clever genug, um Detektivin zu werden. Und dann ließ er mich eines Tages Sukie Wilshire beschatten. Ihr Pitbullterrier von einem Mann hatte sie in Verdacht, daß sie fremdging. Als Benzi den Vertrag machte, bestand Sebastian Wilshire darauf, daß wir Fotos von seiner Frau beschafften, wie sie mit ihrem Lover im Bett lag. Alles andere interessierte ihn nicht. Benzi schlug vor, daß sein Neffe, der Modefotograf Alex Beaudine, die Dame in eindeutiger Position ablichtete, aber Wilshire bestand darauf, daß wir Charles Leggy nahmen, den Mann, der die Fotos bei der Hochzeit seiner Tochter gemacht hatte. Offenbar waren die Fotos spitzenmäßig gewesen.
    Leggy entpuppte sich als Brite und entsprechend aufgeblasen. Er kreuzte mit einer gigantischen Ledermappe voll mit Hochzeitsfotos bei Binkerton auf. Ich sagte ihm, wir müßten rund um die Uhr einer Ehefrau auf Fremdgang nachsteigen. Ich veranschlagte ein Honorar, und er klappte sofort seine Mappe zu und marschierte zur Tür.
    Ich rannte hinter ihm her und hielt ihn fest. »Mr. Wilshire hat darauf bestanden, daß wir Sie nehmen. Sie haben ein paar Hochzeitsfotos für ihn gemacht?«
    »Sie meinen, Mr. Sebastian Wilshire, der Kleiderbügelkönig?«
    »Derselbe.«
    Leggy sagte: »Okay, Madam. Wann fangen wir an?«
    Während der nächsten zwei Wochen klebten Leggy und ich wie Klopapier an Sukie Wilshires Hacken. Es war mein erster Fall, und ich war fest entschlossen, ihn erfolgreich abzuschließen. Wir beobachteten sie beim Einkaufen auf dem Markt, beim Einkaufen auf der Fifth Avenue, beim Kaffeekränzchen mit ihrer Frauengruppe. Wir guckten uns mindestens zwanzig Filme mit ihr an (auf Spesen). Der schlimmste Teil an dem Fall war ohne Frage die Zeit, die ich mit Leggy und seiner stinkenden Pfeife verbrachte. Auch ging mir Mr. Wilshire von

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