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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Ich weiß nicht, wie gut BG & B dabei wegkommen würde, wenn in besagten Publikationen ein paar wohlplazierte Leitartikel erscheinen würden, aber ich bin sicher, daß in diesem Gebäude eine ganze Menge Anwälte herumrennen, die nach sorgfältiger Prüfung aller Fakten durchaus zu dem Schluß kommen könnten, daß es juristisch vertretbar wäre, uns einen Tag mehr zu geben. Der Mord geschah am Montag, die Testamentsverlesung war am Donnerstag. Wie wäre es, wenn wir uns auf, sagen wir, Dienstag um Mitternacht verständigen würden? Klingt das für alle akzeptabel?«
    Gladman sah ihn finster an. Ich sagte: »Ich könnte eigentlich Pete Hamill von der Post mal fragen, ob er für morgen zum Lunch schon was vorhat. Er war ein enger Freund von Belle. Darf ich Ihr Telefon benutzen?«
    Gladman sagte: »Würden Sie mich für einen Moment entschuldigen?« Wir nickten, und er rannte aus dem Büro. Ich stand auf und öffnete die versteckte Tür in der holzgetäfelten Rückwand — die Tür, durch die Martha nach der Testamentsverlesung reingekommen war. Sie war nicht da. Ich wandte mich zu Alex um. Er blätterte gerade Gladmans Rolodex durch.
    »Sie ist nicht hier.«
    »Willst du dich nicht bei mir bedanken?« fragte Alex.
    »Laß uns erst mal abwarten, was Gladman sagt, wenn er zurückkommt.« Ich kannte Pete Hamill eigentlich gar nicht, oder sonst jemanden in der Zeitungsszene, der einer Kanzlei mit dem Renommee von BG & B irgendeinen Schaden hätte zufügen können.
    Alex sagte: »Wie heißt Martha eigentlich mit Nachnamen?«
    Ich zuckte die Achseln. Ich ging in ihr Büro und durchstöberte ihren Schreibtisch. In der untersten Schublade war eine Mappe mit der Aufschrift »Persönlich«. Sie enthielt ihre Krankenversicherungsscheine und ihre Gehaltsstreifen. Ich zog einen der Streifen heraus und kehrte zu meinem französischen Provinzstilstuhl zurück, Sekunden bevor Gladman durch die Bürotür zurückkam. Er setzte sich mit resignierter Miene hinter seinen Schreibtisch.
    Gladman sagte: »Also, nächsten Dienstag um Mitternacht ist Deadline. Deadline — ist das nicht ein schreckliches Wort, zumal in diesem Zusammenhang?« Gladman lachte und wackelte mit dem Kopf. Er hielt abrupt inne und klatschte in die Hände. »Wenn das alles ist, dann muß ich mich jetzt wirklich entschuldigen. Ich habe eine Verabredung zum Dinner.«
    Ich sagte: »Mr. Gladman, könnte ich wohl einen Moment mit Martha sprechen?«
    Er sagte: »Warum in aller Welt sollten Sie mit meiner Sekretärin sprechen wollen?«
    Ich sagte: »Es klingt vielleicht albern, Mr. Gladman, aber ich fand die Schuhe so toll, die sie bei der Testamentsverlesung anhatte. Ich wollte sie fragen, wo sie sie her hat.« (Ich hatte mir ihre Schuhe tatsächlich angeschaut; es waren schwarzrote Susan-Bennis/Warren-Edwards.)
    »Sie hat sich heute morgen krank gemeldet. Probleme mit den Nebenhöhlen.«
    »Verstehe. Würden Sie ihr wohl ausrichten, sie möchte mich anrufen, sobald Sie von ihr hören?«
    »Ja, ja. Jetzt muß ich aber weg.«
    Er bugsierte uns zu der größeren Tür seines Büros, die hinaus auf den Flur führte. Er schloß sie ab und geleitete uns durch die Glastür am Empfang. Er wies Emily, die Empfangssekretärin, an, alle Anrufe entgegenzunehmen. Wir verließen das BG & B-Gebäude zusammen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß ich ziemlich sauer darüber war, anderthalb Tage verloren zu haben. Auf der Straße zeigte ich Alex den Gehaltsabschnitt. Ihr voller Name stand darauf — Martha Schreckenspiel. Wir mußten fünf Blocks laufen, bis wir ein funktionierendes Telefon fanden. Wir riefen die Auskunft an. Martha wohnte in der 31. Straße Ost Nummer 123. Ich war nicht überrascht. Johann wohnte im selben Haus. Wir machten uns nicht die Mühe, sie anzurufen. Wenn sie zu Hause war, würde sie wahrscheinlich nicht ans Telefon gehen. Außerdem hatte sie gesagt, ich wüßte schon, wo ich sie finden würde. Wir sprangen in ein Taxi und fuhren zu ihrem Haus. In der Midtown herrschte wie üblich dichter Verkehr. Taxikosten waren bisher mein größter Ausgabenposten gewesen. Ich hatte alle Quittungen für die Steuer aufbewahrt. Kurz vor fünf kamen wir endlich an. Das Haus, in dem Martha und Johann wohnten, war Art deco mit einer geometrischen Glas-und-Eisen-Fassade. Insgesamt ungefähr zwanzig Apartments. Wir gingen die Klingelschilder durch. Johann und Martha wohnten auf der gleichen Etage. So hatten sie sich also vermutlich kennengelernt. Wir klingelten bei ihr. Apartment

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