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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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so gegen neun gewesen sein, als ich endlich wegkam. Es war draußen schon dunkel, aber ich machte mir deswegen keine Gedanken. Es sind nur etwas mehr als zwanzig Blocks bis zu mir nach Hause, und ich war bis dahin noch nie in irgendwelche brenzligen Situationen geraten. An der Ecke 31./Park Avenue, gleich hier vorn an der Ecke, glaubte ich, einen Mann in einem Hauseingang stehen zu sehen. Ich ging einen Schritt schneller. Als ich in die 31. bog, war er plötzlich hinter mir. Er packte mich von hinten und legte die Hände um meinen Hals. Ich kriegte keine Luft mehr, und mein Leben lief wie im Zeitraffer vor meinen Augen ab. Ich weiß, das klingt irgendwie blöde, aber es war wirklich so.« Sie riß die Augen weit auf, um das Ganze szenisch zu untermalen. Wieder das dramatische Schaudern. Johann ging zu ihr rüber und setzte sich zu ihr auf die Couch. Er legte den Arm um sie. Ich fragte mich, ob sie diese Szene vorher choreografisch einstudiert hatten. Er sagte: »Gott sei Dank stand ich gerade draußen auf unserer Feuertreppe, um eine zu rauchen. Ich rannte nach unten und die Straße rauf. Der Kerl sah mich kommen und haute ab. Ich weiß, ich hätte ihm hinterherrennen sollen, aber ich mußte Martha helfen. Sie lag auf dem Bürgersteig und rang nach Atem.« Sie schauten sich an und umarmten sich. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh wir sind, daß ich nicht mit dem Rauchen aufgehört habe«, fügte er hinzu.
    Ich sagte: »Dann habt ihr sicher auch nichts dagegen, wenn ich mir eine anstecke.« Ich hatte die Zigarette bereits im Mund stecken. Ich riß ein Streichholz an, inhalierte und exhalierte. »Beschreibung von dem Typ?«
    Martha sagte: »Er fiel von hinten über mich her.«
    »Sagtest du nicht, du hättest ihn schon vorher in einem Hauseingang lauern sehen?«
    »Es war zu dunkel. Das einzige, was mir auffiel, war, daß er einen Hut trug. Einen großen Hut mit breiter Krempe.«
    »Johann? Beschreibung?« fragte ich.
    Er sagte: »Ich habe nur den Kampf gesehen. Als ich bei Martha ankam, hatte er sich schon aus dem Staub gemacht. An einen Hut erinnere ich mich jedoch auch.« Sie nickten unisono.
    »Habt ihr den Überfall der Polizei gemeldet?«
    »Nein«, sagte Martha. »Wir hielten es für besser, statt desssen dich anzurufen.«
    »Wieso?«
    »Weil wir glauben, daß es derselbe Typ war, der Belle erwürgt hat. Wir wollten dir bei deinen Ermittlungen helfen.«
    Und helfen, Johann vom Verdacht zu befreien. Ich sagte: »Warum habt ihr dann so lange mit eurem Anruf bei mir gewartet?«
    Johann sagte: »Das lag an mir. Mir gefiel die Idee, dich anzurufen, zuerst nicht. Um eins klarzustellen: Martha wollte sofort bei dir anrufen, nachdem es passiert war.«
    Ein Gedanke ging mir durch den Kopf. »Warum hast du eigentlich keinen schwedischen Akzent?« fragte ich. »Und warum sagst du dauernd >um eins klarzustellen    »Meine Eltern haben mich in Stockholm auf eine amerikanische Schule geschickt. Und die Redensart«, er lächelte, »hab’ ich von Belle aufgeschnappt.«
    Ich zog an meiner Zigarette und grübelte über Johanns Beziehung zu Belle nach. Konnte er sie getötet haben? Alle schienen darauf zu warten, daß ich irgendwas sagte. Ich sagte: »Aschenbecher?«
    Martha sagte: »Johann, ist da nicht einer in der Spüle in der Küche?«
    Er stand auf, um ihn zu holen. Alex bedeutete ihm, sich wieder zu setzen, und sagte, er brauche sich nicht zu bemühen. Er fragte Martha, ob es okay wäre, wenn er sich ein Glas Wasser holen würde; sie sagte: »Klar.«
    »Bist du ein starker Raucher, Johann?« fragte ich.
    »Manchmal.«
    »Komisch, daß du dann keinen Aschenbecher auf dem Kaffeetisch stehen hast.«
    Er sagte: »Martha kann den Qualm nicht vertragen, deshalb gehe ich normalerweise zum Rauchen auf die Feuertreppe. Sag’ mal, was soll das? Ich brauche doch wohl vor dir meine Rauchgewohnheiten nicht zu rechtfertigen.«
    Ich sagte: »Nein, das brauchst du nicht.« Alex kam mit einem schmutzigen Aschenbecher und einem großen Glas Wasser zurück.
    Er lehnte sich zu mir herüber und sagte mir leise ins Ohr: »Kann ich mal in der Küche mit dir sprechen?« Ich guckte ihn an, sauer darüber, daß er mich bei meiner Befragung unterbrach, aber sein Blick versprach einiges. Ich fragte Martha, ob ich mal einen Moment mit meinem Partner im anderen Zimmer beraten könnte. Sie sagte: »Klar.«
    Alex führte mich geradewegs zum Kühlschrank. Er machte die Tür auf und zeigte auf die gut zwanzig Tupperware-Behälter, die mit einer

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