Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
Mord nicht vielleicht auch als eine Art von Schlußmachen verstehen?«
    »Ich brauche mich vor dir nicht zu rechtfertigen«
    »Du wirst dich vor einigen Leuten noch wegen einer ganzen Menge von Dingen rechtfertigen müssen, Johann. Oder, um es im Klartext auszudrücken, du steckst bis zum Hals in der Scheiße. Warum sind diese Gedichte in deiner Wohnung und nicht in der von Martha? Ich denke, sie hat sie zugeschickt gekriegt.«
    Martha sagte: »Ich bin die meiste Zeit hier.«
    Alex beugte sich in seinem Stuhl vor. »Und nur mal so aus reiner Neugier: wieso haben Sie eigentlich zwanzig Tupperdosen mit Samenflüssigkeit in Ihrem Kühlschrank?«
    Martha dachte hastig nach. Man konnte regelrecht hören, wie die Rädchen in ihrem Kopf schnurrten. Sie sagte: »Ich benutze sie als Gesichtscreme. Sie ist sehr reich an Protein, müssen Sie wissen. Man kriegt eine ganz reine Haut davon.« Sie lächelte zufrieden — gut gemacht, Martha. Ich hatte im Cosmopolitan gelesen, daß manche Frauen in Schweden das machen. Vielleicht hatte ihr Johann davon erzählt. Sie wandte sich zu mir und sagte: »Du solltest es unbedingt mal ausprobieren.«
    »Ich werd’s mir überlegen«, sagte ich. »Gab es irgendwelche Zeugen für den Überfall?«
    Johann sagte: »Es war niemand in der Nähe. Und du weißt ja, daß die New Yorker sowieso nie was gesehen haben wollen.«
    Ich stand auf und steckte den Block und den Stift wieder in meine Handtasche. Ich sagte: »Ich bin müde. Ich will nach Hause und Zigarettenschachtel-Hockey mit meiner Katze spielen. Wir hören voneinander.«
    Alex sagte: »Noch eine letzte Frage — wo waren Sie am Abend des Mords zwischen zehn Uhr und Mitternacht?« Er zwinkerte mir zu. Er hatte das schon die ganze Zeit sagen wollen.
    Johann antwortete für beide. »Wir waren zusammen hier. Leider keine Anrufer oder Besucher.«
    Alex und ich gingen zur Tür und winkten zum Abschied.
    Sobald wir draußen waren, sagte Alex: »Vielleicht sagen sie die Wahrheit.« Wir warfen einen Blick auf die Feuertreppe und stellten fest, daß sie tatsächlich auf die 31. Straße hinausging und daß die Laterne wirklich kaputt war. Zumindest das stimmte also. Ich sagte zu Alex: »Wir sollten vielleicht noch einmal unseren Freund Cosmos besuchen und ihn fragen, ob er was von dem angeblichen Überfall Donnerstag abend mitgekriegt hat.«
    Als wir reinkamen, empfing uns wieder der vertraute angenehm-unangenehme Geruch von Fett und Qualm. An der Theke waren nur zwei Kunden. Alex sagte, er müsse mal telefonieren. Bestimmt mit seiner Freundin, dachte ich. Ich ging zur Theke.
    Cosmos erkannte mich nicht sofort wieder. Ich saß praktisch schon auf seinem Schoß, als er sagte: »Du kommst nun mit mir tanzen gehen!«
    Ich sagte: »Nein, Cosmos. Ich möchte dir ein paar Fragen stellen. Hast du gestern abend um neun gearbeitet?«
    Er sagte: »Ich hab’ in einer halben Stunde frei. Du setz’ dich hin. Einen Kaffee trinken. Wir kriegen viel Spaß. Was willst du essen? Selbstgemachte Pastete?«
    »Ist dir irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen? Ein Überfall vielleicht?«
    »Ja, da war was. Ich erinner’ mich nicht. Okay? Du setz’ dich hin.«
    »Nun komm schon, Cosmos. Gestern abend. Direkt an der Ecke.« Aber er war zum anderen Ende der Theke gegangen, um Kaffee für mich zu holen. Ich blieb stehen. Er stellte die Tasse vor mich hin. Er lächelte. Er schob seine Zunge unter den abgebrochenen Zahn.
    Er sagte: »Du setz’ dich hin. Halbe Stunde, dann gehen wir tanzen.«
    Ich sagte: »Jetzt hör’ mir mal zu, Cosmos. Ich will nicht mit dir tanzen gehen. Ich will nur ein paar Auskünfte. Jetzt erzähl’ mir schon, was du gesehen hast.«
    Cosmos langte über die Theke und strich mit dem Finger über eine meiner roten Locken. Er sagte: »Du bist natürliche Frau. Guck’ dir die Haare auf deinen Armen an. Natürliche Frau. Ich mag dich. Du bist sehr hübsch.« Ich schob seine Hand weg; dabei zog er mir unbeabsichtigt an den Haaren. Er sagte: »Entschuldigung, Lady. Wir heben Berühren für später auf. Erst wir gehen tanzen. Jetzt nur schon mal bißchen probieren, okay?« Er küßte mir die Hand.
    Es reichte mir jetzt. Ich holte Mama raus. Ich stellte mich breitbeinig vor ihn hin, hielt die Knarre mit beiden Händen und zielte auf Cosmos’ Gesicht. Eine Frau an der Theke kreischte auf, und der andere Gast fiel vor Schreck auf den Boden. Cosmos erstarrte. Ich sagte: »Erzähl’ mir jetzt, was du gesehen hast, oder du gehst nie wieder tanzen.«
    Er starrte

Weitere Kostenlose Bücher