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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
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verliere ich dadurch einen ganzen Tag Zeit.«
    »Du hast doch eine Pistole, nicht?«
    »Ja.«
    »Und du kannst auch damit umgehen?«
    Ich nahm Mama aus meiner Handtasche — der Perlmuttgriff schimmerte in fluoreszierenden Licht der Neonlampe. Ich entsicherte sie, zielte und drückte ab. Ich traf mein Ziel, und der Tamponautomat an der Wand spuckte scheppernd seinen Inhalt aus. Ich blies theatralisch in den Lauf und steckte Mama zurück in meine Handtasche. Ich sagte: »Und ob ich damit umgehen kann.«
    Sie schaute mir direkt in die Augen und sagte. »Du bist ernsthaft gestört.«
    »Ich laß niemals eine dramatische Gelegenheit aus.«
    »Dies muß ein böser Traum sein«, sagte sie düster. »Beschütz’ mich, und es soll dein Schaden nicht sein.«
    Bingo. Genau das wollte ich hören. »Okay, Cheryl«, sagte ich. »Ich hab’ noch ein paar Dinge zu erledigen. Verlaß für den Rest des Tages auf keinen Fall mehr das Büro. Ich bin um sechs wieder zurück.«
    »Aber ich muß gleich bei einem ASME-Lunch sprechen.« (Das ist der amerikanische Zeitschriftenverlegerverband.)
    Ich sagte: »Wenn du den Lunch heil überstehst, sehen wir uns um sechs Uhr wieder.« Sie sagte, sie würde es absagen. Ich hob ein paar von den Tampons vom Boden auf, steckte sie ein und ging.
    Ich fand Alex in Herbs Büro. Herb erkundigte sich nach dem Stand der Ermittlung, aber ich wollte ihm nicht zu viel sagen. Er fragte, ob Cheryl wieder okay sei. Ich sagte, ja. Herb spielte mit der Gurkenplastik auf seinem Schreibtisch. Ich fragte ihn, ob er sie wirklich von einer Leserin geschickt gekriegt hätte, oder ob sie ein Geschenk von Larry sei.
    Herb lachte und gestand: »Belle hat sie mir zum Valentinstag geschenkt.«
    Wir verabschiedeten uns von ihm. Auf dem Weg nach draußen blieben wir kurz bei Yolanda stehen und plauderten einen Moment mit ihr. Sie sagte, Stan hätte das Paket raufgebracht, wie schon beim ersten Mal. Wir gingen raus zum Aufzug.
    Als wir auf den Aufzug warteten, kam Ginger Jones vorbei, wie immer in eine Wolke von Lilienduft gehüllt. Sie sah wie immer heiß aus. Sie trug einen braun-gelben Strickpullover, der hervorragend zu ihrem langen karamelfarbenen Haar paßte. Sie lächelte mich an und sagte: »Hallo, Wanda.«
    »Hallo, Ginger.«
    Sie streckte aufreizend die Hüfte vor. Alex machte Kulleraugen. »Ich höre, du machst eine Story über Belle für Skip Giddy vom Shinola«, sagte sie.
    In keiner Szene wird soviel getratscht wie in der Zeitschriftenverlagszene. Ich sagte: »Stimmt. Ich arbeite daran.«
    »Skip soll ja ein sehr aufmerksamer Redakteur sein, wie ich hörte.« An ihrem Lächeln konnte ich sehen, daß das nicht alles war, was sie gehört hatte.
    Ich sagte: »Er ist okay.« Alex schnitt eine Grimasse.
    »Wie ich hörte, soll er noch mehr als okay sein«, sagte sie mit einem wollüstigen Lächeln.
    Endlich kam der Aufzug, und Alex und ich stiegen hinein. Ich sagte: »Du bist doch so eine gute Reporterin, Ginger. Warum findest du’s nicht einfach selbst raus?«
    Als die Türen zugingen, hört ich, wie sie sagte: »Vielleicht tu’ ich das auch.«
    Stan lehnte am Botentisch in der Lobby. Seine weiße Uniform brauchte dringend mal wieder eine Reinigung. Er richtete sich auf, als er uns kommen sah. Ich sagte: »Hallo, Stan.«
    Er sagte: »Mallory, richtig? Ich erinnere mich an dich von letzter Woche.«
    »Du hast heute wieder ein Paket zum Midnight raufgebracht. Gleiche Größe und Verpackung wie letzte Woche. Erinnerst du dich diesmal, wie der Bote ausgesehen hat, der es gebracht hat?«
    Er kratzte sich am Kopf und sagte: »Es war wieder dasselbe wie letzte Woche. Ich war auf der Toilette. Als sich zurückkam, sah ich das Ding auf meinem Tisch stehen. Genau hier.«
    »Genau hier?«
    »Genau so. Und ich hab’s sofort zu Yolanda raufgebracht, weil ich keinen Zettel dafür gekriegt hatte. Ich wollte sichergehen, daß Cheryl es sofort kriegt.«
    »Du hast also bemerkt, daß es an Cheryl adressiert war?«
    »Ich hab’ schließlich Augen im Kopf. Der Name war ja nicht zu übersehen.«
    Ich sagte: »Natürlich. Aber eins find’ ich komisch, Stan. Als ich letzte Woche hier war, hab’ ich dich da nicht gebeten, mich sofort anzurufen, wenn dir noch irgendwas einfallen würde oder wenn so was Ähnliches noch mal passieren sollte?«
    »Das hast du wohl«, sagte er. »Aber ich hab’s vergessen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was hier los ist, seit Cheryl den Laden übernommen hat... die ganzen Blumenlieferungen und alles.
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