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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
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Und das hab’ ich erst kapiert, als es zu spät war. Ich habe mich so beschissen dir gegenüber verhalten — ich habe dich sowieso nicht verdient.«
    »Wanda, sprich nicht so von dir.«
    »Alex, ich muß endlich damit anfangen, ehrlich zu mir selbst zu sein. Ich komme mir einfach schlecht vor, wenn ich daran denke, wie egoistisch ich gewesen bin. Bitte versuch’ jetzt nicht, das irgendwie abzuschwächen. Das ist lieb von dir, aber es bringt mir im Endeffekt nichts. Ich kann nur hoffen, daß du mir verzeihen kannst. Weil, wenn du das nicht tust, weiß ich echt nicht, was ich machen soll.« Dann würden die Tränen fließen.
    »Natürlich vergebe ich dir. Ich liebe dich doch«, würde Alex dann sagen.
    »Du bist viel zu gut für mich.«
    »Nichts ist zu gut für dich.« Dann würden wir uns küssen, und zwar richtig auf den Mund, nichts mit platonisch oder so. Alles würde wieder okay sein, und wir würden weitermachen können mit unserer Suche nach dem Killer.
    Alex hatte andere Pläne. Genau wie ich es vorausgesehen hatte, saß er auf dem Klientensessel, als ich reinkam. Ich sagte: »Alex, als allererstes möchte ich mich bei dir entschuldigen.«
    Er sagte: »Spar’ dir das. Du hast mit meinen Gefühlen gespielt und mein Vertrauen mißbraucht. So schlicht und einfach ist das. Aber wir haben einen Mord aufzuklären, und es hängt eine Menge Geld für uns beide drin. Ich nehme doch an, daß du vorhast, Belles halbe Million mit mir als deinem Partner zu teilen?« Hatte ich richtig gehört?
    Ich fing noch einmal an: »Alex, als erstes möchte ich mich bei dir entschuldigen.«
    »Ich weiß, was du vorhast, Mallory. Du hast dir eine schöne, wohlklingende Rede zurechtgebastelt und erwartest von mir, daß ich sie mir anhöre und dann vor Rührung zerfließe. Genau so, wie du es bei Belle vorhattest, an dem Tag, als sie starb, genau so, wie du es in jeder emotional heiklen Situation in deinem Leben machst. Ich werde dein Spielchen nicht mitspielen und mich von dir einsülzen lassen. Und ich habe schon gar keine Lust darauf, eine heuchlerische Entschuldigung anzunehmen. Also vergiß deine Rede. Ich will kein Wort davon hören. Weil du nicht ein Wort davon ehrlich meinst.«
    Die schreckliche Wahrheit war, daß ich wirklich das meiste so meinte. Ich rang nach Worten. Das Telefon rettete mich; ich ging hinüber und nahm den Hörer ab. Es war der obszöne Anrufer. Er sagte: »Ich beobachte dich.« Ich knallte den Hörer auf die Gabel und erstarrte.
    »Wer war es?« fragte Alex.
    »Mal wieder die >arme Sau<, die gestern zufällig zweimal aufs Geratewohl meine Nummer gewählt hat«, sagte ich. Bevor er etwas erwidern konnte, klingelte das Telefon erneut.
    Alex nahm den Hörer ab und sagte: »Hör mal zu, du Arschloch!«
    Ich betrachtete ihn. Er sah an diesem Montagmorgen besonders gut aus. Er hatte irgendwas mit seinen Haaren gemacht. Es war — ich weiß nicht — irgendwie glänzender als sonst.
    Er sagte ins Telefon: »Entschuldige, Herb. Ich dachte, es wär’ jemand anders... Okay. Wir kommen sofort rüber.« Er legte den Hörer auf und sagte: »Wichsballon Nummer zwei beim Midnight.«
    »Für wen?«
    »Cheryl.«
    »Gehen wir.«
    Wir gingen zum Midnight und fuhren direkt rauf zum neunten Stock. Yolanda brummte mir ein kurzes Hallo zu und ließ uns durch die Glastür. Herb erwartete uns schon. Er sagte: »Schön, daß ihr da seid. Ihr zwei habt gestern abend eine tolle Fête verpaßt. Cheryl ist auf der Damentoilette. Vielleicht kannst du ihr ein bißchen helfen, Wanda.«
    Ich sagte: »Ich und Cheryl helfen? Das wird ihr aber gefallen.« Ich ging den altvertrauten dunkelrosa Flur hinunter zum Klo. Cheryl stand in ihrem Rock und ihrem drahtverstrebten Altjungfern-BH vor dem Waschbecken und spülte ihren Donna-Karan-Sweater unter dem Wasserhahn aus. Ich setzte mich auf das Waschbecken daneben und sagte: »Ich hab’ einen Kater, und ich hab’ einen harten Morgen hinter mir. Ich habe weder den Nerv noch die Energie, mit dir rumzuzanken. Erzähl’ mir bloß, was passiert ist.« Ich kramte eine Zigarette aus meiner Handtasche, steckte sie an und warf die Handtasche in das übernächste Waschbecken.
    Sie war fix und fertig. Haarbüschel ragten aus ihrem straffgezurrten Dutt wie Borsten aus einer alten Klobürste. Sie schaute nicht auf. »Hier ist Rauchen verboten«, sagte sie und zeigte auf das Schild.
    »Du wirst es überleben.« Ich nahm einen Zug.
    Sie tunkte ihren Sweater in das Waschbecken und sagte: »Schau, Wanda. Du
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