Der schwarze Dom
von Davey gehegt, so zerstreute Davey diese jetzt mit einer blitzartigen Bewegung. Vornübergekrümmt landete Carl auf dem Boden, fluchte und übergab sich. Davey hatte das Gewehr umgedreht und ihm den Kolben ins Zwerchfell gerammt. Einen derartigen Schmerz hatte Carl in seinem ganzen Leben noch nicht verspürt. Herz und Lunge schienen zu platzen. Davey tippte ihm mit dem Gewehrlauf seitlich an den Kopf.
»Keine Sorge«, sagte er. »Wir werden dich für deine Mühe entlohnen.«
Sie ließen ihn am Ende der Schlucht in einer Wand aus getrocknetem Schlamm graben, die so hart wie Stein war.
Alles, was er zum Arbeiten hatte, war das Drehkreuz aus Stahl, das er sonst zum Reifenwechsel benutzte. Tom stand bewegungslos hinter ihm, die Arme vor der Brust seines verdreckten Hemds verschränkt, während Davey patrouillierte und dabei gelegentlich eine Ladung auf einen Felsen ballerte, der ihm gefiel. Wo Cessy war, wußte Carl nicht. Sie hatte etwas davon gesagt, hungrig zu sein, und war in die Büsche verschwunden. Als Davey ihn zusammengeschlagen hatte, war ihr kein Wort über die Lippen gekommen. Dieses Miststück.
»Mir fällt nicht ein, wie ich dich verletzt haben sollte«, sagte er zu Tom, als Davey außer Hörweite war.
»Na klar«, gab Tom zurück.
»Du spinnst, wenn du glaubst, diese Leute hier machen dich nicht auch fertig, wenn sie’s mit mir hinter sich haben.«
»Halt’s Maul.«
»Tue ich nicht. Ich will reden«, sagte Carl. Er benutzte das Metallkreuz als Hebel und beförderte einen Dreckklotz hervor. Er war überrascht, als er feststellte, daß der fehlende Klumpen ein kleines Loch in der Wand freigab. Er spähte hinein, konnte aber nichts erkennen. »Ist das Valta?«
»Weiß ich nicht.«
»Du läßt einen Freund im Stich für etwas, von dem du keine Ahnung hast?«
»Schnauze.«
»Also gut. Wie du meinst, Tom.«
»Wir sind keine Freunde.«
Carl wandte sich ab.
Der Dreiviertelmond war nun aufgegangen und hing rechts über Toms Kopf. Carl wog das Drehkreuz prüfend in der Hand. Davey war bereits hinter einem Felsvorsprung verschwunden, wahrscheinlich auf der Suche nach einem Kaninchen, das er abknallen konnte. Tom war schutzlos.
»Wir kennen uns doch schon lange«, meinte Carl und trat näher auf ihn zu. »Sag mir, was los ist.«
»Das wirst du schon sehen.«
»Wie bist du so stark geworden?«
»Grab weiter.«
»War die Schnitzeljagd eine Finte, um mich hierherzulocken?« Er trat noch einen Schritt näher heran und verstärkte den Griff um das Drehkreuz. »Was soll die Sache mit den Klamotten?«
Auf Toms mattes Gesicht legte sich ein eigenartiger Ausdruck, Traurigkeit gepaart mit Unsicherheit. Er hob den rechten Arm und studierte den Stoff des blutigen Wollhemds, als sähe er es zum erstenmal.
»Ich hab’ dir meine Sachen zum Anziehen gegeben«, sagte er leise.
Carl merkte, wie sich sein Griff um das Drehkreuz wieder lockerte. Egal, was Tom mit ihm vorhatte, er konnte ihn nicht schlagen. Carl begriff, woher er Toms Hemd kannte.
Es hatte Joe gehört.
Carl grub weiter.
Der Mond war aufgegangen und schien auf die Hügel ringsum. Jetzt hatte Carl so viel aus der Wand herausgemeißelt, daß eine Person hindurchpaßte. Mittlerweile war auch Cessy zurückgekehrt. Sie war glänzender Laune. Sie hatte ein zahmes Tierchen gefunden: einen entlaufenen Hund, nahe am Verhungern. Seine Rippen standen derart vor, daß sie in ein paar Stunden wahrscheinlich durch das übel zugerichtete, braune Fell stoßen würden. Cessy fütterte ihn mit irgend etwas Braunem, Saftigem, das sich Carl lieber nicht genauer ansah.
»Sind wir soweit?« wollte sie wissen.
»Ja«, antwortete Davey, machte die Taschenlampe an und ließ das Gewehr auf der Schulter. »Ich geh’ voran. Du kommst nach mir, Carl. Cessy und Tom gehen hinter dir. Cessy, laß den Hund hier.«
»Nein«, sagte sie und tätschelte das Hündchen am Kopf, während es hungrig ihre andere Hand nach den letzten Resten dessen ableckte, was sie ihm vorgesetzt hatte. »Ich mag ihn.«
»Wenn du ihn magst, dann laß ihn hier«, sagte Davey gereizt.
»Nein«, wiederholte sie nur und wandte sich Carl zu. »Wie sollen wir ihn nennen?«
»Nenne ihn nach mir«, gab er bitter zurück. »So hast du immer etwas, das dich an mich erinnert.«
Cessy lächelte. Sie war seiner Meinung.
Sie gingen hinein.
Valta. Ein merkwürdiger Name für eine Mine, hatte Rick gefunden. Und dann hatte Davey Rick die Geschichte erzählt, ihm dabei ganz sicher nur ein Zehntel dessen
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