Der schwarze Dom
noch viel Schrecklicheres geschehen würde.
Am Rand einer engen Schlucht war die Piste zu Ende. Weiter nach Osten hin schien sie sich zu verbreitern und zu vertiefen. Schweigsam und leer stand hier nun Carls Wagen. Tracie stieg aus und überprüfte das Fahrzeug. Das Motorgebläse lief noch. Weit zurück lagen Rick, Paula und sie also nicht. Sie machte sich keine Illusionen darüber, wo die anderen waren. Man brauchte kein scharfes Auge, um dort wo die Schlucht endete, seitlich im Hügel eine Öffnung zu entdecken.
»Hoffentlich ist das nicht der Ort, von dem wir gelesen haben«, sagte Paula vom Rücksitz aus. Tracie beugte sich über Rick und holte die Taschenlampe aus dem Handschuhfach. Rick hatte den Spulendraht repariert, und sie funktionierte jetzt besser.
»Ich check’s mal ab«, sagte Tracie. »Ihr beiden bleibt hier.«
»Du machst Witze«, meinte Rick.
»Ich mein’s ernst«, beharrte Tracie. »Genauer gesagt, Paula, nimm du mein Auto, und ihr macht beide, daß ihr wegkommt. Carl kann mich nach Hause mitnehmen.«
»Du kannst da nicht alleine rein«, erklärte Paula.
»Und du kannst Rick hier nicht alleine lassen«, entgegnete Tracie. »Keine Widerrede.« Sie trat zurück. »Ich geh’.«
Paula stürzte aus dem Wagen und packte Tracie, bevor diese Richtung Mine marschieren konnte.
»Du weißt doch, was der Kerl über den Ort hier erzählt hat!« stieß sie hervor.
»Aber Carl ist hier drin«, sagte Tracie.
»Schön«, sagte Paula. »Dann warten wir eben hier, bis Carl wieder rauskommt.«
Tracie machte sich frei. »Ich kann nicht warten. Vielleicht kommt er gar nicht raus.«
»Meine Damen«, schaltete Rick sich ein, »da gibt es nur eins. Laßt mich gehen.«
»Nein!« Paula schüttelte den Kopf. »Absolut nicht.«
»Du kriegst deinen Stuhl hier nicht rein«, sagte Tracie.
»Und warum hat Davey mich dann hierher eingeladen?« fragte Rick. »Du hast es doch selbst gesagt, Tracie. Er hat die Valta-Geschichte an mich gerichtet. Hier muß Platz für mich sein. Gib mal die Taschenlampe her. Ich kümmere mich um Carl.«
Tracie trat zu ihm und kniete neben ihm nieder. Es war klar erkennbar, daß er müde war. Normalerweise hielt er täglich ein Mittagsschläfchen und ging früh zu Bett. Sie nahm seine Hand. Selbst sie war überrascht, wie kraftlos sein Griff war.
»Du hast recht«, meinte sie. »Davey wollte dich hierhaben, vielleicht mehr als irgendeinen von uns. Aber genau deshalb mußt du weg von hier. Davey hat dich nie gemocht, Rick. Er könnte dir etwas antun.«
Rick blickte ihr in die Augen. Sein Gesicht wirkte bleich und schmal, seine Stimme jedoch fest: »Ich denke, du hast recht. Eine echte Schnitzeljagd hätte uns nie im Leben so weit rausgeführt. Valta könnte es wirklich geben. Das Tagebuch, das wir gelesen haben, könnte authentisch sein. Das ist unheimlich. Es macht mir genauso angst wie dir. Aber es ist auch spannend. Viel Spannendes gibt’s in meinem Leben nicht. Ich lese, geh’ in die Bücherei, geh’ zu Ärzten – und ich… ich warte darauf, daß sich etwas bei mir ändert.« Rick holte tief Luft und starrte in die schwarze Öffnung. »Ich muß da reingehen.«
Tracie ließ den Kopf hängen. Wir sind Idioten, dachte sie, wenn wir nach dem Köder schnappen. Aber vielleicht soll es ja alles so kommen. Dann gehen wir eben alle rein.
Sie wußte jedoch schon jetzt, daß sie nicht alle wieder herauskommen würden.
11. Kapitel
Als Carl bemerkte, wer gekommen war, machte er sich schwere Vorwürfe. Tracie hatte seine Uhr gefunden. Er konnte sie an ihrem Handgelenk erkennen. Er konnte das Wissen über ihren Tod in Daveys Augen glitzern sehen. Er ging in die Knie, packte das Stahlkreuz und holte in Richtung Daveys Kopf aus, wohl wissend, daß seine Mühe vergeblich sein würde. Carl bekam noch nicht einmal mit, wie Davey sich duckte. Er war ganz einfach nicht mehr da. Und dann lag Carl plötzlich benommen auf dem schwarzen Boden. Diesmal hatte Davey ihn seitlich am Schädel erwischt, so daß ihm das Blut über die Wangen rann und er Sternchen sah. Carl rollte sich auf die Seite, rappelte sich mühsam wieder auf und sagte sich, daß es einfach etwas geben mußte, um sie aufzuhalten. Gleichzeitig allerdings fragte er sich, wieso. Es geschahen eben Dinge, die nichts und niemand ändern konnte.
Tracie ging voraus, eine Taschenlampe in der Hand. Paula und Rick kamen dicht hinter ihr. Sie waren staubbedeckt. Rick und seinen Rollstuhl durch den Gang am Anfang der Mine zu
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