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Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Beinen, mitten auf der Platte.
    »Es ist keine einzige Kugel im Gewehr, Carl«, sagte Davey.
    Carl brach zusammen. Zarte Hände legten sich um ihn. Tracie zog ihn von der Platte herunter. Er lebte. Er war bis auf Millimeter an den Tod herangekommen und hatte überlebt. Und doch hatte sich nichts verändert. Die bösen Götter verlangten nach wie vor ihr Opfer. Davey hob Rick im Rollstuhl auf die Platte hoch. Beide Beine Ricks waren eng an die Fußstütze gefesselt. Carl rappelte sich auf.
    »Cessy«, sagte er. »Du kannst ihn aufhalten.«
    Davey schaute seine Schwester an. Cessy ignorierte alle beide. Sie betrachtete Rick.
    »Jemandem wie dir bin ich noch nie begegnet«, meinte sie.
    »Ich bin ja auch einmalig«, sagte Rick tapfer.
    Cessy schaute Paula an. Die schaute weg. Sie stand nur da, beugte den Kopf vornüber und kniff die Augen fest zusammen. Sie atmete merkwürdig. Weinen tat sie nicht. Es war so, als befände sie sich im Schockzustand.
    »Nichts verändert sich«, sagte Cessy.
    »Ich allein kenne das Geheimnis«, sagte ihr Davey.
    Cessy richtete ihre dunklen Augen auf ihn. Ihre und Daveys Gesichtszüge waren nicht wirklich identisch, jedenfalls nicht so wie die mancher Zwillinge. Cessy hatte größere, rundere Augen. Carl bemerkte nun, daß sie doch nicht mehr Wärme ausstrahlten als Daveys. Während sie ihren Bruder betrachtete, machte Carl in ihnen etwas Schreckliches aus.
    »Mach, was du willst«, sagte sie schließlich.
    »Nein!« schrie Carl.
    Sie schenkten ihm keine Beachtung. Die Opferung wurde nicht aufgehalten. Tracie drückte sich an Carl, und er legte den Arm um sie. Er hatte Tracie noch nie im Arm gehalten. Er wünschte bei Gott, er hätte die Einladung zu ihrer Gruppe angenommen.
    Davey nahm sich Rick vor. »Verabschiede dich.«
    Rick wandte sich den anderen zu. Er hatte feuchte Wangen, seine Stimme klang jedoch gefaßt. »Nicht so schlimm, Freunde, ehrlich. Ich wäre ja doch bald gestorben. War ein aufregender Tag. Ich glaub’, das war der beste Tag in meinem ganzen Leben.« Er unterbrach sich. »Ich hab’ euch alle lieb.« Er blickte seine Schwester an, die nicht hochzuschauen oder nur zuzuhören wagte, und flüsterte: »Tschüs, liebe Paula.«
    Rick drehte sich ab, damit die anderen sein Gesicht nicht sehen konnten. Sein Rollstuhl war auf den Torbogen gerichtet, rechts neben ihm stand Davey, links Cessy. Es wurde still im Raum. Davey legte Rick die ausgestreckte Hand auf den Kopf. Leise und abgehackt flüsterte er etwas vor sich hin. Seine Stimme hatte etwas vom Zischen einer Schlange. Nichtsdestotrotz bekam Carl mit, wovon die Rede war, vielleicht weil er gerade einen kurzen Einblick in die andere Seite gewonnen hatte. Es war eine Anrufung. Davey rief übernatürliche Kräfte an. Aber er war nicht dabei, am Rädchen zu drehen. Er war dabei, es zu betrügen.
    Rick wurde absolut still. Carl bat inständig, er möge in Trance fallen, in der er nichts spürte, wenn er im kochenden Wasser aufkam. Eine wohl vergebliche Bitte. Daveys Zauberkunst war offensichtlich auf Schmerz angewiesen.
    Und doch schien Carls Gebet diesmal von jemandem erhört worden zu sein.
    Cessy stand dem Vorgehen untätig gegenüber, scheinbar gleichgültig, ob Rick starb oder ob es Davey gelang, sein Wochenende im Land der Lebenden und Warmblütler zu verlängern. Doch just als Davey mit seinem Sprechgesang fertig war und die Hand auf Ricks Rücken gelegt hatte, schaute Cessy auf und blickte Davey in die Augen.
    »Tom ist zurück«, sagte sie.
    »Das kann nicht sein«, erwiderte Davey beunruhigt.
    Cessy beugte sich weiter vor. »Tom ist zurück«, wiederholte sie.
    Davey warf einen Blick auf den Zugang zum Raum. Er war irritiert. Er ließ von Rick ab, machte einen Schritt zurück vom Torbogen, hin zur Spitze der Platte.
    »Ich kann ihn nicht sehen«, sagte er.
    »Guck doch hin«, befahl Cessy. Sie hatte den Blick auf seinen Hinterkopf gerichtet. Plötzlich langte sie nach unten und nahm Ricks Kopf in beide Hände. Ihr Gesicht verzog sich in merkwürdige Falten, und das Geräusch, das ihr über die Lippen kam, klang ähnlich wie ein Wort, das Davey mehrmals während seiner Anrufung wiederholt hatte, nur in wesentlich höherer Tonlage.
    Dann verdrehte Cessy Rick den Kopf. Mit Gewalt. Sie brach ihm das Genick, und Carl brach es das Herz, als er das knirschende Geräusch bei seinem jungen Freund hörte.
    Cessy stieß Rick durch den Eingang. Davey wirbelte herum. Was folgte, war ein lautes Klatschen, aber keine Schreie. Nur

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