Der schwarze Fürst der Liebe
großen, vertrauensvollen Augen. Nein, er wollte sie nicht enttäuschen. Allerdings war seine Stellung wenig geeignet, das zu regeln.
»Und was habt ihr euch gedacht, das ich nun tun soll?«
»Bitte sprecht mit Theodor, damit er sich nicht beim obersten Hofmeister beklagt. Er soll Gabriel zukünftig im Speiseraum der Garde einsetzen. Er könnte Euch doch bedienen und aus der Küche alles herbeischaffen, was die Palastwache benötigt. Dann braucht er nicht mehr so nah bei Theodor zu arbeiten«, antwortete Matthias hoffnungsvoll.
Das hat er sich bereits wohlüberlegt, dachte Mortiferius und bewunderte Matthias’ Einfallsreichtum. Durch diese Regelung war es möglich, dass der Jugendliche dem Dunstkreis des brutalen Mannes entfliehen konnte, was dringend nötig war. Zusätzlich würde er in den Genuss des Gardeessens kommen.
Mortiferius überlegte. Er hatte die Macht, über die Palastwache bestimmen, aber nicht, um das Küchenpersonal neu zu besetzen. Wen musste er darum bitten? Sofort fiel ihm die Königin ein.
»Folgendes werde ich tun: Ich spreche morgen mit Ihrer Majestät, der Königin. Solange wirst du in Matthias’ Zimmer bleiben, bis ich dich rufe. Ich weiß nicht, ob ich ein gutes Wort für dich einlegen kann, denn was du getan hast, war eine schwere Verfehlung. Du darfst deinen Vorgesetzten nicht angreifen. Angesichts der Tatsache, dass du bereits jahrelang dieses Leid ertragen musstest, wird Ihre Majestät vielleicht Gnade walten lassen. Das ist der einzige Weg. Der Hofmeister fackelt nicht lange. Den brauche ich nicht zu fragen. Und nun ab mit euch!«
Die Jungen hatten ihm mit offenen Mündern gelauscht. Keiner von beiden traute sich mehr, ein Wort zu sagen. Mortiferius musste hinter ihrem Rücken lächeln, als sie in die Kammer nebenan schlichen. Matthias hatte Charakter gezeigt, indem er dem armen Kerl half. Nun war ihm klar, warum der Bursche hatte Faustkampf lernen wollen, anstelle der Gefechte mit dem Dolch. Er hat Ehre im Leib, dachte er. Ich war selbst vor Jahren genauso. Wann habe ich eigentlich Dinge wie Mitleid und Hilfsbereitschaft verlernt und bin so hart und erbarmungslos geworden? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Wollte er nun wiedergutmachen? Vielleicht. Es fühlte sich auf jeden Fall großartig an. Eventuell gab es ja auch für ihn einen Weg zurück zur Menschlichkeit. Gedankenverloren sank er auf sein Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Denkst du, er kann mir helfen, Matthias?« Gabi ließ sich vorsichtig auf den einzigen Stuhl in seiner Stube sinken.
»Ich weiß es nicht.« Matthias zog seine schwarze Jacke aus, ging zu dem kleinen Waschtisch in der Ecke und wusch sich Gesicht und Hände. »Wir können nur bis morgen warten. Vielleicht erreicht Mortiferius etwas bei der Königin.« Er trocknete sich mit einem Tuch ab.
»Und wenn nicht?« Gabis Stimme klang angsterfüllt.
Angst würde sie nicht weiter bringen. Das wusste Matthias. Er musste ihm Mut machen. »Jetzt hör mal gut zu. Du bist fleißig und zuverlässig. Und deshalb wirst du auch an einer anderen Stelle Arbeit finden.«
»Ich habe nichts gelernt«, wandte Gabi ein.
»Du kannst doch kochen, oder nicht? Köche werden immer gebraucht.«
»Meinst du das wirklich?«
Matthias zog Hose und Hemd aus und hängte beides ordentlich an einen Haken an der Wand. Was mache ich hier eigentlich?, dachte er, als er nackt vor Gabriel stand. Schnell streifte er sein Nachthemd über.
»Das meine ich, Gabi. Und ich gehe jetzt schlafen.«
»Muss ich auf dem Boden übernachten?«
Gabi war verletzt. Es war nicht sonderlich gastfreundlich einfach die Bettstatt für sich zu beanspruchen. Seufzend richtete er sich auf, blieb auf der Bettkante sitzen. »Nein, nimm du das Bett. Ich lege mich auf eine Decke.«
»Kommt nicht in Frage. Ich bin dünn. Wir haben da beide Platz.«
Er blickte zu Gabriel, der seine Hose auszog. Das weiße Hemd reichte ihm bis auf die Oberschenkel, die in gleichem Maß wie sein restlicher Leib mit Narben und blauen Flecken bedeckt waren.
»Wie hast du das nur ausgehalten?«
Der Junge setzte sich neben ihn, die Hände auf den knochigen Knien. »Theodor ist mit seinem Leben unzufrieden und lässt das an allen aus. Ich hatte Angst vor ihm und war jedes Mal froh, wenn er sich ein anderes Opfer gesucht hat. Du hast mir geholfen diese Furcht zu überwinden.«
»Na ja, dafür sitzen wir jetzt hier und wissen nicht, wie es weitergehen wird.« Er schlug Gabi freundschaftlich aufs Knie. »Lass uns
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