Der schwarze Fürst der Liebe
liebte, für ihn nicht erreichbar war? Nein. »Da ist niemand, der auf mich wartet.«
Sie nickte zufrieden und trat zur Seite.
»Dann wünsche ich Euch eine angenehme Nachtruhe, Mortiferius.«
»Gute Nacht, Majestät.«
Er war froh, ihr entronnen zu sein. Das hatte sich angefühlt wie ein Verhör. Normalerweise bewegte er sich ruhig und gemessen. Nun aber eilte er schneller als beabsichtigt in sein Quartier, denn er hatte das Gefühl, ihr entkommen zu müssen. Matthias wartete garantiert bereits auf ihn, um mit einem bewundernden Lächeln seine Befehle für den nächsten Tag entgegenzunehmen. Er hatte recht mit seiner Vermutung – der Junge war da, jedoch nicht allein ...
Als Mortiferius die Tür öffnete und sein Zimmer betrat, sprangen plötzlich zwei Jungen von den Stühlen, die dort auf ihn gewartet hatten. Vielmehr Matthias erhob sich schnell – der fremde Dunkelhaarige, war offensichtlich verletzt und kam nur mühsam auf die Beine.
»Herr!« Er blickte in das hochrote Gesicht von Matthias. »Ich ... ich ... Das ist Gabi. Er arbeitet in der Schlossküche. Wir sind ... ähm gute Freunde. Er kam zu mir und hat mich um meine Hilfe gebeten, aber ich kann das alleine nicht bewältigen. Bitte helft uns, Herr!«
Erstaunt musterte Mortiferius den dünnen Burschen, dessen linkes Auge blau geschlagen dabei war zuzuschwellen. Seine aufgeschlagene Lippe blutete, und er hielt ein Tuch dagegen gepresst.
»Habt ihr euch geprügelt?«
»Nein, Herr. Das war Theodor, der Küchenmeister. Gabi, erzähle es ihm selbst.« Matthias schubste den Küchenjungen mit dem Ellenbogen an, der mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammenzuckte.
»Matthias hat mir berichtet, dass Ihr ein gerechter Gebieter seid«, begann der Junge. Mortiferius betrachtete ihn erstaunt, denn seine dunkle Stimme passte nicht zu dem ausgemergelten Körper. »Ich habe mich mit Theodor geschlagen, und wenn nicht ein Wunder geschieht, werde ich entlassen. Aber ich bin Waise und weiß nicht wohin. Deshalb bitte ich Euch, mir zu helfen.«
Mortiferius runzelte die Stirn. Er sollte einen Jungen beschützen, der seinen Vorgesetzten angegriffen hatte? Er hatte Theodor ein Mal gesehen – einen bulligen, übellaunigen Mann. Was konnte so ein Würstchen wie dieser Bursche gegen so jemanden ausrichten?
»Hat Theodor gesagt, dass er dich nun entlässt?«, fragte er?
»Der ist bewusstlos und liegt in der Küche, Herr.«
»Was?« Das war ja nicht zu glauben.
Matthias schaltete sich ein. »Ich habe Gabi alles beigebracht, was ich von Euch lernte, Herr.« Er senkte beschämt den Kopf.
»Aber warum denn? Aus Freundschaft?«, mutmaßte Mortiferius.
Gabi schwankte leicht und wurde blass.
»Junge, setz dich hin. Du bist ja völlig lädiert«, befahl er. Und zu Matthias gewandt: »Und du erzähle weiter.«
»Gabi wird, seit er in der Schlossküche arbeitet – und das sind jetzt schon 10 Jahre – von Theodor misshandelt und geschlagen, Herr. Als ich das sah, dachte ich, dass er sich unbedingt dagegen wehren muss, sonst schlägt der Kerl ihn irgendwann tot. Deshalb habe ich ihm kämpfen beigebracht. Als heute nach der Arbeit die Küche leer war, hat der Meisterkoch ihn so getreten, dass er ihm eine Rippe gebrochen hat. Gabi, zeig meinem Herrn deine Verletzung. Und da konnte er nicht mehr anders. Er hat angewandt, was er gelernt hat. Aber nun fürchtet er die Folgen. Bitte helft ihm!«
Während Matthias sprach, hatte Gabi sich aus seiner Küchenschürze gewunden und sein Hemd ausgezogen. Der Junge war nur Haut und Knochen. Fassungslos starrte Mortiferius auf seinen geschundenen, mit alten Narben, frischen Brandwunden und blauen Prellungen übersäten Leib. Der Bursche hatte den Körper eines altgedienten Kriegers, der durch unzählige Schlachten gegangen war. Er musste ununterbrochen Schmerzen leiden.
»Wie alt bist du?« Mortiferius war schockiert.
»Ich glaube, ich bin neunzehn, Herr. Man hat mich als Säugling auf der Treppe des Schlosses abgelegt. Eine Dienstmagd hat mich großgezogen. Ich war so um die acht Jahre alt, als ich in der Küche anfing.«
Mortiferius ließ sich auf die Kante seines Betts sinken und sah zu, wie der Bursche sein Hemd wieder überstreifte. Was für ein Martyrium für so ein Kind. Er war selbst auch durch eine harte Schule gegangen, jedoch war sein Lehrmeister immer gerecht gewesen und er hatte nie Hunger gelitten. Wie sollte er sich nun verhalten? War ihm das Schicksal des Küchenjungen gleichgültig? Beide Jungen betrachteten ihn mit
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