Der schwarze Fürst der Liebe
den struppigen Bartel von der Seite. Sein Waffengefährte hatte sich verändert, seitdem Engellin bei ihm war. Er hatte sich von den Spießgesellen und auch von ihm, seinem besten Freund, zurückgezogen. Gelegentlich hatte Bartel einen Ausdruck in den Augen, den er an ihm nicht kannte. Ihr Götter, dachte Rudger, er ist verliebt. Er spürte einen kleinen Stich in der Brust.
So ein Unsinn, schalt er sich. Bartel tändelte bei jeder Gelegenheit mit den Weibsbildern – es war auch schon vorgekommen, dass sie sich eine Frau geteilt hatten. Er bildete sich ein Bartel wirklich zu kennen und mochte ihn wie einen Bruder. Warum sollte es ihn stören, wenn dieser bisher einsame Bär endlich eine Partnerin gefunden hatte? Rudger dachte an Engellin – an ihre Art und ihr sanftes Lächeln. Er atmete den Blutgeruch des Ebers und gleichzeitig hoben sie alarmiert die Köpfe. Blut! Wölfe!
»Denke mal, wir verschwinden, bevor wir Gesellschaft bekommen«, schnaufte Bartel und zog die beiden Saufedern aus dem Kadaver. Er stapfte zu einer dünnen Birke am Lichtungsrand und fällte sie mit seiner Streitaxt. Gemeinsam machten sie sich daran, dem Keiler die Beine zusammenzubinden und diese mit dem Stock zu verschnüren. Bartel schlang dem Tier einen alten Lappen um die Blutung am Hals und drückte so gut es ging die Hautfetzen über die anderen Wunden. Sie wollten keine Blutspur hinterlassen. Gleichzeitig hoben sie zur Probe jeder ein Ende des Stämmchens auf. Das tote Wildschwein war verdammt schwer – aber das Holz hielt stand.
Rudger sah prüfend zu dem grau verhangenen Winterhimmel. Sie würden es zum Hof schaffen, bevor Neuschnee einsetzte. Beide Männer schnallten die Schneeschuhe unter und schulterten das große Tier. Der Takt ihrer Schritte war völlig gleich. So viele Jahre waren sie nun schon aufeinander eingestimmt. Wenn Rudger ehrlich zu sich war, missfiel ihm, dass Bartel sich so abgrenzte. Er blickte auf den breiten Rücken vor sich. Ja, es störte ihn. So ganz verstand er selbst nicht, warum das so war. Es lag eindeutig an ihm. Bartel war wie immer. Er forschte nochmals seiner inneren Unruhe nach – und beschloss in Zukunft eigene Wege zu gehen. Er würde den Winter nutzen darüber nachzudenken was er zu ändern gedachte. Er nickte grimmig und nahm wahr, dass die Hunde schneller rannten, denn sie witterten ihr nahes zu Hause.
Kapitel 18 - Magie
Es war so weit. Die Vereinigung mit Bartel hatte Engellin einen Energiestoß gegeben. Sie spürte ihn noch immer in sich und ließ seinen Saft, wo er war, in ihrem Körper und an den Innenseiten ihrer Schenkel. Reine Stärke. Diese zusätzliche Kraft würde sie nun nutzen, um die für die Rüstung erforderlichen Mixturen zuzubereiten.
Maus hatte sie mit Schneeschuhen in die Stadt geschickt, um Besorgungen zu machen. Sie mochte es nicht, wenn jemand sie bei ihren magischen Handlungen beobachtete. Drei Tränke sollten es werden, die sie nacheinander mit der Rüstung verbinden wollte. Einer für die Heilung, ein Bestandteil für neuen Kraftzufluss und einen für den seelischen Aufbau. Bei der Verwendung der dritten Komponente hätte Bartel höchstwahrscheinlich abgewunken. Männer wie er fühlten sich ja immer so stark!
All das Leid, das durch den Tod und den Kampf entstand, ging auch an Bartel nicht spurlos vorüber, dachte sie grimmig. In dieser Hinsicht war er in keiner Weise urteilsfähig. Sie hatte gefühlt, dass er nach dem Überfall in seiner tiefsten Seele gelitten hatte, und würde dafür sorgen, dass das nicht noch einmal vorkam – zumindest nicht, bis er wieder in einem Stück vor ihr stand.
Engellin rührte die Zutaten in ihrem kleinen Kupferkesselchen. Extrakte aus Kamille, Ringelblumen, Arnika und anderen duftenden Heilkräutern. Was sie im Herbst nicht selbst hatte sammeln und herstellen können, hatte sie Maus vorausschauend bei verschiedenen Badern der Umgebung besorgen lassen. Der Sud in dem Kesselchen duftete aromatisch und sie stellte ihn zum Abkühlen auf die Seite. Heilungstränke war ihre leichteste Übung.
Nun die Komponenten für die Stärke der Rüstung. Maus hatte einem der Bader einige Betelnüsse und eine kleine Tüte Meerträubel abgeschwatzt. Engellin bereitete alles mit äußerster Sorgfalt zu. Das Haus erfüllte sich langsam mit betäubendem Aroma.
Den dritten Sud galt es genau zu dosieren, denn er bestand aus Wolfsmilch, Alraune, Tollkirsche, Stechapfel, Bilsenkraut und Mohn. Engellin konzentrierte sich vollkommen. Der Duft der
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