Der schwarze Fürst der Liebe
war zu viel.
Rudger nickte Maus zu, der vor seinem Haus auf einem Stuhl saß, vor sich hin starrte und ihn nicht wahrnahm. Er befestigte den Jutesack hinten am Sattel, schwang sich auf sein Pferd und verließ den Hof. Teilnahmslos und ohne nachzudenken saß er da, trug der Wallach ihn, trottete zu dem Baum mit seiner Kleidung. Er konnte nichts mehr empfinden – war abgestorben, seelenlos. Bartel hatte seine Gefühle mit in den Tod genommen.
Die bäuerlichen Kleider warf er fort. Nachdem er seine schwarzen, vornehmen Sachen angezogen hatte, ritt er ins Schloss.
Der Fürst begegnete ihm auf dem Weg in sein Zimmer. »Mark, ich möchte mit dir sprechen.« Rudger nickte, das hatte er sich schon gedacht.
Mordersberg verlor keine Zeit, setzte sich auf eine schmale Holzbank im Flur und runzelte die Stirn. »Lena ist völlig außer sich. Sie ist in der Kapelle bei ihrem toten Vater.« Er machte eine Pause. »Ich will dir danken, dass du die ganze Sache so gut geregelt hast. Die Mitgift ist unberührt. Der Freiherr und ich waren nie besonders gute Freunde. Ich bedauere seinen Tod nicht. Wieso hat der Räuber ihn angegriffen und nicht die Kutsche?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht hat Warrenhausen jemandem von dem Plan erzählt.« Die Lüge ging ihm leicht über die Lippen. Er war ein notorischer Lügner geworden. Aber das war ihm völlig gleichgültig. Nur ein weiterer Makel, den er seinem Schulden-Register hinzufügen konnte.
»Kanntest du den Banditen?«
Rudger schüttelte wortlos den Kopf.
Der Fürst seufzte. »Nun, das ist jetzt auch nicht mehr von Interesse. Mir geht es um Lena. Ich muss ihr eine angemessene Trauerzeit einräumen, bevor ich sie heirate.«
Rudger sah ihn an. Das war ihm gleichgültig – der Fürst war bedeutungslos. »Ich werde nach Hause zurückkehren, Friedrich«, erklärte er und sah Mordersberg in die Augen. »Ich denke, das wird das Beste sein. Mein Bruder braucht mich.«
Mordersberg blickte ihn verständnisvoll an. »Ich verstehe dich – das war alles ein bisschen viel in den vergangenen Monaten. Ich hoffe, ich sehe dich in meinem Leben noch einmal wieder.« Rudger wollte etwas antworten, nickte dann aber nur. »Wann möchtest du abreisen?«, fragte Mordersberg.
»Morgen früh.«
»Gut. Komm bitte vorher in mein Arbeitszimmer.« Der Fürst erhob sich. »Ich danke dir.« Sie trennten sich.
Der nächste Morgen wurde von einer klirrenden Kälte begleitet, die mit eisigen Fingern in die unbeheizten Räume und Flure des Schlosses gekrochen war. Rudger hatte nur die schwarze Kleidung eingepackt. Keine auffälligen, kostbaren Kleider. Er besaß noch seinen großzügigen Sold vom vergangenen Scharmützel – der musste erst einmal reichen. Er konnte seinen weißen Atem sehen, als er sich durch den ausgekühlten Gang zum Fürsten begab, um Abschied zu nehmen. Er war froh über die Kälte. Sie kühlte seinen Kopf und passte zu seinem erfrorenen Inneren.
Er klopfte an die Tür des Arbeitszimmers und wurde sofort hineingebeten. Mit Mordersberg war noch ein schlanker Jüngling in der schwarzen Uniform des Fürsten im Raum. Er blickte Rudger aufmerksam mit strahlend blauen Augen unter blondem Schopf an, als dieser das warme Zimmer betrat. Er erinnerte Rudger ein wenig an Volmar – mit dem Unterschied, dass der Bursche wesentlich jünger war. Rudger schätzte ihn auf achtzehn Lenze.
»Darf ich dir Matthias vorstellen, Mark. Er wird mit dir reisen und dich in Zukunft bedienen, als dein Diener und Knappe. Ich habe ihn für drei Jahre bezahlt.« Matthias neigte höflich den Kopf.
Rudger war sprachlos. Das hatte er nicht erwartet. Dieses Geschenk konnte er unmöglich ablehnen. »Ich danke dir, Friedrich.« Er war unfähig noch mehr zu sagen. Er verneigte sich, Mordersberg jedoch kam auf ihn zu und umarmte ihn. »Ich wünsche dir Glück! Grüße deinen Bruder von mir.«
»Das werde ich machen«, antwortete Rudger und ging. Matthias folgte ihm.
Rudger wollte das alles hinter sich lassen. All den erlogenen Reichtum, das bequeme Leben. Der Knappe war ihm unangenehm. Aber was sollte er machen? Wenn er ihn nach Hause schickte, erfuhr der Fürst davon. Der Mann war gut zu ihm gewesen. Nein, das hatte er nicht verdient. Vielleicht konnte er den Jungen ja bei nächster Gelegenheit loswerden.
Sie verließen das Schloss, Rudger auf seinem Wallach und Matthias auf einer weißen Stute. Rudger hatte darauf bestanden, dass der Jüngling schwarze Kleidung trug und auf die Uniform verzichtete. Sie ritten
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