Der schwarze Fürst der Liebe
schweigsam nebeneinander her.
»Wie soll ich Euch anreden, Herr?«, fragte Matthias.
»Nenn mich Mortiferius«, antwortete Rudger, »denn ab heute bringe ich nur noch den Tod. Wer auch immer danach ruft – er soll ihn haben.«
Er hatte nichts mehr zu verlieren. Der Schrecken in den Augen seines Knappen war ihm gleichgültig.
Sie trabten nach Norden. Die klirrende Kälte hatte sich mit einem erbarmungslosen, peitschenden Wind vereint. Die Kapuzen ihrer schwarzen Umhänge tief ins Gesicht gezogen, kamen sie nur langsam voran. In der Dämmerung suchte Mortiferius ein kleines Gasthaus an der Straße und verhandelte mit dem Wirt. Das Zimmer unter dem Dach war winzig, aber billig. Ein Bett, ein hölzerner Tisch, ein Stuhl und ein paar Haken an den Wänden. Matthias stand mit hilflos herunterhängenden Armen im Raum.
»Du kannst das Bett haben«, befahl Mortiferius knapp und warf seine Sachen auf den Tisch. Viel besaß er nicht: eine schwarze Lederhose, eine Stoffhose, drei Hemden, eine dunkle Schaffelljacke, den Wollumhang, hohe Stiefel und seine Waffen. Außerdem noch einige kleinere Dinge in einem Beutel. Und natürlich die Rüstung.
Er winkte Matthias, der sich auf die schmale Strohmatratze gesetzt hatte, zu ihm an den Tisch zu kommen. »Das hier ist mein wertvollster Besitz, zusammen mit meinen Waffen«, erklärte er dem Jungen und holte die Stinkrüstung aus dem Jutesack. »Ich will, dass du diese Rüstung mit deinem Leben beschützt. Sie muss täglich gepflegt und eingefettet werden. Hast du das verstanden?«
Matthias nickte und blickte misstrauisch auf die graue Masse auf dem Tisch. »Woraus besteht sie? Sie ist ungewöhnlich.«
»Sie ist aus Schweinehaut, und ja, sie ist ein seltenes Exemplar.« Mortiferius streichelte die Rüstung. Engellin hatte sie gemacht, ihre Magie war darin verwoben. Wenn er sie berührte, spürte er ein winziges Stück von ihr. Schnell nahm er die Hand weg. »Pflege sie gut, Matthias.« Er zeigte dem Jungen, wie er das zu machen hatte. Dann schickte er ihn zum Wirt, Kerzen, etwas Papier und eine Feder holen und setzte sich damit an den Tisch.
Matthias legte sich zum Schlafen hin. Mortiferius sah ihm an, wie froh er war, endlich die vom langen Ritt strapazierten Glieder auszustrecken. Bestimmt war der Bursche solche strapaziösen Wegstrecken nicht gewöhnt.
Er entzündete die Kerze und begann zu zeichnen. Er war dankbar für die Zeit, die er in der Bibliothek des Fürsten zwischen dessen Büchern verbringen durfte. Dort hatte er viel gelernt. Er wusste, was es für Risiken barg, die Rüstung zu tragen – das hatte er bei Bartel gesehen. Die Beine waren im Kampf ungeschützt. Deshalb plante er, sich eine Lederhose anfertigen zu lassen mit Kettenhemd-Gewebe in den kritischen Flächen. Zusätzlich hatte er eine genaue Vorstellung von einem Schutzhelm, den er sorgfältig entwarf.
Er wandte den Kopf und betrachtete den schlafenden Matthias. Im Schlaf sah dieser aus wie ein Kind. Die blonden Locken zerzaust, mit rosigen Wangen. Hatte der Fürst ihm wirklich einen Gefallen getan, in dem er ihm den Jüngling mitgab? Bisher war der Junge keine Belastung. Man hatte ihn gut ausgebildet, er war höflich und gehorsam. Auch bemerkte er, dass er sich langsam an dessen Anwesenheit gewöhnte.
Mortiferius faltete das Papier zusammen und steckte es ein. Er löschte die flackernde Kerze. Ausgestreckt auf einem dünnen Laken auf dem Boden fiel er sofort in einen unruhigen Schlaf.
Kapitel 49 – Matthias
Matthias träumte von einem Knochengrippe in einer grauen, dicken Rüstung, das ihn höhnisch angrinste und nach ihm griff. Er schrak hoch. Dämmriges Licht drang durch das kleine Fenster der winzigen Kammer.
Sein Herr lag auf dem Fußboden auf einer dünnen Decke, voll bekleidet, schlafend, das Gesicht mit den harten Zügen und der entstellenden Narbe wie aus Stein gemeißelt. Nicht einmal im Schlaf entspannte sich seine Miene. Mortiferius muss Entsetzliches erlebt haben, dachte Matthias. Er erinnerte sich an das Gespräch des Fürsten mit ihm in dessen Arbeitszimmer. Er hatte ihrer Unterhaltung gelauscht, aber nicht viel begriffen. Beide Männer teilten offensichtlich einige Erlebnisse in der Vergangenheit. Warum hatte er sich den Namen „Mortiferius“ zugelegt? Da Matthias der kinderreichen Familie eines Gelehrten entstammte, verstand er ein wenig Latein. Deshalb war er bei diesem Wort zusammengezuckt „Todbringend“. Wem hatte der Fürst ihn hier anvertraut?
Er betrachtete die sehnigen
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