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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Gebet.
    Dann griff er in sein orangefarbenes Gewand und zog eine kleine Elfenbeinschnitzerei heraus, um sie anzubeten. Er betete zu Buddha und sprach in seiner Sprache von Buddha Sakyamuni. Mit den Fingern fuhr er über den friedlich mit seinen Schülern unter Baumfarnen sitzenden Buddha, ganz sacht berührte er die Elfenbeinfigürchen.
    Attila nahm dem Mönch, der ihn ängstlich ansah, die kleine Elfenbeintafel weg. Mit seinen schmutzigen Fingern und den abgebrochenen Fingernägeln berührte er die liebevoll geschnitzten Gesichter.
    «Buddha», sagte er leise.
    «Buddha», erwiderte der Mönch und nickte eifrig. «Buddha Sakyamuni.»
    Attila hockte sich neben den Mönch, und der Mönch deutete auf jede einzelne der Figuren. «Manjusri», sagte er. Und «Samatabhadra», «Mahakasyapa», so als könnten diese Namen, die ihm so teuer und denjenigen, die ihn gefangen genommen hatten, so fremd waren, ihm wie ein Talisman das Leben retten, sogar inmitten dieses Albtraums. Bei jedem Namen nickte der Häuptling nachdenklich, und der Mönch begann immer hoffnungsvoller dreinzuschauen. «Buddha», sagte er schließlich mit flehendem Blick.
    Attila blieb in der Hocke, er betrachtete noch immer die feingeschnitzte Elfenbeinplakette und strich sich den dünnen grauen Bart dabei. Dann schüttelte er den Kopf. «Ich kenne diesen Gott nicht.» Er lächelte den Mönch mit leichtem Bedauern an, zog seinen Dolch, der an dem breiten Ledergürtel hing, packte den Mönch an seinem spärlichen Haarknoten und schnitt ihm die Kehle durch. Dann stand er auf und warf Chanat die kleine Elfenbeinschnitzerei zu.
    «Vielleicht wird ja ein guter Messergriff daraus», sagte er.
    ***
    Im kalten weißen Licht ging Enkhtuya über das Schlachtfeld, ihre Schlangen hatte sie bei sich. Eine hochgewachsene hagere Gestalt, die sich schweigend zwischen den Sterbenden und Toten bewegte.
    Himmel-in-Fetzen starrte noch immer ungläubig vor sich hin. Seine Männer sprachen bereits von der «Schlacht der vierzig Atemzüge», weil sie so rasch vorüber war. Wohl über viertausend Chinesen hatten ihr Leben auf diesem Schlachtfeld innerhalb einer einzigen Stunde gelassen. Von den Hunnen waren weniger als fünfzig gefallen. Er wandte sich mit fiebrigem Blick an Attila: «Lass uns weiterreiten. Nichts kann uns jetzt noch aufhalten. Sie fallen vor unseren Augen, als wären sie bereits geschlachtet. Nun liegen alle Reichtümer Chinas vor uns, Gold und Perlen, Seide und Elfenbein, und winzige barfüßige Mädchen mit hoher Stirn.»
    Attila klopfte ihm auf die Schulter. «Kamerad», sagte er, «das war eine einfache Schlacht, aber es braucht sicherlich mehr als unsere zweitausend, um China zu erobern.» Er sah auf. «Oder Rom. Unsere Macht mag groß sein, aber unsere Zeit ist bemessen. Zuerst kommt Rom.» Er nickte. «Dann kehren wir zurück nach China.»
    Geukchu trieb den gefangenen chinesischen Offizier mit der Speerspitze zu ihnen. Casba brachte ihm einen abgeschlagenen Kopf in einem durchnässten Sack, das Haupt des Generals. Nur eine halbe Stunde zuvor hatte dieser noch unter seinem Baldachin gelegen und auf seiner wohlbehüteten Reise entlang der nördlichen Grenze des Reiches das Schaukeln der Sänfte genossen.
    Attila lockerte das Seil um die stämmige Brust des Mannes und reichte ihm den Sack. «Du allein darfst gehen. Doch wirst du dies hier dem Kaiser bringen und ihm sagen, dass die Xioung Nu zurückkommen werden. Die ‹üblen Sklaven›», fügte er hinzu und spuckte aus.
    Der Offizier sah ihn an, nickte und nahm den Sack. Attila machte ein Zeichen, damit man ihm ein Pferd gab, und der Offizier stieg auf und band den Sack an den Sattelknauf. Erritt in östlicher Richtung davon. Er wurde zu einer immer kleineren schwarzen Silhouette, bis er schließlich gänzlich von der weißen, verschneiten Fläche verschluckt wurde.
    Sie verbrannten die Chinesen wie Hunde, die wenigen ihrer eigenen Leute, die sie an jenem Morgen verloren hatten, bestatteten sie hingegen mit gebührenden Ehren und Trauergesängen. Die Frauen und Kinder der Kutriguren gingen zwischen den Toten umher, mit geschicktem Griff streiften sie ab, was noch von Wert war. Sie sammelten möglichst viele Pfeile ein, die der Chinesen ebenso wie die der Hunnen, außerdem drei Wagenladungen mit Schwertern, Helmen und Speeren. Nur die schweren und sperrigen rechteckigen Infanterieschilde der chinesischen Fußsoldaten waren für die berittenen Krieger nutzlos. Sie luden sie trotzdem auf, um sie später

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