Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
wird dieser tote Gottkönig im ganzen Römischen Reich verehrt!»
    «Obwohl die Menschen dort keine Juden sind.»
    «Nein.»
    Himmel-in-Fetzen schaute immer verblüffter drein. «Aber die in Rom   … die Römer? Folgen sie seinen Lehren nicht? Sind es denn tüchtige Krieger?»
    «Ja, ziemlich.»
    Himmel-in-Fetzen schüttelte den Kopf. «Ich habe Mitleid mit ihnen. Ihr Geist ist verwirrt.»
    Attila fuhr fort: «Dieser Christus lehrte, dass wir unseren Feinden vergeben sollen.»
    Himmel-in-Fetzen warf den Kopf in den Nacken und lachte. «Wo doch alle Menschen wissen, dass es das größteVergnügen ist, seine Feinde zu vernichten, ihre Frauen zu vergewaltigen und ihr Gold zu stehlen!» Er griff nach dem Krug.
    «Die Römer selbst haben ihn dem Tod ausgeliefert.»
    Himmel-in-Fetzen trank aus dem Krug und wischte sich den Mund ab. «Jetzt begreife ich gar nichts mehr. Und das liegt nicht am Kumyss!»
    «Sie haben ihn vor vier Jahrhunderten ans Kreuz genagelt und dann gemerkt, dass sie Gott getötet haben!»
    «Niemand ist Gott», wandte Chanat ein.
    «Es gab einmal einen weisen Griechen», warf Orestes ein, der etwas entfernt saß. «Er sagte, wenn Pferde sich ihren Gott vorstellen könnten, so würden sie ihn sich als Pferd vorstellen.»
    Alle kicherten.
    «Gar nicht so dumm, diese Griechen!», rief Himmel-in-Fetzen.
    «Mittlerweile haben die Römer Griechenland erobert.»
    Himmel-in-Fetzen dachte nach. «Und der andere Vers? Dieser entsetzliche König aus dem Osten   …?»
    Attilas Augen blitzten auf, doch er sagte nichts.
    «Vielleicht werden wir sogar den Himmel und die Hölle selbst erobern, Euer Majestät», meldete sich Geukchu zu Wort.
    Attila sah ihn nicht an. Geukchu versank wieder in Schweigen.
    «Rom und China», sagte Himmel-in-Fetzen, ein träges Lächeln auf dem Gesicht. «Das sind zwei Weltreiche.» Erneut setzte er den Krug mit Kumyss an und tat einen tiefen Zug.
    ***
    Ein breiter Strom, den sie im silbernen Mondlicht durchquerten, ein steiniger Hohlweg mit Ritterspornstauden, dann einen sonnenbeschienenen Hang mit klapperndem Geröll hinab und über eine steinige Ebene aus Malachit und Schiefer hinweg. Warm stieg der Duft von Rosmarin, Lavendel und Schnittlauch zu ihnen auf, vermischte sich mit dem über allem liegenden Geruch nach Pferd und Leder. Es war Sommer, die Sonne schien kräftig, und sie waren viele Monate lang nach Westen zurückgeritten. Die Sonne brannte auf ihren Unterarmen, als sie nach Süden abbogen, in ein Blütenmeer aus Schlüsselblumen und Anemonen, Honigorchis, blasslila Kornblumen und gelbem Ginster und weißem Klee, weißen Buschwindröschen und violetten Kuhschellen, umsummt von einem ständig auf und ab schwirrenden Insektenheer.
    Hier standen Silberpappeln und rosafarbene Felsblöcke, die den Flusslauf begleiteten, den Fluss, der nach Hause führte. Felsen, die unter Hunderten von Jahren mit Eis und Wind bröckelten, braune Erdböschungen, die sich in den mächtigen Fluss senkten. Pferde mühten sich am anderen Ufer ab, Wagen ratterten über Kiesstrände und über flache Hänge erneut zur Ebene hinauf. Überall ragten hier in der Gegend große
kurgans
auf, die Gräber der uralten, bärtigen und blauäugigen Skythen, stumme Untiere, die im langen Gras schliefen.
    Attila schäumte schier über vor Freude. Er konnte sich kaum im Sattel halten und versuchte sich beständig aufzurichten, um Ausschau nach dem Lager seiner Leute zu halten. Orestes bemerkte es und zog ihn damit auf. Nur Orestes durfte das. Er wagte sogar, den Namen von Königin Checa zu erwähnen. Doch es stimmte alles: Ihre Freude war unbändig, die Zukunft lag strahlend vor ihnen. Sie hatten es geschafft.
    Es war eine unglaubliche Tat, diese Vereinigung von so vielen Stämmen. Bei Einbruch des Winters waren sie in die Steppe hinausgezogen, nach Osten, über den Eisernen Fluss hinweg. Tausende von Meilen waren sie ins Herz Skythiens eingedrungen, bis in den Schatten der Großen Mauer. Sie hatten die Hunnenvölker vereint, die Kutriguren und die Schwarzen Hunnen, und sich mit einem anderen großen Volk zusammengeschlossen, dem Volk von Oroncha. Obendrein hatten sie eine bewaffnete Kohorte Chinesen vernichtend geschlagen, und auf dem Weg zurück nach Hause hatten sich ihnen weitere etliche tausend Nomaden und entfernt verwandte Stämme angeschlossen. Vor ihnen, vor dieser einzigartigen großen und mächtigen Armee, lag nun nur noch eine Eroberung und dann der höchste Preis. Niemand konnte ihnen Widerstand

Weitere Kostenlose Bücher