Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
beleidigen. Er würde es mit Theoderich und seinen sechs Söhnen zu tun bekommen.
    Es gab keinen Mann auf Erden, den der König nicht gemaßregelt hätte, wenn ihm danach war. Frauen gegenüber war er deutlich weniger selbstsicher. Und seiner lebhaften, jungen Tochter gegenüber   … in ihren Händen war er Wachs. Aëtius bemühte sich, sein Lächeln zu verbergen.
    «Worüber lachst du, General?», fragte das Mädchen schelmisch. «Lass uns doch daran teilhaben. Es ist stadtbekannt, was für einen scharfen Sinn für Humor du hast – immer ein Lachen und einen Scherz auf den Lippen, als ob dich nicht eine Sorge in der Welt plagte.»
    «Nichts, rein gar nichts», erwiderte Aëtius ernst und staunte, wie kokett sie jetzt schon war.
    Sie warf ihr langes, helles Haar zurück und gab ihrem Vater einen weiteren süßen Kuss. «Nun gut», sagte sie und huschte über den Innenhof davon. Aëtius wandte sich nicht um. Er wusste, dass sie über ihre Schulter blicken würde, ob er es denn tat. Und er war alt genug, um ihr Vater zu sein, ihr Großvater.
    «Hm», brummte Theoderich zärtlich, die Hand an der Wange. Er richtete sich auf und nahm den Angriff wieder auf.
    «Dieser Christus, das war ein großartiger Prophet, ein Gesegneter.» Er wandte sich Aëtius zu. «Aber anzunehmen, ersei gleichzusetzen mit den Asen und der Macht, die über den Wassern des Abgrunds wandelt, oder dass er über die Ewigkeit nachgegrübelt hätte in seiner ungeheuren und lautlosen Einsamkeit in der Zeit vor unserer Zeit   … das ist eine Eselei! Kein Mensch ist Gott.»
    Aëtius verharrte in Schweigen.
    «Christus hat seinen Anhängern gesagt, sie sollen sich Schwerter besorgen. Das ist gut: Er war kein Muttersöhnchen!» Theoderich griff mit der Hand an das Heft seines in der Scheide ruhenden Schwertes, das, selbst in diesem friedlichen Innenhof, neben ihm auf der Bank lag. Es war das Erbschwert des Königs, das in der gotischen Sprache
Tilarids
, Angreifer, hieß und mit geheimnisvollen silbernen Runen verziert war. «Dieser Christus, er sagte, er sei gekommen, um Feuer auf die Erde zu bringen! Um die Heiden und die Ungläubigen zu verbrennen, und mit ihnen die verfluchten Hunnen, will ich meinen. Das ist gut! Dieser Christus, das war kein bleichgesichtiger Buchhaltersklave, er verabscheute die Geschäfte der Rechenstube, oder nicht? Er war ein Mann des Krieges.»
    Aëtius hustete. «Das ist eine Interpretation, ich glaube   …»
    «Und bestimmt waren seine jüdischen Vorfahren große Kämpfer. So wie wir, wir Visigoten. Das gotische Volk der Steppe. Und ich, Theoderich, Alarichs Sohn, habe meine Rolle in den Kämpfen unseres Volkes auf königlichste Weise ausgefüllt, nicht wahr? Oder habe ich weibisch herumgeschrien in der Schlacht? Und ich habe mit dieser Macht gerungen, die noch immer nicht bezwungen ist, mit Gott dem Allmächtigen. Meine Schlachten sind vorbei, außer dieser einen, diesem unaufhörlichen Zwist in der Stille meiner Seele mit dem einen ewigen, unbesiegten Gegner. Ihn halteich nach wie vor meines Schwertarmes für würdig, Gott, den höchsten Herrn! Und möge ich dennoch am Abend unbesiegt zu Bett hinken.»
    Er neigte das alte, ergraute Haupt. «Aber, mein römischer Freund, müssen noch mehr Schlachten geschlagen werden? ‹Hart trifft uns der Wille der Götter/​mich grämen die Sorgen zuhauf./​Ich weine, Geliebte, denn niemals/​nie hören die Kriege je auf.› Das sind alte Verse und eine alte Wahrheit. Ich drückte mich nie vor der Pflicht eines Mannes zu kämpfen, auch nicht vor der eines Königs. Heute aber – müssen wir jetzt gegen die Hunnen, unsere ältesten Feinde, reiten? Als Verbündete Roms?» Er brummt tief wie ein Bär. Er schien jedoch auch kurz davor, wie ein Bär loszubrüllen.
    Aber er fuhr ruhig und nachdenklich fort. «Die Geschichte ist gegen ein solches Bündnis, Freund Aëtius. Du weißt, wovon ich rede. Die Hunnen von Uldin – nun, von diesem Attila, wer auch immer er sein mag   –, ich habe nichts für sie übrig. Sie trieben uns schandhaft über das Antlitz der Erde, von Ost nach West, wir mussten fliehen, ohne zu wissen, wohin wir gehen sollten. Ohne zu wissen, wo wir unsere Köpfe nachts zur Ruhe betten sollten, wo wir Stellung beziehen könnten. Entwaffnet und entmutigt waren wir, jämmerliche Flüchtlinge. Wie hätten wir uns gegen sie zur Wehr setzen sollen? Wir flüchteten unter dem Hagelsturm ihrer Pfeile. Jedes Volk hätte dasselbe getan. Sie waren Dämonen aus der Steppe. Die

Weitere Kostenlose Bücher