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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Attila hinüber; das Weiße seiner Augen leuchtete hell in seinem rußschwarzen Gesicht. Er sagte nichts. Was gab es da zu sagen? Sie hatten sich, noch als kleine Jungen, gemeinsam durch kriegsgebeutelte Landstriche gekämpft, waren Goten und Römern gleichermaßen aus dem Weg gegangen. Sie hatten ein drittes Kind begraben, Orestes’ eigen Fleisch und Blut, seine geliebte Schwester Pelagia, und waren unbeirrt weitergezogen. Sie waren aus einer römischen Legionärsstadt geflohen und hatten die Donau unter Beschuss überquert. Seitdem hatten sie in ganz Skythien gekämpft, waren bis zu den weiten sandigen Ufern des Gelben Flusses gelangt und hatten die smaragdgrünen Fluren der Mandschurei durchstreift. Zu anderen Zeiten ihrer langen brüderlichen Freundschaft waren sie kämpfend über die ausgetrockneten Ebenen Transoxaniens gezogen und in den Bergen und Felsklüften von Chorasan gegen das Sassanidenreich angetreten. Und sie hatten in seltsamen, unheiligenSchlachten inmitten der Ruinen des Kuschanischen Reiches gekämpft, manchmal auch für indische Prinzen, dann wieder gegen indische Könige – immer jedoch für Gold und Ruhm. Nun aber war es zu dieser Gefechtssituation gekommen, in einem Land, das, wie Orestes sagte, noch keinen Namen trug. Ihre Chancen hatten schon oft übel gestanden, doch so schlimm wie diesmal hatte es noch nie für sie ausgesehen.
    Attila wusste, was Orestes dachte und was auch alle seine immer vergeblicher kämpfenden Männer dachten. Er wandte sich um und ritt mitten unter sie. Dann ließ er wild das Schwert über ihren Köpfen kreisen, wie ein Eroberer. Er brüllte ihnen mit einer Stimme zu, die selbst über das Schlachtgetöse hinweg trug, dass es so nicht enden würde. Dies war nicht sein Schicksal, einfach hier zu enden, und ihres auch nicht. Ihnen war bestimmt, nach Rom zu reiten, um es zu zerstören, und dann nach China. Denn ihnen gehörte die ganze Welt. Das habe er von Astur, dem Allvater, erfahren, und es würde hier nicht enden, und nicht jetzt. Und obwohl jeder Krieger sehr wohl wusste, dass es genau hier ein Ende haben würde und ihre Zeit gekommen war und sie in dem Brand des Dornendickichts, unter den Pfeilen und Schwertern der Kutriguren untergehen würden, glaubten sie ihm dennoch. Irgendetwas ließ sie an seine Worte glauben.
    Er bellte einen kurzen Befehl, den seine erschöpften, aber bestens gedrillten Männer sogleich ausführten. Sie gaben die durchbrochenen Kampflinien an dem Dickicht auf und traten den Rückzug an. Es wäre das Naheliegende gewesen, sich bei dem hölzernen Verhau zusammenzuscharen, aber dann hätten sie eine ideale Zielscheibe für die mörderischen Pfeile ihrer Feinde abgegeben. Daher lautete Attilas Befehl, sich zu kleinen Trupps von zehn Männern aufzustellen, oderwie viele eben von einem Trupp noch am Leben waren, und als bewegliche Einheit zu kämpfen.
    Dies war ein geschickter Schachzug. Die Kutriguren wurden plötzlich daran gehindert, ihre Pfeile in die Masse zu schießen, denn auf einmal gab es keine Masse mehr und sie liefen Gefahr, ihre eigenen Leute zu treffen. Als sie johlend und brüllend über die rauchenden Zweige der Dornenhecke hinwegsprengten, waren sie gezwungen, jede kleine Einheit einzeln anzugreifen. Und während sie die eine angriffen, wurden sie von der Seite oder von hinten von einer anderen attackiert. Es war eine militärische Strategie von geringem Aufwand bei großer Wirkung. Die Kraft und Kampfkunst von Attilas Männern und die fanatische Kameradschaft sowohl untereinander als auch ihrem König gegenüber forderten einen schrecklichen Blutzoll, und längst gab es weit mehr Tote unter den Kutriguren als unter den Hunnen. Obwohl es niemand von ihnen wusste, kämpften die kleinen Einheiten von Attilas Männern wie winzige römische Legionen; und im Gegensatz zu der umherwimmelnden, überraschten und als träge Masse agierenden Kavallerie der Kutriguren erwiesen sie sich als unbezwingbar.
    Rauch und Dunst hingen schwer in der Luft, die Schreie der Männer klangen wie die von Tieren. Erschöpfung legte sich über die Kämpfenden, das Hauen und Stechen schien kein Ende nehmen zu wollen. Wie lange würden sie noch durchhalten können? Nicht an der Stärke ihrer Gegner würden sie zugrunde gehen, sondern an der eigenen Erschöpfung. So ist es nahezu immer. Die Ermüdung ist es, die tödlich ist für einen Krieger.
    Attila und Orestes und ihre engsten Gefährten kämpften Rücken an Rücken am rechten äußeren Rand des kleinen

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