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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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hinein.
    Drei Dinge ereigneten sich fast gleichzeitig. Chanat stöhnte auf, wandte sich von der Schlacht ab und schleppte sich zu einer Handvoll Kameraden hinüber. Zum Entsetzen seiner Männer griff sich Attila plötzlich an die Brust. Dann ließ er sein Schwert sinken und schwankte ein wenig, und da sahen sie, dass er von einem schwarzgefiederten Pfeil getroffen war. Es war keine kleine Wunde, die rasch verbunden und gleich wieder vergessen werden konnte. Die Pfeilspitze steckte zwischen seinen Rippen, tief in der Brust, wenn auch nicht auf der Seite des Herzens. Attila zerbrach den Schaft und warf ihn weg, band sein Lederwams enger um die Wunde und richtete sich wieder auf.
    Beinahe im selben Augenblick hörte man einen seltsamen Ton in der Ferne, der in der staubigen Luft ganz erstickt und unwirklich klang. Die Kämpfe wurden langsamer, zögerlicher,wie im Traum. Einer der Kutriguren hielt mitten im Schwertstreich inne und drehte sich halb um. Er hätte in dem Moment getötet werden können, doch der Klang ertönte erneut, und sein Gegner – es war Yesukai, inzwischen auf einer ganzen Seite von der Schulter bis zum Oberschenkel in dunkles Blut getaucht – hielt ebenfalls inne und blinzelte nach Osten.
    Ein drittes Mal erschallte der Ton, ein unerklärlicher, trister Klang, der durch die Luft und am Boden entlanggrollte. Die Kutriguren hörten allesamt auf zu kämpfen, und ganz weit hinten blieb auch ihr Häuptling stehen und wandte sich um. Es war, als hätte ein unsichtbarer Gott den Befehl gegeben, dass die Schlacht aufhören solle. Das ganze Schlachtfeld rührte sich nicht und wartete.

8.
Gefangen, verwundet, verdammt
    Allmählich legte sich der Staub. Leise glimmten und knisterten die Feuer, die sich von den Dorfhütten nährten. Das letzte Gestrüpp war bereits verschwunden, es war nur eine verkohlte Markierung zurückgeblieben, wie bei einem komplizierten, tödlichen Spiel.
    Die Luft war wieder klar. Der Himmel zeigte sich in tiefem Samtblau, einsam hing die goldene Mondkugel darin.
    Die Kutriguren und ihre Feinde blickten in dieselbe Richtung und sahen, dass in der Ferne ein Feuer den Himmel spaltete. Es war kein großes Feuer, aber groß genug, um gesehen zu werden, dort im Osten. Es mochte etwa fünf Meilen entfernt sein, genau dort, wo sich das Lager der Kutriguren befand. Vor dem tiefblauen Himmel stieg schwarzer Rauch in die kühler werdende Luft auf, wie Rauch von einer Esse, wie der Rauch aus den verfluchten Ölfeldern an der chorasmischen Küste. Er ließ trotz der hellleuchtenden Scheibe den Himmel fahl erscheinen.
    Attilas letzter Verbündeter. Schwarzes Feuer.
    Auf einer leichten Erhebung, nur vielleicht eine halbe Meile entfernt, tauchte eine Gruppe von Menschen auf. Keine Armee edler Krieger, die ihm in dieser Stunde der Not beistanden, zum Dank für eine heldenhafte Tat, die er einst aus Kameradschaft vollbracht hatte. Ihre Retter zeichneten sich, wie Attila es gesagt hatte, nicht durch Stärke aus, sondern durch Schwäche: Alte mit verbundenen und bis auf die Knochen abgemagerten Händen, Frauen, die an selbstgefertigten Hanfseilen angebunden waren, Kinder, schmutzigund nervös. Ein gedrückter, zu Tode erschrockener Zug von mindestens hundert, von ihren Bewachern auf Speereslänge entfernt gehalten.
    Das tiefe Stöhnen des Horns ertönte von Neuem, es war Geukchu, der es blies. Er und Candac und ihr Trupp von zwanzig Männern zeigten sich nun in der zunehmenden Dunkelheit auf der Anhöhe im Osten, sie flankierten auf ihren Pferden die Gefangenen, die gefesselt und ganz mutlos waren. Das Horn, das geblasen wurde, war ein riesiger Halbmond aus Elfenbein, schon ganz gelb und rissig. Es war das heilige Horn der Priester der Kutriguren, das vor vielen Generationen ausgegraben worden war. Der ausgehöhlte Zahn eines Urtiers, dessen Knochen aus dem staubigen Gelb einer zerbröckelnden Kalksteinspitze geragt hatten – eine Rasse, die vermutlich längst nicht mehr auf Erden wandelte.
    Die Kutriguren starrten lange angestrengt auf ihre eigenen Leute, wie sie da in Ketten gingen. Die Augen des alten Häuptlings waren nicht mehr gut, nicht in der Dämmerung. Doch viele seiner Krieger kniffen die Augen zusammen und glaubten, ihre betagten Väter und Mütter unter den unglückseligen Gefangenen zu sehen, ihre Schwestern, die noch viel zu klein waren, um mit ihren gebogenen Messern in die Schlacht zu ziehen, oder ihre Frauen mit Säuglingen an der Brust und Kleinkindern an der Hand. Ausnahmslos alle

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