Der schwarze Magier
bestimmt waren es Zauberformeln, denn Djinn wurde plötzlich lammfromm, schnaubte leise und ließ seinen neuen Reiter ohne Probleme aufsitzen. Kurz darauf verließen sie Jerusalem.
Während sie gen Osten ritten, wurde im Westen des Heiligen Landes der Friedensvertrag zwischen Richard und Sultan Saladin besiegelt.
Fast übergangslos verwandelten sich die kargen Hügel von Jerusalem in ein vegetationsloses Felsenmeer. Die sanft gerundeten, von Erosionsrinnen durchfurchten Berge lagen unter der gleißenden Sonne dieses Septembers im Jahre des Herrn 1192. Bei ihrem Aufbruch in Jerusalem war es noch herbstlich warm. Je tiefer sie in das Wüstengebirge ritten, umso heißer wurde es. Der fast weiße Fels warf die blendende Helle zurück und schmerzte in den Augen. Das Licht war hart und verschwommen zugleich, fast zeitlos. Rupert wurde daran erinnert, dass er sich auf dem Schauplatz des Alten und des Neuen Testaments befand. Schon seit grauen Zeiten dienten diese ausgedörrten Dünen als Zufluchtsort für Propheten, Verfolgte, Mönche und Könige. Das Land der Bibel umfing ihn mit staubtrockener Hitze, milchigem Himmel und unendlicher Einsamkeit.
Der steinige Pfad verlor sich schon bald in der Unwegsamkeit. Da und dort sahen sie Ziegen, die sich zwischen den Felsen mühsam ihr karges Futter zusammensuchten. Der Ritt war eintönig. Als die Sonne sank, trafen sie auf ein Beduinendorf. Dunkle Zelte aus Ziegenfell und Kamelhaardecken wirkten wie Lumpenhaufen, zwischen denen vermummte Gestalten huschten. Neugierig blickten sie den Ankömmlingen entgegen.
»Salam aleikum, Söhne der Wüste«, begrüßte Rupert die Beduinen auf Arabisch.
»Aleikum salam! Bereitet uns die Freude, Euch als Gäste in unseren bescheidenen Zelten zu bewirten.« Der Dorfälteste schlug die Eingangsmatte zu einem Zelt zurück. Einige Jungen tränkten die Pferde und warfen ihnen hartes Heu vor. Im Zelt wurden sie mit Tee, Hammelfleisch, Bohnen und Hirsebrei bewirtet. In der Nacht wurde es empfindlich kalt. Sie wickelten sich in die mitgebrachten Decken ein, der alte Beduine gab ihnen Schaffelle, die sie gegen die Kälte auf den Boden legten. Rupert war verwundert, wie komfortabel sie in den von außen so schäbig wirkenden Zelten nächtigen konnten.
Im zeitigen Morgengrauen verließen sie die gastlichen Beduinen, nachdem sie ihnen einen Abschiedstrunk aus saurer Kamelmilch gereicht hatten.
Um schneller vorwärts zu kommen, folgten sie weiter dem Lauf des Tales. Es verengte sich zu einer schmalen Klamm, teilweise war sie am Grund nur wenige Meter breit. Sie schien zeitweise Wasser zu führen, doch nach diesem heißen und trockenen Sommer war alles ausgetrocknet. Das Klappern der Pferdehufe hallte von den Felswänden wider. Sie sprachen kein Wort miteinander, jeder hing seinen Gedanken nach.
Der Weg führte stetig abwärts, die Luft schien den beiden Reitern den Schädel zerdrücken zu wollen. Ab und an zeugten halb vertrocknete Tamarisken-Bäume, Salzsträucher und graue Schilfhalme davon, dass das Tal manchmal Wasser führte. Die Felswände rückten immer enger zusammen, der Himmel war kaum noch zu sehen und der Fuß der Schlucht bot kaum Platz für die bepackten Pferde.
Unvermittelt öffnete sich das Tal und vor ihnen lag in satter Türkisfarbe das Salzmeer. Überwältigt vom Anblick, zügelte Rupert sein Pferd. Wie ein riesiger, länglicher Edelstein erstreckte sich dieses Meer entlang des tiefsten Teiles eines breiten Tales, das im Westen von den judäischen Bergen begrenzt wurde. Am jenseitigen Ufer war ein weiterer Bergrücken zu erkennen, der fast im Dunst verschwand – die jordanische Wüste.
»Wir werden hier rasten, bevor wir in Richtung Süden weiterziehen«, befahl Rupert. Die Packpferde hatten einige grüne Sträucher entdeckt, die an der Mündung des Kidron-Tales zwischen den Steinen wuchsen. Mustafa sprang von seinem Pferd und sattelte die beiden Packpferde ab. Achtlos warf er das Gepäck neben die Felsen.
Djinn spürte das leise Beben der Felsen als Erster. Seine Unruhe übertrug sich auf Rupert, der vergeblich versuchte, das feurige Tier zu bändigen. Mit einem tiefen kehligen Wiehern warnte er die anderen Pferde. Es war nur ein kleines Rinnsal, das sich zwischen den Steinen seinen Weg suchte.
»Wasser!«, rief Mustafa. »Wir können die Wasserschläuche nachfüllen.« Seine Worte gingen in einem tiefen Grollen unter, das aus der Tiefe des Tales kam. Die Felswände schienen zu schwingen. Dann herrschte für einen Augenblick
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