Der schwarze Magier
Garten. Oliven- und Zitrusbäume wuchsen hier, Wein rankte an Spalieren entlang und Blumen blühten rot, violett, weiß und gelb. Hoch oben in den Felsen klebte ein Kloster wie ein Adlerhorst, gegen Westen entdeckte er eine Festung. Es schien nahezu paradiesisch. Er erinnerte sich an die Tochter Isaak Komnenos’, die er in der Gegend gefangen nahm. Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe, sei hier geboren. Die Landschaft lag mild und lieblich unter der warmen Sonne.
Er lenkte Djinn den schmalen Weg hinauf zum Gehöft. Die Dienerschaft schien instruiert, sie erwarteten ihren neuen Herrn am Tor und begrüßten ihn ehrerbietig.
Das Haus besaß nur ein Obergeschoss, aber es genügte Ruperts Ansprüchen vollkommen. Nur wenige Bedienstete gab es, die Haus, Hof und Garten versorgten. Rupert war froh darüber, denn er suchte Einsamkeit, Ruhe und Erholung.
Doch Guy de Lusignan schien sich über seinen alten Bekannten aus dem Kreuzzug jedenfalls so zu freuen, dass er ihn schon bald auf seine Sommerresidenz, die Burg St. Hillarion im Norden von Zypern, einlud. Es war eine beschwerliche, wenn auch interessante Reise, die Rupert unternahm. Er überquerte das gewaltige Trodosgebirge, vorbei an Gebirgsbächen, Obsthainen und idyllisch gelegenen Dörfern, ritt in höheren Lagen durch die Pinienwälder mit den einsam gelegenen Klöstern und Einsiedeleien, besuchte die Hauptstadt Nikosia und gelangte schließlich nach Kyrenia, über dessen Haupt sich die imposante Festung erhob.
Die Burg bestand aus drei Teilen, die sich übereinander an den Berg schmiegten. Zuunterst befanden sich Garnison, Stallungen und die Zisternen. Im Mittelteil lagen der Küchentrakt, Wohnräume und eine kleine Schlosskapelle. Die Oberburg jedoch beherbergte die königlichen Gemächer. Überall herrschte eine rege Bautätigkeit, der König ließ die Bürg ausbauen und befestigen. Der herrliche Ausblick über die Insel und auf das Meer entschädigte Rupert für den beschwerlichen Aufstieg.
Lusignan bewirtete Rupert mit den köstlichen Weinen, die die Insel zu bieten hatte. Vor allem den Wein von Kolossi rühmte er, vielleicht schon deshalb, weil er von den Ordensrittern gekeltert und vermarktet wurde. Der König bemühte sich um einen guten Kontakt zum Orden, zumal er befürchtete, die mächtigen Templer und Johanniter könnten ihn in seiner Macht beschneiden.
»Ich hoffe, Ihr fühlt Euch wohl auf Eurem Gut, verehrter de Cazeville. Zwar ist es klein, aber von ausgezeichneter Lage.«
»Es gefällt mir und kommt meinem Bestreben nach Einsamkeit entgegen«, erwiderte Rupert nicht ohne frostigen Unterton. Er wollte nicht undankbar erscheinen, aber Lusignan sollte spüren, dass er nicht gewillt war, sein Günstling zu werden.
»Oh, dann wollt Ihr wohl auch ein Kloster gründen? Es gibt auf dieser Insel jede Menge Einsiedeleien und kleine Klöster. Ich unterstütze sie von ganzem Herzen.«
»So man Christ ist«, warf Rupert ein.
»Dass Richard Euch Eure Ketzerei verziehen hat, ist mir unbegreiflich, aber er ist selbst kein frommer Mann. Und trotzdem hat der Himmel ein Einsehen mit ihm.« Lusignan grinste. »Er ist wieder frei. Ich dachte, es interessiert Euch.«
Aus Ruperts Gesichtsausdruck war es nicht zu ersehen, aber sein Herz schlug schneller. »Wie das? Hat er dem deutschen Kaiser ein Minnelied vorgetragen, dass dieser zu Tränen gerührt Richard hat laufen lassen?«, spottete Rupert.
»Liebt Ihr Euren König so wenig, dass Ihr spottet?«, ärgerte sich Lusignan. Doch gleich darauf wurde er wieder vertraulich. »Er hat das Lösegeld gezahlt, das der deutsche Kaiser forderte. Stellt Euch vor, einhundertfünfzigtausend Mark in Silber!«
Die Erleichterung war Rupert nicht anzusehen, als er antwortete: »Auch als Geisel ist er eben der Größte!«
Die Ausflüge über die Insel wurden Rupert zum Bedürfnis. Er konnte sich in die Einsamkeit der Berge zurückziehen, meditieren und die Natur genießen. Oder er begab sich in die großen Hafenstädte, wo er Waren für seine Bedürfnisse kaufte, Gewürze, Medikamente, Baumwollstoffe. Schnell hatte sich herumgesprochen, dass er ein Heilkundiger war. Die Patienten kamen in immer größeren Scharen, um sich von ihm behandeln zu lassen.
Die Folgen seiner Krankheit verspürte Rupert noch lange, jedoch ließen die Schwächeanfälle nach, er bekam kein Fieber mehr und das milde Klima der Insel trug zu seiner baldigen Genesung bei.
Ein Jahr nach Ruperts Ankunft auf der Insel starb Guy de Lusignan und
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