Der schwarze Magier
Fanatismus ausrotten, den sie vertritt.« Er lachte bitter auf. »Ich habe sie kennen gelernt, diese Prediger Gottes. Ob im irischen Kloster, in den Ordensbruderschaften der Kreuzritter, ob die feisten Bischöfe oder schlangenzüngigen Priester, sie brechen das Wort Gottes oder drehen es um, wie sie es gebrauchen können. Ich konnte noch nicht laufen, da lernte ich bereits das Paternoster und die zehn Gebote. Eines davon heißt: Du sollst nicht töten. Doch was haben die Bischöfe auf dem Kreuzzug getan, was taten die Ordensbrüder der Templer und Johanniter? Sie mordeten im Namen des Herrn! Was tat Richard? Er besudelte sich mit Blut unzähliger Unschuldiger!«
»Es waren Heiden«, warf Guillaume ein.
»Würdet Ihr Eure sarazenische Frau auch kaltblütig töten?«
»Sie ist inzwischen getauft!«
»Und lebt mit Euch in Unzucht. Egal wie Ihr es dreht, de Carbonnel, gegen die Allmacht der Kirche werdet Ihr nicht ankommen.«
Er sah die Funken in den Augen des Ritters. »Mir ist egal, wie der Gott heißt, zu dem meine Frauen beten«, sagte er leise. »Wenn sie mich nur lieben und ich sie.«
»Ihr seht, wohin die Liebe einen Menschen bringen kann, egal ob es die Liebe zu einem anderen Menschen oder zu Gott ist. Wer auf dem Strom der Leidenschaft leichtfertig die Leinen löst, geht ganz schnell unter.«
Die innere Unruhe, die Rupert zeit seines Lebens durch die Welt trieb, meldete sich wieder. Vor allem waren es beängstigende Träume, von denen er in letzter Zeit geplagt wurde. Die Visionen waren unklar und verworren. Er träumte von hübschen Knaben, die zu Mädchen wurden, er träumte von Kriegen, die aufflammten wie Feuer im Wind, und er sah sich wälzende Leiber in riesigen Betten. Er schob diese Träume auf seine asketische Lebensweise, die jegliche weibliche Wesen aus seiner Umgebung verbannte. Er hatte einfach kein Bedürfnis, sich irgendeine Frau ins Bett zu holen. Seit der schrecklichen Vorgänge auf der Burg empfand er einen seltsamen Widerwillen gegen Frauen.
Immer wieder war es König Richard, der ihm in seinen Visionen erschien. Obwohl er wusste, dass die skandalöse Gefangennahme des englischen Königs durch den deutschen Kaiser ein gutes Ende genommen hatte, konnte er diese Unruhe nicht verdrängen. Wieder und wieder sagte er sich, dass er nicht für Richards Tun verantwortlich war, dass er ihm möglichst nie im Leben wieder begegnen sollte, um nicht erneut in die abenteuerlichen Strudel des königlichen Schicksals verwickelt zu werden. Und doch konnte er den Gedanken nicht ganz beiseite schieben.
Drei Jahre lebte er bereits auf der reizvollen Insel mit dem sanften Klima. Doch es hielt ihn nichts mehr auf Zypern. Er mochte keine kranken Bauern und deren Esel mehr behandeln, er wollte nicht mehr Beisitzer an der Tafel des Königs sein, er wollte nicht mehr die weiten Umhänge der Tempelritter sehen, wenn er die Märkte am Hafen besuchte. Es trieb ihn fort. Es gab einen Magneten und der befand sich in Aquitanien. Ob Rupert wollte oder nicht, er wurde von ihm unwiderstehlich angezogen.
Er sandte eine Botschaft an König Amalrich, gab ihm seinen Landsitz zurück, packte seine Habe zusammen und ritt nach Paphos, um ein Boot für die Überfahrt nach Marseille oder nach England zu finden.
Er war noch nicht weit gekommen, als er eine Nonne sah, die, ihr Gewand fest um sich geschlungen, in Richtung Burg eilte. Als sie den Kopf hob, erkannte Rupert sie. Es war Schwester Yolande. In jeder anderen Situation wäre Rupert an ihr vorbeigeritten, ohne sie zu beachten. Mönche und Nonnen waren für ihn nichts weiter als unnütze Würmer auf Gottes Erden, die mit ihrem Glaubenseifer das Christentum wie eine Seuche verbreiteten. Nicht so bei Schwester Yolande. An ihren Händen klebte besonderes Blut. Als Rupert sie erkannte, quoll in ihm eine schwarze, abgründige Lust auf. Er zügelte Djinn.
»Sieh an, die unermüdliche Braut Gottes«, höhnte er. »Seid Ihr wieder auf der Jagd nach einer verirrten Seele?«
Schwester Yolandes graue, etwas eng zusammenstehende Augen warfen Rupert einen vernichtenden Blick zu.
»Seid Ihr ein Mann des rechten Glaubens?«, zischte sie.
Rupert schüttelte den Kopf. »Nein, nur einer mit einem guten Gedächtnis. Ich habe nicht vergessen, was Ihr da oben angerichtet habt.« Er deutete mit dem Kopf zur Burg hinauf.
»Ich habe Gott eine Seele in den Himmel gesandt«, rief sie. Ein triumphierendes Lächeln überflog ihr Gesicht.
»Und dafür solltet Ihr belohnt werden«,
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