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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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Nähe ganz angenehm. Sie bot seinen Augen einen erfreulichen Anblick, kümmerte sich mit mütterlicher Wärme um ihn. Das Essen, das sie zubereitete, schmeckte gut und der Tee bescherte ihm eine angenehme innere Wärme. Er lag auf der Pritsche, dämmerte vor sich hin und wünschte sich, dass sie ihm, wie einst seine Mutter, Geschichten über edle Ritter, holde Damen, schreckliche Drachen und die ewige Liebe erzählte.
    »Möchtest du eine Geschichte hören?«, fragte sie leise, nachdem sie das Geschirr weggeräumt hatte.
    Er zuckte zusammen, als hätte sie seine Gedanken geraten, und nickte schwach. Sie sollte nicht sehen, dass er sich über ihr Angebot freute.
    Sie setzte sich wieder auf den Rand der Pritsche und betrachtete aufmerksam den Jungen, den sie halb verhungert und völlig verstört im Wald gefunden hatte. Er war ein Mönch, die Kutte, die geschnittene Tonsur verrieten es ihr. Doch er befand sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Sein Rücken war mit länglichen Narben überzogen, die von Geißelungen stammten. Er war völlig unterernährt, verschmutzt und krank. Im Fieber schrie er oder sprach wirre Phantasien.
    Mit einer beruhigenden Handbewegung strich sie die Decke glatt, die sie über ihn gelegt hatte. Ihre Stimme besaß einen sanften, warmen Ton.
    »Lange Zeit, bevor der Christengott auf die grüne Insel kam und die Seelen der Menschen beherrschte, gab es ein Volk, das sich Tuatha De Danann nannte. Sie hatten einen König, der Nuada hieß. Dieses Volk und sein König lebten auf der grünen Insel, doch sie wurden bedroht von den Fir Bolg, einem bösen, kriegerischen Volk, in dem dunkle Mächte walteten. König Nuada schaffte es nicht allein, gegen die Gefahr zu kämpfen, und bat um die Hilfe der Fomore. Das waren geheimnisvolle Riesen, die ungeheure und schreckliche Kräfte in sich trugen. Die Fomore halfen König Nuada, die Fir Bolg zu besiegen. Doch damit hatte sich das Volk der Tuatha De Danann nun in die Abhängigkeit der Fomore begeben. Bei diesem Kampf hatte der König einen Arm verloren, nun konnte er nicht mehr regieren. Die Fomore haben das Volk schrecklich ausgebeutet, bis sich der König einen Arm aus Silber verschafft hat und damit seine Königswürde zurückerlangen konnte.« Sie machte eine Pause, weil sie glaubte, der Junge sei eingeschlafen, doch Rupert hob die Augen und blickte sie an.
    »Erzähl weiter«, murmelte er. »So eine Geschichte habe ich noch niemals gehört.«
    »Dann hör gut zu. Der König veranstaltete ein Fest und versammelte dazu ausschließlich die klügsten, künstlerischsten und kriegerischsten Männer seines Volkes. Es waren Männer mit höchster Spezialisierung und der König wollte, dass von jeder Kunst nur ein Vertreter im Saal anwesend sei. Deshalb ließ er das Fest von einem Pförtner bewachen. Da erschien ein junger Krieger und begehrte Einlass. Er war jung, schön und liebenswürdig und sah aus wie ein König. Der Pförtner bat ihn, seinen Namen zu nennen, und der junge Krieger antwortete, er sei Lug Lonnandclech, Sohn des Cian, Enkel des Diancecht, des Gottes der Heilkunde der Tuatha De Danann. Sein Großvater mütterlicherseits aber sei Balor, der gefürchtete einäugige Riese, der Führer der Fomore. Dieser junge Krieger Lug war also sowohl ein Abkömmling der Tuatha als auch der Fomore, sein Wesen stammte aus zwei verschiedenen Welten. In ihm vereinte sich die stark ordnende und spirituelle Macht der Tuatha De Danann und die fürchterliche, instinktive und durchschlagende Kraft der Fomore.«
    »Wie konnte er damit leben, dass zwei so gegensätzliche Wesen in seiner Brust wohnten?«, fragte Rupert erstaunt.
    Rigana beugte sich zu ihm herab. »Jeder lebt mit diesen zwei Wesen in sich«, flüsterte sie geheimnisvoll. »Doch höre, wie es weiterging. Der Pförtner fragte nun, welche Kunst oder welches Handwerk er beherrsche. Da sagte Lug, er sei Zimmermann, doch der Pförtner wies ihn ab, im Saal sei bereits ein Zimmermann. Dann sagte Lug, er sei Schmied, doch der Pförtner entgegnete, auch ein Schmied sei schon anwesend. Da erklärte Lug nacheinander, er sei Kämpfer, Harfespieler, Held, Geschichtenschreiber, Magier, Mundschenk, Arzt und beschlagen in allen Künsten, doch jedes Mal hörte er von dem Pförtner, dass ein derartiger Mann bereits anwesend sei.
    Schließlich sagte Lug, der König möge ihm den Mann zeigen, der alle diese Künste in einer Person beherrsche. Das konnte Nuada nicht und so erhielt Lug Eintritt in den Festsaal. Der König
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