Der schwarze Magier
ausmacht. Ich bin gerecht. Ob Bauerntölpel oder Ritter, wer schuldig ist, ist schuldig. Philipp, dieses Lamm, verschweigt und vertuscht solche Verbrechen. Was ist das für ein König, der sich von seinen eigenen Mannen so dirigieren lässt?« Er lachte verächtlich auf. Dann erhob er sich, um die Urteile vollstrecken zu lassen.
Rupert schaute ungerührt zu. Denjenigen, die jetzt am Galgen starben, blieb ein viel grausamerer Tod erspart, der sie unter der glühenden Sonne des Heiligen Landes erwartet hätte.
Richard ahnte nichts von Ruperts Gedankengängen. Zufrieden rieb er sich die Hände, als die Verbrecher gehenkt waren. »Und nun nehme ich mir diesen hässlichen Tankred vor«, sagte er unternehmungsfreudig.
Der sizilianische König war in der Tat ein wenig ansehnlicher Mann, das hatte Rupert bereits am Tage ihrer Ankunft bei der Begrüßung gesehen. Doch es war ihm gleichgültig, ob ein Mann gut aussehend oder hässlich war, er las in ihren Seelen. Und Tankred war kein mutiger Mann, er hatte vollauf zu tun, sich der Schwierigkeiten zu erwehren, die ihn umgaben, seit er auf dem Thron Siziliens saß. Richard war auf ihn besonders schlecht zu sprechen, da Tankred Richards verwitwete Schwester Jeanne in Palermo festsetzen ließ und sich ihre gesamte Aussteuer einverleibt hatte. Bereits von Salerno aus hatte Richard eine Abordnung zu Tankred geschickt, um die Freilassung von Jeanne zu erwirken. Jetzt, wo Richard vor den Toren Messinas lagerte, schien es Tankred für klüger zu halten, Richards Druck nachzugeben.
Als Jeanne im Hafen von Messina eintraf, empfing Richard sie mit tiefer Wärme und Herzlichkeit. Rupert stellte mit Erstaunen fest, dass Jeanne eine wunderschöne Frau war. Für einen Augenblick wanderten seine Gedanken zu seiner eigenen Schwester Alice. Wie mochte sie jetzt wohl aussehen? Sofort unterdrückte er diesen Anflug aufkommender Sentimentalität. Richard geleitete Jeanne zum Hospiz Sankt Johannes, wo er ihr eine würdige Wohnstatt hatte herrichten lassen.
Rupert mochte ihn nicht begleiten, die Nähe einer Frau empfand er als unangenehm. Noch mehr beunruhigte ihn jedoch ein seltsames Gefühl, das ihn in Richards Nähe ergriff. Der König schien äußerlich ruhig, gefasst, liebenswürdig und ein wenig selbstgefällig wie immer. Doch in seinem Inneren schien es zu brodeln, eine unterdrückte Aggression suchte sich einen Weg nach außen. Rupert spürte diese Gefahr, die von Richard ausging, eine unberechenbare Gefahr wie dieser Feuer speiende Berg, der jeden Augenblick wieder ausbrechen konnte.
Doch das Schicksal spann seltsame Bande. Am Tag nach Jeannes Ankunft stattete Philipp dem englischen König einen Höflichkeitsbesuch ab. Unter der Maske der Liebenswürdigkeit taxierten sich die beiden Herrscher wie Kämpfer vor dem Angriff. Philipps scharfer Witz und seine schlagfertige Gesprächsführung waren bekannt und Richard hatte bereits Philipps spitze Zunge zu spüren bekommen. Unter seinen buschigen Augenbrauen braute sich ein Gewitter zusammen. Ob Philipp es spürte, war nicht klar, doch er lenkte versöhnlich ein und schlug vor, sich gemeinsam zum Hospiz Sankt Johannes zu begeben.
Rupert, der aus Höflichkeit dem Besuch beiwohnte, begleitete beide Könige. Es war ein seltsames Bild, wie sie, Richard zur Rechten, Philipp zur Linken, neben dem schweigenden Rupert schritten. Keiner der beiden Herrscher schien Anstoß zu nehmen, dass Rupert sich mit ihnen auf gleicher Höhe befand. Einige Male blickte Philipp ihn verstohlen von der Seite an. Rupert spürte diese Blicke, er reagierte jedoch nicht darauf. Nicht er befand sich im Bannkreis zweier Könige, sondern zwei Könige befanden sich in seinem Bannkreis. Das befriedigte Lächeln, das ihn verraten hätte, erreichte jedoch nicht sein Gesicht.
Jeanne empfing den Besuch voller Freude. Sizilien, wo sie ihre Jugendjahre und die wenigen glücklichen Ehejahre an der Seite von König Wilhelm dem Guten verbracht hatte, schien ihr offensichtlich gut bekommen zu sein. Und selbst Tankreds einjährige Geiselhaft hatte ihre Schönheit nicht verblassen lassen. Die junge Witwe war so zauberhaft, wie man mit fünfundzwanzig Jahren nur sein konnte. Und als sie Philipp gegenüberstand, sprang zwischen beiden ein Funke über, der ihre Herzen sofort in Flammen aufgehen ließ. Philipp, der seit drei Monaten ebenfalls Witwer war und das Ableben seiner zarten Frau Isabella zu beklagen hatte, traf es wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Verzaubert von Jeannes Anmut,
Weitere Kostenlose Bücher