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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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etwas von mir will, dann soll er gefälligst selbst kommen«, entgegnete Rupert barsch. Er glaubte, sich damit endgültig den Zorn des englischen Königs zugezogen zu haben. Aber er bedauerte es nicht. Er hatte kein Interesse mehr an Richard, der zu deutlich seine Schwächen zeigte.
    Doch Rupert hatte sich geirrt, was Richards Schwäche betraf und auch seinen Großmut. Der König selbst klopfte an die Tür von Ruperts bescheidener Unterkunft und erzählte ihm überschwänglich von einem bemerkenswerten alten Mann, der ihm die Zukunft voraussagen würde. Rupert zuckte die Schultern. »Soll er es tun.«
    »Aber so versteht doch, de Cazeville, er ist ein Seher wie Ihr. Wollt Ihr nicht mitkommen, um seine Weissagungen zu hören? Ihr könntet sie mir dann bestätigen.«
    »Bestätigen?« Rupert war aufgesprungen und er zog zornig die Brauen zusammen. »Was glaubt Ihr, wer ich bin? Ein Scharlatan wie dieser alte Mann?«
    »Bitte, de Cazeville, bildet Euch doch selbst ein Urteil und kommt mit mir.« Richard blickte Rupert eindringlich an. Ruperts Neugier war geweckt, doch er gab es nicht vor dem König zu. Entschieden schüttelte er den Kopf. »Verdammt noch mal, de Cazeville, soll ich vor Euch auf die Knie fallen?«
    »Wie vor dem Bischof?«, spottete Rupert. »Von mir habt Ihr keine Vergebung zu erwarten.«
    Wider Erwarten schwieg Richard. »Ich weiß«, sagte er leise. »Trotzdem bitte ich Euch. Es liegt mir sehr viel daran, Eure Meinung über diesen Mann zu hören.«
     
     
    Er war vielleicht achtzig Jahre alt, sein weißes Haar war dünn, seine Haut faltig wie altes Pergament. Sein Name war Joachim, Abt von Corazzo. Neben dem vierunddreißigjährigen kraftstrotzenden König wirkte der seherische Greis wie ein Geist aus einer anderen Welt. Richard lauschte dem Alten ergriffen, der sich langatmig über die Apokalypse ausließ und sie mit verschlüsselten Anspielungen kommentierte. Rupert waren diese philosophischen Gedankengänge nicht neu und vor allem die rätselhaften Deutungen fanden sein Interesse. Doch dieses verbarg er hinter einem ausdruckslosen Gesicht, mit dem er den Worten des alten Mannes folgte. Er spannte sich jedoch deutlich an, als Richard ihn zum Ausgang des Kreuzzuges befragte.
    »Unter den sieben wichtigsten Verfolgern unserer Heiligen Kirche ist Saladin. Er, der Gottes Kirche unterdrückt hat und mit ihr das Grabmal des Herrn und die Heilige Stadt Jerusalem und das Land, das die Füße Jesu betreten haben, dieser wird bald das Königreich Jerusalem verlieren und getötet werden. Und die Gier der Sarazenen wird untergehen und es wird ein riesiges Massaker unter ihnen angerichtet werden, wie es seit Beginn der Welt noch keines gegeben hat, ihre Wohnungen werden leer und ihre Städte verwüstet sein. Und die Christen werden in ihr verlorenes Land zurückkehren und dort ihre Nester bauen.«
    »Wann wird das stattfinden?«, fragte Richard.
    Joachim antwortete: »Wenn seit dem Tag, an dem Jerusalem erobert wurde, sieben Jahre vergangen sind.«
    Bestürzung malte sich auf Richards Gesicht. »Sind wir zu früh gekommen?«
    »Nein«, antwortete der Greis, »dein Kommen ist sehr wichtig, denn Gott wird dir den Sieg über all deine Feinde schenken und deinen Namen über all den irdischen Fürsten erhöhen.«
    Richard lächelte befriedigt. Wenn das keine ruhmreichen Aussichten waren!
    »Dies hat der HERR für dich vorgesehen«, fügte der Mönch hinzu, »und ER lässt zu, dass es durch dich geschieht. ER schenkt dir den Sieg über deine Feinde und ER selbst wird deinen Namen in Ewigkeit preisen. Du wirst IHN preisen und ER wird durch dich gepriesen, wenn du das begonnene Werk vollendest.«
    Ein Raunen der Bewunderung ging durch den Saal und Zuversicht spiegelte sich auf den Gesichtern der zahlreichen Zuhörer. Andächtig blickten sie auf den greisen Seher, der Erzbischof von Salisbury, der Erzbischof von Rouen, der Bischof von Evreux, der Bischof von Bayonne…
    Rupert erhob sich leise und verließ den Saal. Richard stellte weitere Fragen nach dem Antichrist, die disputatio zog sich in die Länge. Rupert blickte zum sternenklaren Himmel empor, die kalte Nachtluft ließ ihn frösteln. Und er wünschte sich auf die grüne Insel zurück, in die unendlichen Wälder mit ihren Geheimnissen, die für ihn keine mehr waren. Er würde nicht zu Richard gehen und ihm sagen, was er sah: Blut abendländischer Ritter, Kettenpanzer im ausgedörrten Wüstenboden, ein Massaker, das die Welt noch nicht gesehen hatte, vollführt

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