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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht, daß du uns mit der Polizei drohst, ja, daß du überhaupt an die Polizei denkst! Schon solches Denken beleidigt uns.‹ Und dann haben sie ihn ergriffen und weggeführt.«
    »Und Papa hat sich nicht gewehrt?«
    »Es waren drei Männer, mein Sohn. Er ist ganz ruhig mit ihnen gegangen. Mit hocherhobenem Kopf – er war ein stolzer Mann, und ein Zhong, sagte er, beugt nie sein Haupt.«
    »Du warst dabei, Mama? Warum hast du nicht geschrien? Warum bist du nicht gelaufen und hast Hilfe geholt?«
    Die Witwe Zhong krempelte die Ärmel ihres Kleides hoch und hielt dem Jungen ihre Arme unter die Augen. Über beide Oberarme zogen sich blutige Striche, die sie mit Jod eingepinselt hatte. Sie trug keine Verbände – Luft heilt alle Wunden, sagt eine alte chinesische Weisheit.
    »Deswegen …«
    Der Junge starrte auf die zerschnittenen Oberarme seiner Mutter. Seine Lippen preßten sich fest aufeinander.
    »Sie wollten auch dich töten?« stieß er dann hervor.
    »Nein, nur warnen.«
    »Ich werde Papa und dich rächen!« sagte der Junge mit der festen Stimme eines Kämpfers. »Ich habe keine Angst vor den Triaden. Wenn ich einen erkenne, töte ich ihn. Einen nach dem anderen. Sie werden nicht wissen, wer es getan hat. Es gibt keine Zeugen.«
    »Du wirst mit deinen Geschwistern nach Amerika fliegen, nach Los Angeles, zu Tante Juzhen. Da können sie euch nicht kriegen.«
    »Und du, Mama?«
    »Ich bleibe und führe Papas Lokal weiter.«
    »Sie werden dich zwingen, Tante Juzhens Adresse herauszugeben.«
    »Das können sie nicht. Ich werde schweigen und sterben …«
    Der Junge starrte vor sich hin, und er dachte und fühlte wie ein Zhong, der nie sein Haupt beugen würde, auch nicht vor einem Kaiserschwert. Ihn mußte man aufrecht stehend köpfen.
    »Ich werde aus Los Angeles zurückkommen nach München«, sagte er nach langem Schweigen. »Wenn ich ein Mann geworden bin – in zwei Jahren. Ich brenne den Tag, an dem man Papa tötete, in mein Herz, und es wird erst wieder schlagen wie bei einem Menschen, wenn ich Papa gerächt habe. Bis dahin wird mein Herz nur eine Flamme sein, die meine Feinde verbrennt.«
    Und Su Kun, die Witwe Zhongs, drückte den Kopf ihres Sohnes an ihre Brust und sagte ganz ruhig: »Ich bin stolz auf dich, Lihong. In dir lebt der Geist unserer Ahnen.«
    Das alles blieb dem 13. Kommissariat natürlich verschlossen. Kriminaloberrat Peter Probst schickte seine Ermittler los, aber wo sie auch nachfragten in den Restaurants oder Geschäften, sahen die Chinesen sie an, als sprächen sie in einer unbekannten Sprache. Nur ein Chinese sagte – und er sprach praktisch für alle Münchner Chinesen – mit einem höflichen Lächeln:
    »Wir wissen gar nichts.«
    »Wie immer!« konterte der Kriminalbeamte.
    »So ist es – wie immer.«
    »Wann werdet ihr endlich vernünftig?«
    »Wir sind vernünftig – weil wir nichts wissen.«
    »Immer dasselbe!« rief PP bei der nächsten Morgenbesprechung im 13. Kommissariat und hieb mit der Faust auf die vor ihm liegenden Zeitungen. Die Schlagzeilen sprangen ihm ins Auge: › Unbekannter Chinese im Olympia-Park ermordet‹ – ›Chinese grausam hingerichtet! War es die chinesische Mafia?‹ – ›Wieder schlugen die Triaden zu: Verstümmelter Chinese im Olympia-Park gefunden‹ – ›Wann wacht unsere Polizei endlich auf?‹
    »Diese Journalisten! Wann wacht die Polizei endlich auf … Am Schreibtisch hinterm Computer ist es leicht, herumzumeckern und uns für Arschlöcher zu halten! Was wissen diese Schmierfinken, was die Triaden sind? Wenn sie es besser können als wir, gut, dann sollen sie sich auf die Socken machen! Kollege Benicke von der Mordkommission wird dann viel Arbeit bekommen. Was uns bleibt: observieren. Vielleicht finden wir das Garnende und können das Knäuel aufwickeln! Das wäre fast wie ein Wunder, das man dem Papst melden könnte.«
    Die Ermittlungen wurden eingestellt; die Leiche des Zhong Yushan in die Pathologie der Uni gebracht, für den Unterricht der Medizinstudenten.
    Am Samstagmorgen erschien Aisin Ninglin bei der Witwe Zhong, sprach ihr sein Mitgefühl aus und verlangte 10.000 Mark. Sie gab ihm das Geld ohne Zögern.
    Aber das war nicht alles. Ninglin gab ihr noch ein Papier mit einer Rechnung:

Fahrt zum Olympia-Park
DM
12, –
Befragung
DM
200, –
3 Stunden Verhör
DM
600, –
1 Patrone, 9 mm
DM
900, –
Rückfahrt
DM
20, –
Summe
DM
1.732, –
+ Sonderzulage
DM
5.000, –
Insgesamt
DM
6.732, –

    Su Kun beglich auch diese Rechnung. Aber

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