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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hühnerfleisch in Sichuan-Soße löffelte. Ein höllisch scharfes Gericht.
    Auf dem Weg zur Toilette öffnete er eine schmale Tür, auf der das Schild M AGAZIN klebte, und drückte dort auf einen Knopf, der zwischen den mit Reis- und Nudelsäcken gefüllten Regalen angebracht war. Lautlos schwenkte eines der Regale zur Seite. Eine steile Treppe führte in den Keller.
    In einem Büro ohne Prunk, ziemlich nüchtern und modern ohne chinesische Anklänge, saß Min Ju hinter einem fast leeren Schreibtisch. Ein paar Zeitungen lagen herum, mehr nicht … kein Beweismaterial, wenn es jemals eine Razzia geben sollte, bei der der Kellerraum entdeckt wurde. Alle wichtigen Papiere waren im Safe einer bekannten Großbank verschlossen und lauteten auf den Namen Siegmar Vonneberg, Architekt. Ein völlig unbescholtener, seriöser Name. Er hatte nur einen Fehler: Es gab keinen Architekten Siegmar Vonneberg. Der Paß, den man beim Mieten eines Safes vorlegen mußte, war natürlich ebenfalls gefälscht.
    »Es ist alles glattgegangen«, sagte Aisin Ninglin und zählte das Geld auf die Tischplatte. »Su Kun hat nicht gezögert.«
    »Sie hat nicht geweint?« fragte Min erstaunt.
    »Nein, Daih-Loh.«
    »Su Kun war ganz ruhig? Das gefällt mir nicht, Ninglin. Jede Witwe weint.«
    »Sie ist eine starke Frau.«
    »Sie ist so stark, weil sie sich auf einen Plan stützt. Wir müssen sie sehr ›beschützen‹.« Min Ju blickte auf seine Armbanduhr. Eines der teuersten Modelle der teuersten Uhrenmarke. »Du hast bis halb zehn Uhr heute abend frei. Dann kommt Bai Juan Fa.«
    »Ich wiederhole es, Daih-Loh: Ich traue ihm nicht. Er ist keiner von uns. Er hat ein anderes Wesen. Er versteht uns nicht. Wenn Wang Liyun in Sicherheit gebracht werden könnte, würde er uns verraten.«
    »Liyun ist nirgendwo in Sicherheit, nur bei uns.«
    »Nehmen wir es an, Daih-Loh.«
    »Dann wirst du dich um ihn kümmern.«
    »Das wäre ein großes Vergnügen und ein großes Geschenk für mich.« Ninglin verbeugte sich vor Min Ju. »Ich kann dann mit ihm machen, was ich will?«
    »Du hättest freie Hand und mein Wohlwollen.«
    »Ich würde Sie nicht enttäuschen, Daih-Loh.«
    Er verließ das nüchterne Büro, rückwärts gehend wie zur Kaiserzeit jedermann, der dem Herrscher ins Auge geblickt hat. Min Ju sah ihm mit gerunzelter Stirn nach.
    Ein gefährlicher Mensch, dachte er. Ein wahrer Teufel in Menschengestalt. Man sollte nie die Vorsicht verlieren. Auch ich nicht!
    Leider ist er ein wirklich brauchbarer Teufe! Wir können auf ihn nicht verzichten, wenn 14K die am meisten gefürchtete Bruderschaft bleiben soll.
    *
    Samstag abend. 22 Uhr.
    Der freundliche Kellner vom ›Schwarzen Mandarin‹ begrüßte Rathenow wie einen guten Freund und nickte zu der Tür im Hintergrund. Du kennst ja jetzt den Weg, hieß das. Du brauchst keinen Führer mehr. Er fragte nur:
    »Kein Essen, Bai Juan Fa?«
    »Nein. Ich habe gegessen.«
    »Aber nicht besser als bei uns.«
    »Das stimmt.«
    »Ich werde dir einen guten Nachtisch zur Seite stellen. Er wartet auf dich, bevor du heimfährst.«
    Rathenow durchquerte den Tempel, der ihn erneut in sprachloses Staunen versetzte, klopfte dann an die Hintertür und hörte »Jin Lai!« Herein!
    Min und Ninglin saßen im Schulungsraum. Auf dem Punkt an der Wandkarte von München steckte dort, wo das Lokal ›Shanghai-Stuben‹ lag, eine neue große rote Fahne. Achtung – große Gefahr.
    »Ich sehe mit Wohlwollen, daß du immer pünktlich bist«, begrüßte Min Ju den eintretenden Rathenow. Aisin Ninglin schwieg und sah ihn finster an.
    »Ich war nie unpünktlich. Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige, sagt man bei uns. Ich habe mich immer daran gehalten.« Er kam in den langen Raum und setzte sich an den Tisch. »Ich bin bereit für die Lektion zwei …«, sagte er.
    »Heute morgen wäre Ninglin fast in die Fänge der Polizei geraten«, sagte Min Ju. »Aber verhaften konnte der Kripomann ihn nicht, schließlich ist er ja ein unbescholtener chinesischer Gewürzhändler. Er mußte ihn weiterfahren lassen.« Min lachte kurz auf. »Die deutsche Polizei sollte Clownskostüme tragen statt Uniformen.« Er hob das Kinn und setzte sich auf die Tischkante. »Lektion zwei – da mußt du fleißig üben.«
    Ninglin war an die Wand getreten und entrollte neben der Münchenkarte ein Rollbild. Es zeigte eine Hand mit verschiedenen Fingerzeichen – zwei Finger an die Handfläche gelegt, drei Finger abgespreizt, ein Daumen hochgereckt, drei Finger

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