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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dich Bruder nennen – aber du bist ein Feigling. Es ändert sich nichts zwischen uns.«
    Und Rathenow flüsterte zurück: »Das beruhigt mich. Ich bin nicht gern des Teufels Bruder!«
    Damit war die Aufnahme in die Triade 14K beendet. Zou Shukong hatte den ›Schwarzen Mandarin‹ um 23 Uhr abschließen lassen und die Tische neu gedeckt. Auf allen standen jetzt die großen runden Drehscheiben mit den Vorspeisen und den Soßen; in der Küche arbeiteten vier Köche an den Köstlichkeiten, die Zou als Festessen vorbereitet hatte. Als Rathenow die Kellertreppe hinaufstieg, wartete Zou schon auf ihn und umarmte ihn wie alle anderen Triaden. Nur sagte er nicht den Glücksspruch, sondern lobte den neuen Bruder auf seine Art.
    »Du bist einer der wenigen der ganzen Gesellschaft, der zu schätzen weiß, was ich koche. Du kannst ein Essen genießen. Merke dir: Gott hat dem Menschen eine Zunge gegeben, nicht nur, um mit ihr zu sprechen, sondern um mit ihr den Honig des Genusses zu erleben. Ich mag dich sehr, Hong Bai Juan Fa, auch wenn du kein Chinese bist. Paß auf dich auf.«
    »Darauf kannst du dich verlassen.«
    Rathenow verstand Zou Shukong. Die versteckte Warnung erstaunte ihn. Wie kam Zou dazu, so zu ihm zu sprechen? ›Der Schwarze Mandarin‹ war die Zentrale der Münchener Triaden – und Zou war ihr blütenreines, immer blank poliertes Aushängeschild. Und ausgerechnet er warnte ihn. Warum? Was wußte Zou? Was hatte die 14K mit ihm vor? Welche Pläne schliefen in Min Jus Gehirn?
    Rathenow blinzelte Zou Shukong zu. Danke, Bruder. Ich werde jetzt doppelt wachsam sein. Wir werden noch oft miteinander sprechen, ohne daß Min Ju argwöhnisch wird. Mir fällt da ein guter Trick ein, den er glauben wird: Ich werde ihm erklären, daß ich ein begeisterter Hobby-Koch bin und ein wenig von Zous chinesischer Meisterküche lernen möchte. Zou Shukong, warum gibst du dich mir als einen wankelmütigen Triaden zu erkennen?
    Du verletzt den Punkt 13 deines Blut-Eides: Dein Kopf ist abzuschlagen wie der des weißen Hahns. Ich habe geschworen, jeden Wankelmut den Brüdern zu verraten und ihn an dir zu sühnen. Wieso vertraust du mir und meiner Schweigsamkeit?
    Rathenow ging zu dem mit einem großen Blumengebinde geschmückten Ehrentisch, an dem Min Ju schon auf ihn wartete, und während er den großen Raum durchschritt, kam ihm zum Bewußtsein, daß er bereits chinesisch dachte und seine Sprache sich gewandelt hatte.
    In sein normales Alltagsdeutsch schlichen sich immer mehr blumige Bilder und auch in seine Gedanken.
    Er würde nicht mehr sagen: »Ich geh zur Tür und mache auf«, sondern er sagte jetzt: »Ich will sehen, wer eintreten möchte.«
    Das ist verrückt, das ist total verrückt! Hans, alter Junge, es wird wirklich höchste Zeit, sich wieder in das Leben zu stürzen, an das du bisher – widerwillig – gewöhnt warst. Forschen, schreiben, Tennis, Golf, Parties, Diskussionen im Club über Wirtschaftstendenzen, lahme Politiker, die Zukunft liegt im Osten. Was soll man essen, wenn einem der Kaviar zum Halse raushängt? Haben Sie schon Mozart unter Solti gehört? Sind Sie auch der Meinung, daß die Gen-Technik unseren Händen entgleitet und die Menschheit einmal vernichten kann? Was halten Sie von dem neuen Bayreuth? Gut, daß man Wagners Musik nicht totinszenieren kann. Wissen Sie, was die Gewerkschaften fordern? Sie müssen unbedingt nach Bali in das Oberoi. Sie waren in China? Tolles Land … da liegen die Milliarden auf der Straße, der Markt der Zukunft! Haben Sie gehört, der Sendenhorst will sich scheiden lassen, wegen einer 25jährigen, mit der er auf Barbados war. Das kostet ihn 'ne Stange Geld …
    Muß ich in diese Welt wirklich zurück?
    Nein! Nein! Nein!
    Liyun, du hast mir gezeigt, wie glücklich man in einer schilfgedeckten Steinhütte am Lugu-See sein kann. Du hast mich gelehrt, daß der Mond über den Schneebergen ein Auge des Himmels ist. Ich werde nie mehr in den Jet-set, in diese Schickeria der Münchner Gesellschaft zurückkehren. Komm zu mir, Liyun. Gemeinsam werden wir uns aus dem Griff der Triaden befreien können, nur gemeinsam … sonst nie mehr.
    »Woran denkst du?« fragte Min Ju. Rathenows Versonnenheit fiel ihm auf. Er starrte vor sich hin und rührte keine der köstlichen Vorspeisen an.
    »Ich denke an Liyun, Min Ju.«
    »Ach ja … Liyun. Ich hatte dir nach der Aufnahme in unsere Familie eine Überraschung versprochen.« Min legte seine Eßstäbchen auf die kleine Reisschale neben sich. »Sie

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