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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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sanf. Seine kurzsichtigen Augen zwinkern. Leichter Schweiß steht auf seiner Stirn. Willy läßt sich mit Renée und ihm am Nebentisch nieder. Zwischen Lisa und Renée hat ein rasantes, sekundenkurzes Blickgefecht stattgefunden. Beide wenden sich ungeschlagen, üppig und lächelnd wieder ihren Tischen zu.
      Otto lehnt sich zu mir herüber. «Ich habe den Zyklus ,Die Tigerin‘ fertig», flüstert er. «Gestern nacht beendet. Bin bereits bei einer neuen Serie: ,Das scharlachne Weib‘. Werde es vielleicht auch ,Das große Tier der Apokalypse‘ nennen und zu freien Rhythmen übergehen. Es ist großartig. Der Geist ist über mich gekommen!»
      «Gut! Aber was erwartest du dann noch hier?»
      «Alles», erwidert Otto glückstrahlend. «Ich erwarte immer alles, das ist das Schöne, wenn man noch nichts kennt. Übrigens, du kennst doch eine Dame vom Zirkus!»
      «Damen, die ich kenne, sind nicht für Anfänger da, um damit zu trainieren», sage ich. «Du scheinst wirklich noch nichts zu wissen, du naives Kamel, sonst wärest du nicht so dummdreist! Merke dir deshalb Gesetz Nummer eins: Laß die Finger von den Damen anderer Leute – du hast nicht den nötigen Körperbau dazu.»
      Otto hüstelt. «Aha», sagt er dann. «Bürgerliche Vorurteile! Ich spreche doch nicht von Ehefrauen.»
      «Ich auch nicht, du Riesenroß. Bei Ehefrauen sind die Regeln nicht so streng. Warum soll ich denn mit aller Gewalt eine Dame vom Zirkus kennen? Ich habe dir doch schon einmal gesagt, daß sie Billettverkäuferin in einem Flohzirkus war.»
      «Willy hat mir erzählt, das wäre nicht wahr. Sie sei beim Zirkus Akrobatin.»
      «So, Willy!» Ich sehe den roten Schädel wie einen Kürbis auf dem Meer der Tanzfläche schwanken. «Hör zu, Otto», sage ich. «Es ist ganz anders. Willys Dame ist vom Zirkus. Die mit dem blauen Hut. Und sie liebt die Literatur. Also da ist die Chance! Immer feste drauf los!»
      Bambuss sieht mich mißtrauisch an. «Ich spreche aufrichtig mit dir, du vertrottelter Idealist!» sage ich.
      Riesenfeld ist schon wieder mit Lisa unterwegs. «Was ist los mit uns, Georg?» frage ich. «Dort drüben sucht dir ein Geschäfsfreund deine Dame auszuspannen, und hier habe ich gerade eine Anfrage gehabt, im Interesse der deutschen Dichtkunst Gerda auszuleihen. Sind wir solche Schafe, oder sind unsere Damen so begehrenswert?»
      «Beides. Außerdem ist die Frau eines anderen immer fünfmal begehrenswerter als eine, die zu haben ist. Ein altes Sittengesetz. Lisa wird aber in wenigen Minuten an schweren Kopfschmerzen erkranken, hinausgehen, um in der Garderobe Aspirin zu holen, und dann einen Kellner herschicken mit der Nachricht, sie hätte nach Hause gehen müssen, wir sollten uns weiter amüsieren.»
      «Ein Schlag für Riesenfeld. Er wird uns morgen nichts mehr verkaufen.»
      «Er wird uns mehr verkaufen. Du solltest das wissen. Gerade deshalb. Wo ist Gerda?»
      «Ihr Engagement beginnt erst in drei Tagen. Ich hoffe, sie ist im Altstädter Hof. Aber ich fürchte, sie sitzt in der Walhalla Eduards. Sie nennt das ein Abendessen sparen. Ich kann wenig dagegen machen. Sie hat so erstklassige Gründe, daß ich dreißig Jahre älter werden muß, um antworten zu können. Paß du lieber auf Lisa auf. Vielleicht kriegt sie keine Kopfschmerzen, um uns wieder weiter im Geschäf zu helfen.»
      Otto Bambuss lehnt sich wieder zu mir herüber. Seine Augen sind wie die eines erschreckten Herings hinter den Brillengläsern. «,Manege‘ wäre ein guter Titel für einen Band Zirkusgedichte, was? Mit Abbildungen von Toulouse-Lautrec.»
      «Warum nicht von Rembrandt, Dürer und Michelangelo?»
      «Gibt es von denen Zirkuszeichnungen?» fragt Otto ernsthaf.
      Ich gebe ihn auf. «Trink, mein Junge», sage ich väterlich. «Und freue dich deines kurzen Lebens, denn irgendwann wirst du mal ermordet. Aus Eifersucht, du Mondkalb!»
      Er prostet mir geschmeichelt zu und sieht dann nachdenklich zu Renée hinüber, die einen sehr kleinen eisvogelblauen Hut auf ihren blonden Löckchen schaukelt und aussieht wie eine Dompteuse am Sonntag.
      Lisa und Riesenfeld kommen zurück. «Ich weiß nicht, was los ist», sagt Lisa. «Ich habe plötzlich solche Kopfschmerzen. Ich gehe mal ein Aspirin nehmen –»
      Bevor Riesenfeld aufspringen kann, ist sie schon vom Tisch weg. Georg sieht mich entsetzlich selbstgefällig an und greif

    nach einer Zigarre.

    XVII

    «Das süße Licht», sagte Isabelle. «Warum

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