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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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hereingekommen. Sie ist in Gesellschaf von zwei älteren Knackern und benimmt sich wie eine Dame feinster Gesellschaf, wenigstens nach Riesenfelds Begriffen. Sie scheint kaum zu atmen und hört ihren Kavalieren zerstreut und hochmütig zu. «Habe ich recht?» fragt Riesenfeld. «Kennt man Frauen nicht gleich am Gang?»
      «Frauen und Polizisten», sagt Georg und grinst; aber er blickt ebenfalls wohlgefällig auf Lisa.
      Die zweite Nummer des Programms beginnt. Eine Akrobatin steht auf der Tanzfläche. Sie ist jung, hat ein keckes Gesicht, eine kurze Nase und schöne Beine. Sie tanzt einen akrobatischen Tanz, mit Saltos, Handständen und hohen Sprüngen. Wir beobachten Lisa weiter. Sie scheint am liebsten das Lokal wieder verlassen zu wollen. Das ist natürlich Schwindel; es gibt nur diesen einen Nachtklub in der Stadt; das andere sind Cafés, Restaurants oder Kneipen. Deshalb trif man hier auch jeden, der genug Zaster hat, herzukommen.
      «Champagner!» schmettert Riesenfeld mit Diktatorstimme.
      Ich schrecke auf, und auch Georg ist besorgt. «Herr Riesenfeld», sage ich. «Der Champagner ist hier sehr schlecht.»
      In diesem Augenblick schaut mich ein Gesicht vom Boden an. Ich blicke erstaunt zurück und sehe, daß es die Tänzerin ist, die sich so weit nach hinten heruntergebeugt hat, daß ihr Kopf zwischen den Beinen wieder hervorkommt. Sie sieht eine Sekunde aus wie ein äußerst verwachsener Zwerg. «Den Champagner bestelle ich!» erklärt Riesenfeld und winkt dem Kellner.
      «Bravo!» sagt das Gesicht von unten.
      Georg zwinkert mir zu. Er spielt die Rolle des Kavaliers, während ich da bin für die unbequemen Sachen; das ist so ausgemacht zwischen uns. «Wenn Sie Champagner wollen, Riesenfeld, bekommen Sie Champagner», sagt er deshalb jetzt. «Aber Sie sind natürlich unser Gast.»
      «Ausgeschlossen! Ich übernehme das! Kein Wort mehr dar über!» Riesenfeld ist ganz Don Juan hoher Klasse. Er sieht befriedigt auf die goldene Kapsel im Eiskühler. Verschiedene Damen zeigen sofort starkes Interesse. Ich bin ebenfalls einverstanden. Der Champagner wird Erna lehren, daß sie mich zu früh über Bord geschmissen hat. Mit Genugtuung trinke ich Riesenfeld zu, der feierlich erwidert.
      Willy taucht auf. Es war zu erwarten; er ist hier Stammgast. Aufstein bricht mit seiner Gesellschaf auf, und Willy wird unser Nachbar. Er erhebt sich gleich darauf und heißt Renée de la Tour willkommen. Sie hat ein hübsches Mädchen bei sich, das ein schwarzes Abendkleid trägt. Nach einer Weile erkenne ich die Akrobatin. Willy macht uns bekannt. Sie heißt Gerda Schneider und wirf einen abschätzenden Blick auf den Champagner und auf uns drei. Wir passen auf, ob Riesenfeld Interesse faßt; dann wären wir ihn für den Abend los. Aber Riesenfeld ist verkauf an Lisa. «Meinen Sie, daß man sie zum Tanzen auffordern kann?» fragt er Georg.
      «Ich würde es Ihnen nicht raten», erwidert Georg diplomatisch. «Aber wir werden sie vielleicht später noch irgendwie kennenlernen.»
      Er sieht mich vorwurfsvoll an. Hätte ich im Büro nicht gesagt, daß wir nicht wüßten, wer Lisa sei, wäre die Sache in Ordnung. Aber wer konnte ahnen, daß Riesenfeld auf die romantische Tour gehen würde? Jetzt ist es zu spät, ihn aufzuklären. Romantiker haben keinen Humor.
      «Tanzen Sie nicht?» fragt die Akrobatin mich.
      «Schlecht. Ich habe keinen Sinn für Rhythmus.»
      «Ich auch nicht. Lassen Sie es uns zusammen probieren.» Wir klemmen uns in die Masse auf der Tanzfläche und werden langsam vorwärts geschoben. «Drei Männer ohne Frauen im Nachtklub», sagt Gerda. «Warum?»
      «Warum nicht? Mein Freund Georg behauptet, wer Frauen in einen Nachtklub mitbringe, lade sie ein, ihm Hörner aufzusetzen.»
      «Wer ist Ihr Freund Georg? Der mit der dicken Nase?»
      «Der mit dem kahlen Kopf. Er ist Anhänger des Harem-Systems. Frauen soll man nicht vorzeigen, sagt er.»
      «Natürlich … Und Sie?»
      «Ich habe kein System. Ich bin wie Spreu im Winde.»
      «Treten Sie mir nicht auf die Füße», sagt Gerda. «Sie sind keine Spreu. Sie wiegen mindestens siebzig Kilo.»
      Ich nehme mich zusammen. Wir sind gerade an Ernas Tisch vorbeigeschoben worden, und diesmal hat sie mich Gott sei Dank erkannt, obschon ihr Kopf an der Schulter des Schiebers mit dem Siegelring liegt und er ihre Taille umklammert. Der Teufel soll da auf Synkopen aufpassen! Ich lächle zu Gerda hinunter und ziehe sie

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