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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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nicht im Hause haben. Mein Alter ist zu eifersüchtig.»
      «Was?»
      «Klar doch! Wie ein Rasiermesser! Und warum auch nicht?»
      Ich weiß nicht, was an einem Rasiermesser eifersüchtig sein kann; aber das Bild überzeugt. «Wenn dein Mann eifersüchtig ist, wie kannst du dann abends dauernd verschwinden?» frage ich.
      «Er schlachtet doch nachts. Das richte ich mir schon ein.»
      «Und wenn er nicht schlachtet?»
      «Dann habe ich eine Anstellung als Garderobiere in der Roten Mühle.»
      «Tatsächlich?»
      «Mann, bist du doof», erwidert Lisa. «Wie mein Alter!»
      «Und die Kleider und der Schmuck?»
      «Alles billig und unecht.» Lisa grinst. «Glaubt jeder Ehemann glatt. Also hier, nimm das Grünzeug. Schick es an irgendein Milchkalb. Du siehst so aus, als ob du Blumen schicktest.»
      «Da kennst du mich aber schlecht.»
      Lisa wirf mir einen abgründigen Blick über ihre Schulter zu. Dann geht sie auf ihren schönen Beinen, die in schlampigen roten Pantoffeln stecken, über die Straße zurück. Einer der Pantoffeln ist mit einem Pompon geschmückt; beim andern ist er abgerissen.
      Die Rosen leuchten durch die Dämmerung. Es ist ein erheb
    licher Strauß. Riesenfeld hat sich nicht lumpen lassen. Fünfzigtausend Mark, schätze ich, sehe mich vorsichtig um, nehme sie dann wie ein Dieb an mich und gehe auf mein Zimmer.
      Oben steht der Abend in blauem Mantel am Fenster. Die Bude ist voll von Reflexen und Schatten, und plötzlich schlägt die Einsamkeit wie mit Keulen aus dem Hinterhalt auf mich ein. Ich weiß, daß es Unsinn ist, ich bin nicht einsamer als ein Ochse in einer Herde Ochsen, aber was soll ich machen? Einsamkeit hat nichts mit Mangel an Gesellschaf zu tun. Mir fällt plötzlich ein, daß ich gestern vielleicht doch zu hastig mit Erna gewesen sein könnte. Es wäre ja möglich gewesen, daß sich alles ganz harmlos aufgeklärt hätte. Sie war zudem eifersüchtig, das sprach aus jedem ihrer Worte. Und Eifersucht ist Liebe, das weiß jeder.
      Ich starre aus dem Fenster und weiß, daß Eifersucht nicht Liebe ist. Aber was hat das damit zu tun? Die Dämmerung verdreht einem die Gedanken, und man soll mit Frauen nicht argumentieren, sagt Georg. Genau das aber habe ich getan! Voll Reue spüre ich den Duf der Rosen, der das Zimmer in den Venusberg aus dem Tannhäuser verwandelt. Ich merke, daß ich zerschmelze in All-Vergebung, All-Versöhnung und Hoffnung. Rasch schreibe ich ein paar Zeilen, klebe den Brief zu, ohne ihn noch einmal zu lesen, und gehe ins Büro, um dort das Seidenpapier zu holen, in dem die letzte Sendung von Porzellanengeln angekommen ist. Ich wickle die Rosen hinein und gehe auf die Suche nach Fritz Kroll, dem jüngsten Sproß der Firma. Er ist zwölf Jahre alt. «Fritz», sage ich. «Willst du dir zwei Tausender verdienen?»
      «Weiß schon», erwidert Fritz. «Geben Sie her. Selbe Adresse?» «Ja.»
      Er entschwindet mit den Rosen – der dritte klare Kopf heute abend. Alle wissen, was sie wollen, Kurt, Lisa, Fritz – nur ich habe keine Ahnung. Das mit Erna ist es auch nicht, das weiß ich im Moment, als ich Fritz nicht mehr zurückrufen kann. Aber was ist es? Wo sind die Altäre, wo die Götter und wo die Opfer? Ich beschließe, doch zum Mozart-Konzert zu gehen – auch wenn ich allein bin und die Musik es noch schlimmer macht.
      Die Sterne stehen hoch am Himmel, als ich zurückkomme. Meine Schritte hallen durch die Gassen, und ich bin voll Erregung. Rasch öffne ich die Tür zum Büro, schalte das Licht an und bleibe stehen. Da liegen die Rosen, und da liegt auch mein Brief, ungeöffnet, und daneben ein Zettel mit einer Botschaf von Fritz. «Die Dame sagt, Sie sollten sich begraben lassen. Gruß, Fritz.»
      Sich begraben lassen. Ein sinniger Scherz! Da stehe ich, blamiert bis auf die Knochen, voll Beschämung und Wut. Ich stecke den Zettel in den kalten Ofen. Dann setzte ich mich in meinen Stuhl und brüte vor mich hin. Meine Wut überwiegt die Beschämung, wie immer, wenn man wirklich beschämt ist, und weiß, daß man es sein sollte. Ich schreibe einen neuen Brief, nehme die Rosen und gehe zur Roten Mühle. «Geben Sie dieses doch bitte Fräulein Gerda Schneider», sage ich zu dem Portier. «Der Akrobatin.»
      Der reichbetreßte Mann sieht mich an, als hätte ich ihm einen unsittlichen Antrag gemacht. Dann deutet er mit dem Dauern hoheitsvoll über die Schulter. «Suchen Sie sich einen Pagen dafür!»
      Ich finde einen

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