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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Zuverlässig.»
      «Ja. Zuverlässig.»
      «Der Ball ist abgesagt», erklärt Kurt Bach, der Sohn der Natur.

  Heinrich zieht seine Krawatte zurecht. «Der Tischler hatte sich das selbst zuzuschreiben. Es war eine unerhörte Herausforderung.»
      «Was? Daß er die offizielle Landesflagge heraushängte?»
      «Es war eine Herausforderung. Er wußte, wie die andern denken. Er mußte damit rechnen, daß er Krach kriegte. Das ist doch logisch.»
      «Ja, Heinrich, es ist logisch», sagt Georg. «Und nun tu mir den
    Gefallen und halte deine logische Schnauze.»
      Heinrich Kroll steht beleidigt auf. Er will etwas sagen, läßt es aber, als er Georgs Gesicht sieht. Umständlich bürstet er sich mit den Händen den Staub von seinem Marengojackett ab. Dann erspäht er Wolkenstein, der auch auf den Zug wartet. Der Major a. D. sitzt auf einer abgelegenen Bank und möchte am liebsten schon in Werdenbrück sein. Er ist nicht erfreut, als Heinrich auf ihn zutritt. Aber Heinrich läßt sich neben ihm nieder.
      «Was wird aus der Sache werden?» frage ich Georg.
      «Nichts. Keiner der Täter wird gefunden werden.»
      «Und Wolkenstein?»
      «Dem passiert auch nichts. Nur der Tischler würde bestraf werden, wenn er noch lebte. Nicht die anderen. Politischer Mord, wenn er von rechts begangen wird, ist ehrenwert und hat alle mildernden Umstände. Wir haben eine Republik; aber wir haben die Richter, die Beamten und die Offiziere der alten Zeit intakt übernommen. Was ist da zu erwarten?»
      Wir starren in das Abendrot. Der Zug puf schwarz und verloren heran wie eine Begräbniskutsche. Sonderbar, denke ich, wir alle haben doch so viele Tote im Kriege gesehen, und wir wissen, daß über zwei Millionen von uns nutzlos gefallen sind – warum sind wir da so erregt wegen eines einzelnen, und die zwei Millionen haben wir schon fast vergessen? Aber das ist wohl so, weil ein einzelner immer der Tod ist – und zwei Millionen immer nur eine Statistik.

    IX
    Ein Mausoleum!» sagt Frau Niebuhr. «Ein Mausoleum und nichts anderes!»
      «Gut», erwidere ich. «Also ein Mausoleum.»
      Die kleine, verschüchterte Frau hat sich in der kurzen Zeit, seit Niebuhr tot ist, stark verändert. Sie ist scharf, redselig und zänkisch geworden und eigentlich bereits eine ziemliche Pest.
      Ich verhandle seit zwei Wochen mit ihr über ein Denkmal für den Bäcker und denke jeden Tag milder über den Verstorbenen. Manche Menschen sind gut und brav, solange es ihnen schlecht geht, und sie werden unausstehlich, wenn sie es besser haben, besonders in unserm geliebten Vaterlande; die unterwürfigsten und schüchternsten Rekruten wurden da später of die wüstesten Unteroffiziere.
      «Sie haben ja keine zur Ansicht», sagt Frau Niebuhr spitz.
      «Mausoleen», erkläre ich, «gibt es nicht zur Ansicht. Die werden nach Maß angefertigt wie die Ballkleider von Königinnen. Wir haben ein paar Zeichnungen dafür da und müssen vielleicht sogar eine Extrazeichnung für Sie entwerfen.»
      «Natürlich! Es muß etwas ganz Besonderes sein. Sonst gehe ich zu Hollmann und Klotz.»
      «Ich hoffe, Sie sind schon dort gewesen. Wir haben es gern, wenn unsere Kunden sich bei der Konkurrenz informieren. Bei einem Mausoleum kommt es ja nur auf die Qualität an.»
      Ich weiß, daß sie dort gewesen ist. Der Reisende von Hollmann und Klotz, Tränen-Oskar, hat es mir erzählt. Wir haben ihn kürzlich getroffen und versucht, ihn zum Verräter zu machen. Er schwankt noch, aber wir haben ihm höhere Prozente angeboten als Hollmann und Klotz, und um sich während der Bedenkzeit freundlich zu erweisen, arbeitet er einstweilen für uns als Spion. «Zeigen Sie mir Ihre Zeichnungen!» befiehlt Frau Niebuhr wie
    eine Herzogin.
      Wir haben keine, aber ich hole ein paar Kriegerdenkmalsentwürfe hervor. Sie sind effektvoll, einundeinhalb Meter hoch, mit Kohle und bunter Kreide gezeichnet und mit stimmungsvollem Hintergrund geschmückt.
      «Ein Löwe», sagt Frau Niebuhr. «Er war wie ein Löwe! Aber wie ein springender, nicht wie ein sterbender. Es müßte ein springender Löwe sein.»
      «Wie wäre es mit einem springenden Pferd?» frage ich. «Unser Bildhauer hat darin vor einigen Jahren den Wanderpreis von Berlin-Teplitz gewonnen.»
      Sie schüttelt den Kopf. «Ein Adler», sagt sie nachdenklich.
      «Ein wirkliches Mausoleum sollte eine Art Kapelle sein», erkläre ich. «Bunte Scheiben wie eine Kirche, ein Marmorsarkophag mit

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