Der Schwarze Orden
Hand gehalten hatte, und nahm einen Schluck daraus.
Als er das Tor erreichte, schien es, als vergewisserte er sich, ob es abgeschlossen war.
Haarig würde die Sache, wenn er zum Hotel zurückkehrte – dann brauchte er nur einen Blick nach oben zu werfen. Da half es auch nichts, daß er betrunken war.
Bestimmt gab es noch andere bewaffnete Sicherheitskräfte, die er alarmieren konnte.
Torkelnd kehrte Big Ben schließlich vom Tor zum Hotel zurück. Nield seufzte erleichtert auf, als er endlich die Eingangstür zufallen hörte. Er sah zu Butler hoch und reckte ihm den erhobenen Daumen entgegen. Butler kletterte weiter.
Er wartete neben dem offenen Turmfenster, bis Nield auf der anderen Seite auf gleicher Höhe war. Vermutlich war das Fenster wegen der Hitze offen. Vorsichtig spähte Nield hinein.
Das Kabel führte in einen sechsseitigen Raum. Plötzlich ertönte ein leises Summen. Als Nield daraufhin nach oben blickte, sah er, wie aus der Turmspitze automatisch eine Antenne ausgefahren wurde.
Im Turmzimmer saß der wieselgesichtige Kerl mit dem Rücken zum Fenster vor einer riesigen Sendeanlage. Er trug einen Kopfhörer und sprach auf englisch in ein Mikrophon.
»Möglicherweise zwei Eindringlinge. Harry Butler und Pete Nield. Für beide traf aus dem Hotel Baur au Lac in Zürich eine Zimmerreservierung ein. Bitte um Anweisung, welche Maßnahmen gegebenenfalls zu ergreifen sind. Ja, wir könnten sie ohne weiteres von der Bildfläche verschwinden lassen. Sie melden sich, sobald Sie ihre Identität überprüft haben? Ich warte auf Ihren Rückruf, Taube…«
Nield bedeutete Butler, wieder nach unten zu klettern. Beim Abstieg waren sie noch vorsichtiger als beim Aufstieg. Nield blickte immer wieder nach oben und betete, der Mann im Turmzimmer möge nicht plötzlich frische Luft schnappen und aus dem Fenster sehen. Auf keinen Fall durften sie sich jetzt zu übertriebener Hast hinreißen lassen. Sie hatten das offene Fenster von Butlers Zimmer fast erreicht, als sich eine Ranke, an der Butler sich gerade festhielt, löste.
Nields Puls beschleunigte sich deutlich, als er beobachtete, wie Butler die Ranke losließ und eine andere packte. Dann steckte er das losgerissene Stück wieder zurück.
Schließlich sollte niemand ahnen, daß jemand zum Turm hochgeklettert war.
Nield fiel ein Stein vom Herzen, als er Butler endlich nach drinnen folgte und er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Butler schloß das Fenster, zog den Vorhang zu, tastete sich durch das Zimmer und schaltete das Licht ein.
Keiner der beiden sprach ein Wort, bis sie sich Hände und Gesicht gewaschen hatten.
Anschließend machte Butler eine Flasche Champagner auf, die er mit aufs Zimmer gebracht hatte.
»Das war eben ganz schön knapp«, bemerkte er.
»Was man nicht alles für England tut«, sagte Nield. »Das hier ist weit mehr als nur ein Hotel. Wir müssen Tweed umgehend von dieser Funkstation berichten.«
»Heute abend aber kaum noch. Das Tor ist abgeschlossen. Wenn wir darum bitten, es für uns aufzuschließen, wecken wir nur noch mehr ihren Verdacht. Darum trinken wir lieber. Cheers!«
Nields Bedenken waren damit nicht ausgeräumt. Butler dagegen hatte sich damit abgefunden, daß sie warten mußten. Das entsprach genau der unterschiedlichen Art, wie die beiden mit Problemen umgingen.
Hunderte von Kilometern weiter östlich war eine ähnlich moderne Antenne aus dem Dach des Hauses in der Slowakei ausgefahren worden. Der Empfänger der vom Portier des Hotels übermittelten Nachricht war Hassan gewesen.
Die Meldung hatte ihn beunruhigt. Er hatte schon eine ganze Weile dagesessen und darüber nachgedacht, als das Telefon klingelte.
»Wer ist am Apparat?« fragte er mürrisch.
»Sie kennen doch meine Stimme«, sagte der Engländer.
»Gut, daß Sie anrufen. Eben habe ich aus dem Chateau die Nachricht erhalten, daß sich dort zwei verdächtige Personen eingeschlichen haben.«
»Der genaue Wortlaut der Meldung?«
»Möglicherweise zwei Eindringlinge.«
»Möglicherweise!‹ Müssen sie im Chateau immer gleich aus jeder Mücke einen Elefanten machen? Sie wissen doch, daß sie auch normale Gäste aufnehmen, damit der Eindruck entsteht, als wäre es ein richtiges Hotel.« »Gewiß…«
»Fangen Sie jetzt auch noch an, verrückt zu spielen? Haben Sie schon Nachricht, daß Tweed oder Kane eliminiert worden sind? Am besten beide.«
»Nein, bisher nicht.«
»Wachen Sie langsam auf, Mann. Dieser Punkt hat absolute Priorität. Inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher