Der Schwarze Orden
Zimmer im Baur au Lac den Hörer ab.
»Hallo.«
»Hier Mario. Du hast gesagt, du wolltest nach Zürich zurück. Bist du mit dem Hubschrauber geflogen?«
»Natürlich. Er steht in Kloten. Von wo rufst du an?«
»Aus Genf.« Mario holte tief Luft. »Als ich dich mit dem Handy angerufen habe, bin ich ihnen gerade den Mont Saleve hinunter gefolgt…«
»Sag bloß, du hast sie aus den Augen verloren. Ich warte schon die ganze Nacht auf deinen Anruf.«
»In Genf herrschte dichter Verkehr. Schrecklich. Ich bin die ganze Nacht in der Stadt herumgefahren und habe nach ihren Autos Ausschau gehalten.«
»Die Mühe hättest du dir sparen können. Du hättest nur in eine Zeitung zu sehen gebraucht.«
»Tatsächlich?«
»Ja, du Blödmann. Alle Schweizer Zeitungen sind voll davon. Ich lese dir mal die Schlagzeile derjenigen vor, die ich gerade in der Hand halte. ›Furcht vor Anschlag auf Überlebende der Serienmorde. Sie treffen sich heute abend in Ouchy. ‹«
Vitorelli las Mario auch die dazugehörige Meldung vor. Sogar der genaue Zeitpunkt der Mitgliederversammlung in Ouchy wurde angegeben: 22 Uhr. Mario brach der Schweiß aus. Er telefonierte von einem Café aus, und sein Blick blieb auf einer Ausgabe des
Journal de Geneve
haften, die ein Mann an einem Tisch in der Nähe las. Von der Titelseite sprang ihm eine ähnliche Schlagzeile entgegen.
»Ich habe heute noch keine Zeitung gesehen«, log er, während Vitorelli die Meldung zu Ende las.
»Und ich dachte, du würdest langsam erwachsen«, donnerte Vitorelli los. »Schwing dich schon in deinen Wagen. Wenn du noch nicht gefrühstückt hast, fährst du eben hungrig los. Vielleicht bringt das deine kleinen grauen Zellen etwas auf Trab. Du fährst auf der Stelle nach Ouchy, quartierst dich in einem kleinen Hotel ein und erstattest mir genauestens Bericht, was um zehn Uhr in Ouchy passiert. Oder soll ich dir alles noch mal buchstabieren?«
»Nein, ich habe dich sehr gut verstanden. Ich fahre sofort los.«
Mario hatte noch nicht gefrühstückt. Eigentlich hatte er sich in dem Café eine reichhaltige Mahlzeit bestellen wollen. Statt dessen rannte er zu seinem Wagen.
Warum, fragte er sich, war sein Boß nach Zürich zurückgekehrt und hatte den Hubschrauber am Flughafen stehen lassen?
In der Slowakei telefonierte Hassan mit dem Engländer. Der Ton, in dem die beiden Männer miteinander sprachen, war nicht gerade herzlich.
»Haben Sie von dem Treffen in Ouchy gehört?« knurrte der Engländer.
»Ja. Eine Kontaktperson – Tina Langley – hat mich gestern aus dem Chateau des Avenieres angerufen. Ich hatte also genügend Zeit, die nötigen Schritte zu veranlassen.
Keiner der Teilnehmer wird überleben.«
»Einschließlich Tweed.«
Tweed
, dachte Hassan. Immer wieder Tweed. Der Mann schien unter dem Schutz irgendeiner höheren Macht zu stehen. Und er war überall. Es war schwer, mit seinen blitzschnellen Aktionen Schritt zu halten. Immer war er sofort zur Stelle, wenn es irgendwo gärte. Hassan begann einen ausgesprochenen Haß auf diesen scheinbar unbesiegbaren Mann zu entwickeln.
»Ja, einschließlich Tweed«, antwortete er. »Tina sagte, er würde an der Versammlung teilnehmen.«
»Dann haben Sie also Zeit hinzufliegen.«
»Nach Ouchy kann man nicht fliegen…«
»Gott steh mir bei. Sie fahren sofort los, fliegen nach Zürich und von da weiter nach Genf. Ich lasse am Genfer Flughafen einen Mercedes mit Chauffeur für Sie bereitstellen. Rufen Sie mich unter dieser Nummer an, sobald Sie wissen, wann Ihre Maschine in Genf landet.«
»Der Mercedes…« setzte Hassan verwirrt an.
»Was ist eigentlich los mit Ihnen, Mann? Wachen Sie endlich auf! Der Mercedes wird Sie nach Ouchy bringen.«
Der Engländer schnauzte Hassan an wie ein Feldwebel einen besonders begriffsstutzigen Rekruten.
»Ich verstehe…«
»Wirklich? Na großartig! Ich brauche einen Zeugen, der mir bestätigen kann, daß Tweed tot ist. Und dieser bescheuerte Zeuge sind Sie. Anschließend bringt Sie der Mercedes nach Genf zurück, wo Sie den ersten Flug nach Zürich nehmen und dann, wenn Sie einen kriegen, nach Schwechat.«
»Ich muß mich allerdings entsprechend kleiden…«
»Mein Gott, jetzt hat er’s! Der Mercedes wird natürlich einiges Aufsehen erregen – aber die Leute werden glauben, er gehört irgendeiner bedeutenden Persönlichkeit.«
»Das ist ja auch der Fall.«
»Sehen Sie bei Gelegenheit mal in den Spiegel. Und jetzt los, aber ein bißchen dalli!«
Als Paula nach dem
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