Der Schwarze Orden
ist nur noch ein einziger Kampf ums Überleben. Darauf läuft es letzten Endes hinaus. Aufs Überleben.«
Newman stellte fest, daß er anfing, Willie sympathisch zu finden. Dieser Mann hielt sich nicht an Konventionen. Er ging seinen eigenen Weg, egal, was angepaßtere Leute von ihm dachten. Er hatte ein gewinnendes Lächeln, und Newman konnte unschwer sehen, was die Frauen an ihm so anziehend fanden. Seine Vitalität, seine Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung verfehlten sicher nicht ihre Wirkung auf das andere Geschlecht. Und er kam auch gut mit Männern aus, vorausgesetzt, es waren starke Persönlichkeiten.
»Nur so eine Frage, Willie«, sagte Tweed unvermutet. »Was machen Sie eigentlich zur Zeit beruflich?«
»Import-Export. Wie immer.«
»Sagt mir überhaupt nichts. Womit handeln Sie?«
»Egal, was der Westen vom Osten will, ich beschaffe es. Was der Osten vom Westen will, ich beschaffe es. Ich liefere Kisten mit Scotch, wie Newman ihn gerade trinkt, in islamische Länder. Zum Zehnfachen des Preises, den ich hier dafür bezahle. Manchmal wollen sie aber auch Dinge haben, bei denen ich nicht mitmache.
Da lasse ich von vorneherein keine Zweifel aufkommen, und sie respektieren meinen Standpunkt. Jetzt werde ich Ihnen erst mal nachschenken, und dann sehen wir uns den Garten an…«
Newman bat mit dem Hinweis, er müsse fahren, um ein Glas Mineralwasser. Tweed legte die Hand auf sein halbleeres Weinglas. Achselzuckend schenkte sich Willie Grand Marnier in sein Glas, bevor er sie nach draußen führte.
Die parkähnliche Anlage wurde auf beiden Seiten von üppigen Rhododendronbüschen von der Außenwelt abgeschirmt. Tweed und Newman folgten Willie auf einem gepflasterten Weg zu dem seltsamen steinernen Torbogen. Tweed blieb darunter stehen, betrachtete die in den Stein gemeißelten Schriftzeichen.
Arabisch.
»Was bedeuten diese Schriftzeichen?« fragte er.
»Keine Ahnung«, erwiderte sein Gastgeber schroff.
»Aber verstehen Sie denn kein Arabisch, wo Sie doch so viel im Nahen Osten zu tun haben?«
»Ich habe mir die gesprochene Sprache selbst beigebracht«, sagte Willie in beiläufigem Ton, »um bei dem ständigen Gefeilsche besser zurechtzukommen. Aber lesen kann ich kein Wort. Verträge werden immer in englisch abgefaßt. Kommen Sie, es gibt noch wesentlich mehr zu sehen.«
Sie gingen einen Weg entlang, der um einen großen Teich führte. In seiner Mitte befand sich eine Insel, und auf der Insel stand eine asiatische Steinstatue, ein Mann und eine Frau, um die sich eine Schlange wand. Newman entging der erotische Charakter der Darstellung keineswegs.
Als sie weitergingen, umgab sie wieder die seltsame Totenstille, die in diesem Teil Dorsets herrschte. Sie erreichten einen weiteren Teich. Auch darin gab es eine Insel.
Newman blieb stehen und betrachtete aufmerksam den tempelartigen achtseitigen Bau, der darauf stand. Was jedoch vor allem seine Aufmerksamkeit erregt hatte, waren die hohen Fenster, die alle schwarz übermalt waren.
»Was ist das denn?« fragte Tweed.
»Kein Ahnung«, erwiderte Willie. »Aber es gefiel mir so gut, daß ich es hierherbringen ließ. Es gibt noch mehr zu sehen«, fügte er hastig hinzu und ging weiter.
Newman, der sich wunderte, warum Willie sie so zur Eile drängte, ging extra langsam weiter. Als er sich umblickte, sah er, daß eine Seite des Gebäudes offen war und das Innere von einer riesigen Laterne beleuchtet wurde. Unter der Laterne stand ein großes Doppelbett, über das ein Perserteppich gebreitet war. Willie drehte sich um und bemerkte Newmans neugierige Blicke.
»Ich fahre immer mit einem Boot hinüber«, rief er. »Der ideale Ort, um ein Nickerchen zu machen oder in Ruhe nachzudenken, ohne von einem Fax oder Telefon gestört zu werden. Deshalb nenne ich es auch mein geheimes Refugium. Ab und zu braucht man einfach einen Ort, an den man sich zurückziehen kann.«
»Das kann ich mir bei Ihnen gut denken«, bemerkte Newman sarkastisch. Er mußte an Celia denken, an Willies leichtes Unbehagen über ihren unerwarteten Besuch, an Celias etwas überstürzten Aufbruch. Er war fest davon überzeugt, daß es mit diesem Ort etwas Besonderes auf sich haben mußte.
Schließlich gingen sie weiter, einen Weg entlang, der auf beiden Seiten von einer zwei Meter hohen Buxbaumhecke eingefaßt war. An seinem Ende, wo der Park plötzlich wilder, naturbelassener wurde, deutete Willie nach vorn.
»Noch ein Teich. Ich mag Wasser.«
Tweed stand vollkommen reglos da. Die große
Weitere Kostenlose Bücher